Eine junge Kirche für die älteren Semester
St. Pius X. ist ein Herzstück von Calmesweiler: Das Gotteshaus hat heute eine besondere Aufgabe als Seniorenkirche.
1964: Es ist die Zeit des Baustoffes Beton und der Glasbausteine. Das Innere der Kirchbauten wurde damals von großen Hallen beherrscht, ohne Säulen oder Seitenschiffe. Der Blick fiel frei auf den Altarraum, in dem auch bald ein Zelebrationsaltar näher zum Volk geschoben wurde und der Hauptaltar entweder ganz verschwand oder als Tabernakelträger im Hintergrund blieb. So stellt Dechant Matthias Marx auch seine Kirche in Calmesweiler als einen einfachen Zweckbau aus jener Zeit vor. Ein Pädagoge habe sich besonders für den Bau einer Kirche in diesem Gemeindeteil engagiert.
St. Pius ruht im Tal und wird keineswegs von oben herab, aber dennoch von einer Anhöhe herunter, von St. Laurentius im Ortsteil Bubach, gegrüßt. Es besteht auch eine „Arbei tsteilung“zwischen beiden Kirchen: St. Laurentius ist die Kirche für Kinder und junge Familie, während sich in St. Pius die älteren Semester wohlfühlen sollen. Dechant Matthias Marx versichert, dass diese Aufgabenstellung, angepasst an die Notwendigkeiten der Neuzeit, auch gut gelungen sei.
Der Sakralbau St. Pius X. am Rande der Kirchstraße in Calmesweiler sieht in seiner Einfachheit freundlich aus. Die Kirche steht quer zur Straße hin. Zur Straße grüßen auch über das Dach drei Schallfenster verschmitzt dem Besucher entgegen. Sie gehören zu einem Turm, der in Hanglage zur Talseite errichtet ist. Der Eppelborner Architekt und Baurat Dr. Albert Riehm hatte verschiedene Entwürfe für diese Kirche angefertigt. Doch er starb, bevor der Bau in Angriff genommen werden konnte. Daher wurde die Kirche nach Plänen des Architekten Herbert Lück aus HomburgBeeden erbaut. Der Neubau entstand auf dem Gelände der ehemaligen Schule in Calmesweiler. Der Untergrund und auch die Hanglage forderten einige Besonderheiten beim Bau. Der Haupteingang befindet sich zur Straße hin mitten in der Langseite des Kirchenschiffes. Sie liegt nach Norden. Die Südseite ist die Altarseite, deren Wände gleichzeitig die Turmwand bilden.
Das Innere des Gotteshauses überrascht. Hinter der schlichten Außenfassade erwartet der Beter keineswegs eine so große Halle mit einem geneigten Dach.
Der Blick des Beters geht frei und unbedrängt in den Altarraum, wo ein schlichter Volksaltar aus gelblichem Travertin vor dem Priestersitz aufgestellt ist. Ein Hochaltar fehlt. Der schnörkellose Raum strahlt mit seinen reduzierten Formen eine große Qualität aus. Ein eindrucksvolles Kreuz senkt sich auch hier über den Altar.
Neben dem Altar gehören eine Herz-Jesu-Figur, die Gestalt Pius X., eine Antoniusskulptur, vor allem aber, auf der Evangelienseite, ein gemeißelter Lebensbaum, der den Tabernakel trägt, zum sakralen Mobiliar der fast protestantisch schlicht eingerichteten Kirche. In der Festschrift von Oberlehrer Bernhard Schmitt, Macherbach, zur Einweihung der Kirche werden noch angegeben: eine Marienstatue auf dem Marienaltar aus dem Haus der kirchlichen Kunst, Eberhard Schlemmer, Montabaur, gestiftet von der Pfarrgemeinde, und der Tabernakel, eine Stiftung des Kultusministeriums, angefertigt von der Firma Geschwister Burger aus Munderkingen, Donau.
Sehr angenehm ist die Tageshelle in der Apsis. Diese Helle im Altarraum ist ganz nach den Plänen des Architekten Lück. Er schreibt in seinem Beitrag: „Die Stirnwand des Altarraumes ist zweischalig und ganz im heimeligen Sandstein aus dem Bruch Jakob Brill, Bubach, ausgeführt. Die beiden anderen Wände sind völlig verglast..., was dem Altarraum weit über die mit Fichtenbrettern verkleidete Decke des Kirchenschiffes hinaufzuführen und ihm eine Fülle von Licht zu geben...“scheint. Dechant Marx verweist auf die Wände. Man kann sie Lichtwände nennen, denn sie sind ein zu jener Zeit viel genutztes Zusammenspiel von Beton und schmalen Fenstern. Wäre es kein Kirchenraum, könnte man von Schießscharten sprechen.
In einem Beitrag in der Festschrift zur Einsegnung der neuen Kirche schreibt Architekt Lück: „Die West- und Ostwand bringen die Belichtung des Schiffes. Sie sind durch 255 Fensteröffnungen von 15 mal 66 Zentimetern durchbrochen ... Die Verglasung besteht aus bunten, verschiedenfarbigen Antikgläsern.“ Der Kreuzweg ist schlicht und demütig. Lebendig wirken Malarbeiten von Kindern an der rechten Wand der Kirche. Die Kirchenbänke im Schiff und auf der Empore bieten gut und gerne 500 Personen Platz. Durch die Hanglage hatte der Statiker (Mailänder, Wiesbach) eine besonders kniffelige Arbeit zu lösen. Eine Unterkellerung der Kirche war notwendig. Sie wurde für ein Pfarr- beziehungsweise Jugendheim genutzt. Die Kirche St. Pius X. in Calmesweiler ist ein Gotteshaus, dessen Architektur keine Ablenkung zulässt und durch eine klare Linienführung und geometrische Strenge auffällt. Die Einrichtung ist ganz auf Gott und Gebet ausgerichtet, ohne jegliche Sentimentalität.
............................................. Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücker Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor.