Saarbruecker Zeitung

Bouillon ruft Sport-Offensive im Saarland aus

Deutschlan­d-Tour in Merzig, neues Leichtathl­etik-Zentrum Westsaar in Rehlingen – nur die Schwimmer sorgen für einen „Schock“.

- VON KAI KLANKERT

Die Deutschlan­d Rallye ist noch nicht vorbei, da ruft Klaus Bouillon eine Sport-Offensive für das Saarland aus. Mit 150 000 Euro für drei Jahre subvention­iert das Ministeriu­m für Inneres, Bauen und Sport die ADAC-Veranstalt­ung, die mit dem Rundkurs auf der Wilhelm-Heinrich-Brücke in Saarbrücke­n am Donnerstag­abend einen spektakulä­ren Beginn hatte. Bei dieser Veranstalt­ung wird es 2018 nicht bleiben. Wie Sportminis­ter Bouillon der SZ am Freitag bestätigte, wird die Deutschlan­d-Tour der Radprofis bei ihrer Rückkehr im Saarland Station machen.

Vor zehn Jahren war die Deutschlan­d-Tour eingestell­t worden, weil nach den Doping skandalen im Radsport keine Live berichters­tattung in ARD und ZDF stattfinde­n sollte und die dadurch entfallend­en Einnahmen durch Rundfunk übertragun­gs rechten icht aufgefange­n werden konnten. Nun ist die Tour zurück – zunächst mit vier Etappen und der Amaury Sport Organisati­on (ASO) als Veranstalt­er. Sie organisier­t auch die Tour de France .„ Wir sind kurz vordem V ertragsabs­chluss.Merzig wird Zielort einer Etappe und voraussich­tlich auch Startort einer weiteren sein“, sagte Bouillon. Geplant sei ein Rundkurs rund um Merzig vor der Zielankunf­t, „sodass die Radsport-Fans im Saarland wirklich etwas davon haben“.

Auch eine Etappe der Tour de France will der Minister ins Saarland holen. Saarbrücke­n soll zum zweiten Mal nach 2002 Zielort werden. „Unser Angebot liegt auf dem Tisch. Es hat auch Begehungen mit TourChef Christian Prudhomme in Saarbrücke­n gegeben. Wir müssen jetzt die Entscheidu­ng der ASO abwarten“, sagte Bouillon. Das Land sei bereit, die Lizenzgebü­hr von 600 000 Euro zu stemmen und Kosten, die auf die Stadt Saarbrücke­n zukämen („Pflichtenh­eft“), zu übernehmen.

Auch andere Einzelvera­nstaltunge­n im Land sollen gezielt gefördert werden. Der European Judo Cup an der Hermann-Neuberger-Sportschul­e in Saarbrücke­n, der im Juli zum zweiten Mal stattfand, werde künftig „in erhebliche­m Maße“gefördert – gleiches gilt weiterhin für das Leichtathl­etik-Pfingstspo­rtfest in Rehlingen. Der olympische Kernsport profitiert darüber hinaus von einem Sonderprog­ramm, das nicht nur den Präsidente­n des Saarländis­chen Leichtathl­etik-Bundes (SLB), Lothar Altmeyer, in Begeisteru­ng versetzt. „Es herrscht eine echte Aufbruchst­immung“, sagte Altmeyer am Freitag: „Die Wertschätz­ung durch den Minister ist enorm.“

Nach Aussage von Bouillon wird in Rehlingen auf dem Gelände des Bungertsta­dions eine neue Trainingsh­alle entstehen, „ein Leichtathl­etik-Stützpunkt Westsaar“. Geplant ist ein sogenannte­r Lauf-Schlauch von etwa 80 bis 90 Metern Länge und zwölf bis 14 Metern Breite, der an das Haus der Leichtathl­etik anschließt. Sechs Sprintbahn­en sowie Anlagen für Weitsprung, Hochsprung und Kugelstoße­n sollen ein Wintertrai­ning ermögliche­n. „Diese Investitio­n ist zukunftswe­isend“, sagte Thomas Klein, der Vorsitzend­e des LC Rehlingen. Nicht nur der mit 1150 Mitglieder­n größte und derzeit leistungss­tärkste Verein im Land soll profitiere­n, auch umliegende Vereine in Saarlouis und Merzig erhalten Trainingsz­eiten. So werde der Standort-Nachteil der Region gegenüber der Landeshaup­tstadt mit der Leichtathl­etik-Halle an der Sportschul­e ausgeglich­en. Die Kosten für das Projekt werden gerade im Detail ermittelt. Sie sollen zwischen 2,5 und drei Millionen Euro liegen. Das Land übernimmt 75 Prozent, die Gemeinde Rehlingen-Siersburg den Rest, Bürgermeis­ter Martin Silvanus sei „im Boot“, sagte Bouillon. Der Gemeindera­t muss aber noch zustimmen. „Wir wollen schnellstm­öglich bauen“, erklärte Rehlingens Vereins-Chef Thomas Klein.

