Ex-Bürgermeister entschuldigt sich
Im Korruptionsprozess gegen frühere Mettlacher SPD-Kommunalpolitiker hat Ex-Bürgermeister Wiemann gestern ein Geständnis abgelegt.
VON MICHAEL JUNGMANN
SAARBRÜCKEN/METTLACH
„Ich habe mich falsch verhalten. Ich habe nicht nur einen, sondern mehrere Fehler gemacht. Dafür entschuldige ich mich.“Carsten Wiemann (50) zeigte sich als Angeklagter vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts einsichtig: „Ich hätte mich und meine Frau da raushalten sollen.“Damit meint der Ex-Rathauschef die Immobilienaffäre um das ehemalige Saarhölzbacher Hotel „Auf Kappelt“, das heute als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird, und ihn letztlich das Amt gekostet hat. „Ich war gerne Bürgermeister“, berichtete der Diplom-Ingenieur
Der Angeklagte Carsten Wiemann dem Gericht unter Vorsitz von Richterin Christiane Schmitt. Nach seinem Rücktritt wechselte der dreifache Vater den Wohnsitz. Er lebt wieder in Hamm. Nach über 25-jähriger Mitgliedschaft hat er der SPD den Rücken gekehrt. Wegen des laufenden Verfahrens gelinge es ihm nicht, beruflich wieder Tritt zu fassen. Wiemann, belastete mit seinem umfassenden Geständnis zum Prozessauftakt seine beiden Mitangeklagten und Ex-Parteifreunde sowie Geschäftspartner: Den früheren SPD-Fraktionschef im Mettlacher Gemeinderat, Rechtsanwalt Markus Rausch (48), und den langjährigen SPD-Landtagsabgeordneten Hans-Georg Stritter (67), Verwaltungsrat der Sparkasse Merzig-Wadern. Wiemann, der von Rechtsanwalt Joachim Giring verteidigt wird, betonte ausdrücklich: „Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft sind weitgehend zutreffend.“Er räumte ein, dass aus seiner Sicht finanzielle Aspekte bei dem Immobiliengeschäft eine Rolle gespielt haben.
Oberstaatsanwältin Sabine Kräuter-Stockton wirft den drei Ex-Freunden vor, gemeinsam den Plan geschmiedet zu haben, mit der Vermietung von Wohnraum für Flüchtlinge im Jahr 2015 Geld zu verdienen. Sie gründeten die Gesellschaft „Grüner Kreis Immobilien“GmbH (GKI), die das frühere Hotel bei einer Zwangsversteigerung erwerben sollte, um es gewinnbringend an die Gemeinde Mettlach zu vermieten. Über fünf Jahre hinweg sollten monatlich 5000 Euro netto an Miete fliesen. Wiemann sollte als Rathauschef dafür sorgen, dass die Gemeinde einen Mietvertrag nach den Vorstellungen der Investoren abschließt. So wurde pro Kopf mit einem jährlichen Gewinn von 6400 Euro kalkuliert. Nach fünf bis sechs Jahren sollte das Haus schuldenfrei im Besitz der Investoren sein.
Die Kosten für die Firmengründung in Berlin teilte sich das Trio. Kurzzeitig war Wiemanns Ehefrau Gesellschafterin der GKI. Ihm selbst, so räumte Wiemann ein, sei sehr wohl klar gewesen, dass er als Bürgermeister nicht Gesellschafter sein konnte. Auch Rauschs Ehefrau trat als Gesellschafterin auf. Stritter übernahm die Geschäftsführung. Während Wiemann geständig ist, meldet Rauschs Verteidiger, der Düsseldorfer Anwalt Johannes Zimmermann, grundsätzliche Zweifel an der Anklageschrift an. Sein Mandant habe dem damaligen Amtsträger Wiemann überhaupt keinen Vorteil gewähren können, weil es einen solchen nicht gegeben habe. Den gegen Rausch ebenfalls erhobenen Vorwurf des Schwindels bei der GmbH-Gründung in Berlin, räumte Zimmermann zwar in der Erklärung für seinen Mandanten ein, stellte dies aber als eine Art Irrtum dar. Die Oberstaatsanwältin kreidet Rausch an, dass er wahrheitswidrig dem Notar erklärt habe, das notwendige Stammkapital sei voll eingezahlt. Auch bei der Angabe der Firmenadresse in Berlin bei einem Büroservice sei es nicht korrekt gelaufen.
Für den Angeklagten Stritter kündigte dessen Anwalt Jens Schmidt für den nächsten Prozesstag am 31. August eine Stellungnahme an. Stritter ist gesundheitlich angeschlagen. Ab dem zweiten Verhandlungstag will ihm die Strafkammer einen Rechtsmediziner zur Seite setzen, damit ständig seine Verhandlungsfähigkeit beurteilt werden kann.
Zum Prozessauftakt hat die Vorsitzende Richterin bereits darauf hingewiesen, dass aus Sicht des Gerichtes statt Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung die Korruptionsdelikte Bestechlichkeit und Bestechung in Frage kommen könnten. Dies könnte wiederum ein höheres Strafmaß bedeuten. In einem Gespräch mit Prozessbeteiligten hat das Gericht bereits für den Fall von Geständnissen unter Vorbehalt für Wiemann eine Freiheitsstrafe zwischen 15 und 18 Monaten, für Stritter zwischen 18 und 21 Monaten und für Rausch zwischen 21 und 24 Monaten in Aussicht gestellt.
„Ich hätte mich und
meine Frau da raushalten sollen.“