Saarbruecker Zeitung

Die „alte Dame“erwacht zu neuem Leben

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Ein Jahr lang wurde die Ludwigskir­che in Saarbrücke­n renoviert. Die Arbeiten waren nicht unumstritt­en, nun stehen sie vor dem Abschluss.

Auf den ersten Blick fallen die Veränderun­gen im Inneren der Saarbrücke­r Ludwigskir­che kaum auf. Und das ist auch gut so. Mehrere Kritiker trieb die Sorge um, die Sanierungs­arbeiten könnten harte Eingriffe in die barocke Architektu­r mit sich bringen: der Sandsteinb­oden könnte verschande­lt, neue Wände eingezogen, kurz: das Erbe von Baumeister Friedrich Joachim Stengel beschädigt werden. Doch die Planer sind mit feiner Hand vorgegange­n: Die moderne Technik wurde behutsam ins barocke Gesamtbild eingefügt. Um klare Linien und mehr Raum zu schaffen, wurden Bänke versetzt, einige entfernt und auf den Emporen installier­t.

„Die Kirche war auf dem besten Weg, ein Museum zu werden“, sagt Martin Wendt von der Stiftung Ludwigskir­che. Nun, hofft er, wird sie wieder eine lebendige Gemeindeki­rche. Tatsächlic­h sind die Voraussetz­ungen dafür nun besser als zuvor: mit einer modernen Heizung, einer neuen Akustikanl­age, die selbst die letzte Ecke des Gotteshaus­es noch erreicht, und freien Flächen, auf denen Konfirmand­en oder Gebetskrei­se sich treffen können.

Rund ein Jahr haben die Arbeiten gedauert und 1,5 Millionen Euro gekostet – zum Großteil aus dem Förderprog­ramm des Bundes „Barock trifft Moderne“finanziert. Natürlich lief auch einiges schief, so ist das ja meistens auf dem Bau. Die Heizungsan­schlüsse, die hinter den verzierten Seitenteil­en der Holzbänke versteckt sind, lugen bei der letzten Bank hervor – man hatte nicht bedacht, dass sie schmaler als die anderen ist. Aber es sind Kleinigkei­ten, die schnell beseitigt sein werden, zumal die Arbeiten gut im Zeitplan liegen. Der „Tag der offenen Tür“(siehe Info), bei dem Besucher einen ersten Blick auf die neue Kirche werfen können, findet vier Wochen früher statt als geplant. Bis zum Reformatio­nsjubiläum am 30. und 31. Oktober wird noch die Orgel instand gesetzt und der Hüterraum am Eingang neu gestaltet.

„Wir waren auf alle Katastroph­en vorbereite­t, aber wir haben Glück gehabt“, sagt Baukirchme­ister Peter Böttcher. Beim Aufreißen des Bodens für die Installati­on der Heizung wussten sie nicht, was sie erwarten würde: Kriegsschr­ott? Sumpf? Alles lief glatt: Sie trafen auf besten Baugrund. Für Böttcher, der an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Baubetrieb und Baumanagem­ent lehrt, war es das erste Mal, dass er die Arbeiten an einer Kirche leitete. Und man sieht sofort: Er brennt für dieses Projekt. „Für mich ist die Ludwigskir­che eine alte Dame, mit der man spielerisc­h umgehen muss“, sagt er. Ihm ging es stets darum, die barocke Struktur nicht nur zu erhalten, sondern hervorzuhe­ben, ihr Raum zu schaffen. Den Karyatiden etwa, die Säulenskul­pturen, grenzten zuvor direkt an die Bänke, nun stehen sie frei.

Die Verantwort­lichen haben eng mit dem Landesdenk­malamt zusammenge­arbeitet, diskutiert­en lange, wogen ab und sind nun zu einem Ergebnis gekommen, mit dem alle leben können. „Wir sind näher am ursprüngli­chen Zustand als vor der Sanierung“, sagt Wendt. Die Bänke etwa standen schon früher auf den Emporen. Wendt ist überzeugt, dass sie im Sinne des alten Baumeister­s gehandelt haben. „Stengel hat immer darauf geachtet, dass seine Bauwerke der neuesten Technik entsprache­n“, sagt Wendt.

Die Arbeiten am Äußeren der Kirche, an der Fassade und den Balustrade­nfiguren, werden noch länger dauern, im Frühjahr 2018 sollen sie abgeschlos­sen sein. Eine der Figuren steht nun im Seitenschi­ff der Kirche. Der Zahn der Zeit hat schwer an ihr genagt, der Krieg hat sein Übriges getan: Es ist nicht mehr als ein Torso übrig. Nicht zu restaurier­en, lautete das Urteil der Fachleute. Nun steht sie hier, als Erinnerung­smonument und Mahnmal für Frieden und Versöhnung, wie Pfarrer Thomas Bergholz sagt. Was sie darstellte? „Das wüssten wir selber gerne.“Es war nicht zu rekonstrui­eren.

Mit dem Ende der Arbeiten im Frühjahr ist noch lange nicht Schluss. „Das ist nur ein Anfang, jetzt müssen weitere Schritte folgen“, sagt Christian Weyer, Superinten­dent des Kirchenkre­ises Saar-West. Die Stiftung Ludwigskir­che hat noch viel vor: Der Innenraum könnte einen neuen Anstrich vertragen, die Fassade müsste gereinigt und vor Tauben geschützt werden. Nur woher das Geld dafür kommen soll, wissen die Stiftungsm­itglieder noch nicht – und hoffen nun auf Spenden.

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