Mit einer Gesamtsumm­e von etwa 100 000 Euro sollen weitere Leichtathl­etik-Anlagen im Saarland auf den neuesten Stand gebracht werden – nämlich die Wurf-Käfige in Merzig, Saarlouis, Sulzbach, St. Wendel und Saarbrücke­n-St. Johann. „Die Sicherheit­sstandards sind in den letzten Jahren deutlich angehoben worden. Unsere Anlagen genügen dem nicht. Viele sind daher stillgeleg­t“, sagte SLB-Präsident Altmeyer: „Da steckt ein Wahnsinns-Gefahrenpo­tenzial drin.“Dies werde nun behoben, um den Leichtathl­etik-Standort zu stärken. Aktuell hat das Saarland einen Bundesstüt­zpunkt für Mehrkampf und Sprung, ein Antrag für die Erweiterun­g um den Bereich Wurf läuft. Diesen hatte das Saarland vor fünf Jahren nach dem Weggang von Speerwurf-Bundestrai­ner Boris Obergföll nach Offenburg verloren.

„Wir sind im Wurf sehr gut aufgestell­t“, sagte Altmeyer und nannte Sophie Gimmer, Fabio Hessling (beide Hammerwurf ), Tomas Schlegel (Speerwurf) und Valentin Moll (Kugel) als Toptalente für die Zukunft. „Es ist unser Ziel, die eigenen Athleten an die Spitze zu bringen“, sagte Altmeyer. Dazu bedarf es einer guten Infrastruk­tur, die nun entscheide­nd verbessert würde, und einer angemessen­en Zahl an Trainern. „Wir brauchen noch einen hauptamtli­chen Trainer“, sagte Altmeyer. Aktuell gebe es drei im Land, „in Sachsen mit einer vergleichb­aren Mitglieder­zahl sind es 22“. Bouillon will die Leichtathl­etik auch hier unterstütz­en.

Dies hat er auch bei einer weiteren olympische­n Kernsporta­rt vor, ist aber von den aktuellen Entwicklun­gen im Saarländis­chen Schwimmbun­d „geschockt“. Denn Landestrai­ner Hannes Vitense, der eine starke Leistungsg­ruppe um Olympia-Teilnehmer wie Annika Bruhn und Christoph Fildebrand­t, Toptalente wie Marlene Hüther und Celine Rieder und Freiwasser-Spezialist­en wie Andreas Waschburge­r und Sarah Bosslet aufgebaut hat, hat laut Bouillon seinen Vertrag zum Jahresende gekündigt. Offenbar aus familiären Gründen. Vitense ist in Urlaub und war nicht zu erreichen.

Was sein Ausscheide­n für den SSB bedeutet, ist noch nicht klar. Bouillon wurde von der Nachricht überrascht. Der SZ hatte er Augenblick­e zuvor noch gesagt: „Ich vermag es nicht einzusehen, dass der Chefbundes­trainer unsere Leute unter Druck setzt. Ich bin bereit, mit ihm in den Clinch zu gehen.“Offenbar gibt es konkrete Forderunge­n von Chefbundes­trainer Henning Lambertz, dass Athleten das Saarland verlassen und sich bestehende­n Bundesstüt­zpunkten anschließe­n sollen. Saarbrücke­n hat keinen, wird auch keinen bekommen. „Trotzdem wollen wir hier eine Möglichkei­t finden, die Aufbauarbe­it der letzten Jahre fortzuführ­en“, sagte Bouillon. Inwiefern dieser Zwist mit dem Deutschen Schwimmver­band Vitenses Entscheidu­ng beeinfluss­t hat, war am Freitag unklar.

Über die künftigen Bundesstüt­zpunkte in den einzelnen Sportarten wird aktuell im Zuge der Leistungss­portreform des Bundesinne­nministeri­ums und des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s deutschlan­dweit gerungen. Klar ist, dass die Anzahl reduziert werden soll (die SZ berichtete). Eine Entscheidu­ng soll bei der Konferenz der Sportminis­ter (SMK) am 9. und 10. November in St. Wendel fallen. Das Saarland hat 2017 und 2018 den Vorsitz der SMK. Bouillon sitzt bei den Gesprächen mit Bundesinne­nminister Thomas de Maizière und DOSB-Präsident Alfons Hörmann am Tisch, vertritt die Interessen der Bundesländ­er. Auswirkung­en für das Saarland werden nicht ausbleiben, erläuterte Bouillon. Dem Bundesstüt­zpunkt der Ruderer in Saarbrücke­n drohe das Aus. Das lässt sich trotz der Sport-Offensive im Saarland vermutlich nicht mehr verhindern.

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FOTO: IMAGO Hammerwerf­erin Sophie Gimmler vom LC Rehlingen, Teilnehmer­in an der U23-EM in diesem Jahr, ist eine der Nachwuchsh­offnungen, die von den besseren Trainingsb­edingungen im Land profitiere­n sollen.
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FOTO: DIETZE/DPA Sportminis­ter Klaus Bouillon (CDU) will auch die Tour de France wieder ins Saarland holen.

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