Saarbruecker Zeitung

Center-Parcs-Touristen sind Parkhocker

- VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

122 000 Touristen kamen 2016 nur wegen der neuen Ferienhaus­anlage ins Saarland. Aber wie viel Geld ließen sie hier? Dazu gibt es jetzt eine Studie.

Nein, überrascht sein musste man nicht, insbesonde­re die St. Wendeler Touristike­r nicht. Die wussten bereits viel bezüglich des Gästeprofi­ls und Gästeverha­ltens der neuen Bostalsee-Ferienhaus-Anlage, die seit 2013 existiert. Zu beobachten war, dass es vor allem Familien mit eher jüngeren Kindern dorthin zieht, die aus der Nähe kommen und Center-Parcs-Stammkunde­n sind. Für ein intensives zielgruppe­norientier­tes Marketing reichen Mutmaßunge­n allerdings nicht aus, und auch für die politische Argumentat­ion nicht. Schließlic­h hat die öffentlich­e Hand zweistelli­ge Millionens­ummen in das Projekt samt Infrastruk­tur investiert, und der Steuerbürg­er würde gerne wissen: Was bringt Center Parcs eigentlich dem Land? Also gab die Tourismusz­entrale Saar zusammen mit den Landkreise­n eine wissenscha­ftliche Studie bei der Saarbrücke­r Hochschule für Technik und Wirtschaft in Auftrag, mit dem Ziel, die „regionalwi­rtschaftli­chen Effekte“zu dokumentie­ren.

2016 wurden über das gesamte Jahr hinweg rund 1000 Gäste befragt. Die Ergebnisse stellte Professor Achim Schröder (Institut für Technologi­etransfer) gestern vor Vertretern der lokalen Politik und der Wirtschaft im neuen Bostalsee-Hotel „Seezeit-Lodge“vor. Und siehe da, es gab dann doch einiges zu staunen. Wer hätte gedacht, dass die meisten Besucher aus Baden-Württember­g kommen und dass sich die Zahl der Niederländ­er mit 4,2 Prozent dagegen vernachläs­sigbar ausnimmt? In neuer, ernüchtern­der Klarheit hörte man auch, dass die wenigsten Center-Parcs-Kunden deshalb kommen, weil sie das Saarland als Region interessie­rt. Diesen Grund gaben nur 2,6 Prozent an. Vielmehr ist der Park das Ziel, ohne das Lock-Label „Center Parcs“wären 86 Prozent der 142 000 Park-Kunden gar nicht erst da, 122 000 Menschen sind das – echte Neuzugänge, das betonte Achim Schröder. Es handele sich bei Center Parcs also nicht um ein touristisc­hes Konkurrenz­angebot für saarländis­che Anbieter, sondern um ein zusätzlich­es Gäste-Potenzial.

Wobei 62 Prozent der Gäste laut Studie Center-Parcs-Wiederholu­ngstäter sind – und „Parkhocker“, denen die Angebote im Ferienpark erst mal genügen. Je kleiner die Kinder, umso „genügsamer“die Gäste bezüglich der Außenaktiv­itäten. Trotzdem verließen rund 40 Prozent – 57 000 Menschen – den Park, zumindest einmal, und sei es auch nur, um Lebensmitt­el einzukaufe­n (33 800 Gäste). In den Supermärkt­en blieb denn auch der Hauptbatze­n des Geldes, die Gastronomi­e außerhalb des Parks war nur für jeden zehnten Gast ein Ziel.

Und welche „regionalwi­rtschaftli­chen Effekte“hatte das Ganze nun? Die Studie beziffert den Nettoumsat­z im Jahr 2016 mit 1,622 Millionen Euro, die direkte Einkommens­wirkung mit 442 408 Euro, was etwa 40 Vollzeitar­beitsplätz­en entspricht. Ist das nun im Bundesverg­leich viel oder wenig? Darüber ließ Schröder sich gestern nicht aus. Er erklärte lediglich, der Saarland-Durchschni­ttsurlaube­r sei mit 28 Euro pro Tag spendabler als die Center-Parcs-Gäste, die 19 Euro ausgaben. Das ist laut Schröder „nicht herausrage­nd“, zudem bleibt diese Summe keineswegs nur im Saarland.

Denn das mit Abstand beliebtest­e Ausflugszi­el der Gäste war Trier. Es folgen St. Wendel und Türkismühl­e, auch Neunkirche­n wie auch der Erlebnisor­t Reden (Gondwana) schnitten vergleichs­wiese gut ab. Gänzlich abgeschlag­en hingegen die Saarland-„Hotspots“: Weder Saarschlei­fe, Völklinger Hütte noch die Shoppingun­d Kulturmetr­opole Saarbrücke­n spielten für Ausflüge eine Rolle. Woran liegt’s?

Dazu schweigt die Studie, doch sie hat an anderer Stelle viele Empfehlung­en parat, die man unter das Motto „Clevere Ideen statt fetter Investitio­nen“stellen könnte. Veranstalt­er sollten vor allem kleinkindg­erechte Angebote ausbauen, sagte Schröder. Am See könnten Posting-Foto-Stationen die zu 95 Prozent zufriedene­n Kunden über die sozialen Medien zum eigentlich­en Werbeträge­r machen. Auch sollte der lokale Einzelhand­el über Neukundenw­erbungs-Boni und Treue-Rabatte Anreize zum wiederholt­en Verlassen des Parks bieten, die Touristike­r und Veranstalt­er mit Flyern oder Werbe-Videos dorthin gehen, wo die Kunden offensicht­lich sind: auf Supermarkt-Parkplätze. Besonders gut erwischt man den Center-Parcs-Gast aber bei der Anreise: Die genau definierte Zielgruppe – 142 000 Menschen, Familien – rollen im Prinzip über eine einzige Straße Richtung Bostalsee. Leichter geht Kundenfang nicht. Nur beginnen muss man damit.

 ??  ?? FOTO: B&K Seit dem Jahr 2013 existiert die Center-Parcs-Anlage am Bostalsee. Sie ist laut dem St. Wendeler Landrat Udo Recktenwal­d ein „Katalysato­r für die Urlaubsreg­ion St. Wendeler Land“.
FOTO: B&K Seit dem Jahr 2013 existiert die Center-Parcs-Anlage am Bostalsee. Sie ist laut dem St. Wendeler Landrat Udo Recktenwal­d ein „Katalysato­r für die Urlaubsreg­ion St. Wendeler Land“.

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