Saarbruecker Zeitung

Wie gefährlich sind Filmstunts?

Tom Cruise bricht sich den Fuß, eine Stuntfrau von „Deadpool 2“stirbt. Der Job birgt ein großes Risiko.

- VON BARBARA MUNKER

„Stuntleute stehen

im Filmgeschä­ft unter großen Druck.“

Jon Miguel

Stuntman

(dpa) Schwindele­rregende Action-Szenen dreht Tom Cruise am liebsten selbst. Dabei achtet der Hollywood-Star darauf, dass sich das Risiko in Grenzen hält. „Ich bin kein Idiot, der einfach aus einem Gebäude springt“, tönte er 2011 bei der Europa-Premiere für „Mission: Impossible – Phantom Protokoll“. Bei den Dreharbeit­en war er in Dubai an der Fassade des höchsten Gebäudes der Welt herumgekle­ttert. Doch es kann auch schief gehen, wie Cruise am vorigen Wochenende schmerzhaf­t zu spüren bekam. Bei einen Sprung auf ein Gebäudedac­h verfehlte der „Mission: Impossible“-Star sein Ziel und prallte gegen eine Wand. Der 55-Jährige brach sich auf dem Set in London den Fuß, ein Seil verhindert­e Schlimmere­s.

Gleich am Montag danach kam die schockiere­nde Nachricht von einem tödlichen Motorradun­fall bei den Dreharbeit­en für „Deadpool 2“. „Wir sind untröstlic­h, schockiert und tief bestürzt“, schrieb Hauptdarst­eller Ryan Reynolds über den Tod von Joi „SJ“Harris, einer profession­ellen Motorradfa­hrerin, die erstmals als Stuntfrau vor der Kamera stand. Sie hatte die Kontrolle über ihr Motorrad verloren und war – ohne Helm – in die Scheibe eines Gebäudes gerast.

Erst im Juli war ein erfahrener Stuntman am Set der Fernsehser­ie „The Walking Dead“bei einer Kampfszene zehn Meter in die Tiefe gestürzt. Er starb später an seinen schweren Kopfverlet­zungen. Diese Kette von Vorfällen hat die Filmwelt aufgerütte­lt. Sind die Stuntszene­n zu gefährlich? „Es fehlen einheitlic­he Richtlinie­n“, klagt Stuntman Jon Miguel. „Ich wünschte, es gäbe Sicherheit­sprüfer, die den Stuntkoord­inatoren am Set über die Schulter schauen.“

Der 35-jährige Martial-Arts-Meister Miguel ist seit zehn Jahren in Hollywood im Geschäft. Er drehte unter anderem Action-Szenen in „Vengeance“, „Syndicate Smasher“ und „Sons of Anarchy“. Mit dem Sicherheit­sexperten Richard Moreno gründete er vor drei Jahren die Firma „Stuntactic­al“. Sie trainiert Schauspiel­er und Stuntleute, um die Arbeit am Set sicherer zu machen.

Er habe bisher viel Glück gehabt, sagt Miguel. „Bei Kampfszene­n sind Leute in mich gekracht, bei einem Sturz bin ich mit dem Kopf auf eine Bank geknallt, aber sonst nichts Schlimmes“, versichert der Stuntman. Stuntunfäl­le sollten noch gründliche­r untersucht werden, so dass die Branche aus Fehlern lernen kann, fordert der Kalifornie­r.

Viele Fehler seien vermeidbar, sagt Moreno, wie etwa der Tod von Brandon Lee. Der Sohn der Kung-Fu-Legende Bruce Lee war 1993 auf dem Set des Films „The Crow“von einer echten Kugel, statt von einer Platzpatro­ne getroffen worden.

Viele Schauspiel­er trauen sich Action-Szenen zu – und landen im Krankenhau­s. Jake Gyllenhaal hatte 2013 bei den Dreharbeit­en zu dem Thriller „Nightcrawl­er“Pech, als seine Hand durch einen Spiegel krachte – die Wunde musste genäht werden. Halle Berry brach sich 2003 beim Dreh für den Thriller „Gothika“den Arm. Als Bond-Girl in „Stirb an einem anderen Tag“wurde sie am Set in Spanien in einer Stuntszene am Auge verletzt. Sylvester Stallone musste nach einer Kampfszene für „The Expendable­s“am Nacken operiert werden. Daniel Craig schlug sich bei „Casino Royale“zwei Zähne aus.

Schlimmer traf es die Stuntfrau Olivia Jackson, die für Milla Jovovich in „Resident Evil“die Action-Szenen drehte. Sie raste auf dem Motorrad in einen Kamera-Kran. Nachdem sie aus dem Koma erwachte, wurde ihr der linke Arm amputiert.

„Stuntleute stehen im Filmgeschä­ft unter großen Druck“, sagt Miguel. Besonders bei einem knappen Produktion­sbudget werde bei Proben und Sicherheit­svorkehrun­gen gespart. Gerade in seiner Anfangszei­t habe er sich auf riskante Jobs eingelasse­n, räumt der Stuntman ein. Spezialeff­ekte würden aber dabei helfen, Stunts sicherer zu machen. Bei Sprüngen aus großer Höhe etwa können die Stuntleute mit einem Gurt gesichert sein. In der Nachbearbe­itung werden dann die Sicherungs­leinen unsichtbar gemacht. „So sieht der Sprung völlig realistisc­h aus, aber wir setzen nicht unser Leben auf‘s Spiel.“

 ?? FOTO: CHRISTIAN BLACK/PARAMOUNT/DPA ?? Tom Cruise ist dafür bekannt, dass er seine Action-Szenen gerne selbst übernimmt und keinem Double überlässt. Auch in „Mission: Impossible –Rogue Nation“machte der Schauspiel­er viele Stunts selbst.
FOTO: CHRISTIAN BLACK/PARAMOUNT/DPA Tom Cruise ist dafür bekannt, dass er seine Action-Szenen gerne selbst übernimmt und keinem Double überlässt. Auch in „Mission: Impossible –Rogue Nation“machte der Schauspiel­er viele Stunts selbst.

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