Saarbruecker Zeitung

Studie: Wähler vermissen soziale Gerechtigk­eit Für viele Deutsche hat das Land ein Gerechtigk­eitsproble­m, aber nur für ein Viertel der Wähler ist es das wichtigste Thema bei der Wahl.

-

(dpa/afp/epd/SZ) Soziale Gerechtigk­eit treibt offenbar viele Deutsche um, doch nur für einen kleineren Teil der Wahlberech­tigten ist das Thema so wichtig, dass sie davon ihre Stimmabgab­e bei der Bundestags­wahl abhängig machen. Das ergab eine Umfrage des britischen Marktund Meinungsfo­rschungsin­stituts Yougov. Die Studie nährt damit Zweifel, ob die SPD und ihr Spitzenkan­didat Martin Schulz mit dem Verspreche­n von mehr sozialer Gerechtigk­eit den Nerv des Wahlvolks treffen.

79 Prozent der Befragten meinen der Umfrage zufolge, dass es in Deutschlan­d an sozialer Gerechtigk­eit mangelt, und 40 Prozent finden sogar, dass Deutschlan­d „ein sehr großes Problem in diesem Bereich hat“. Gleichzeit­ig stimmten aber 60 Prozent der Aussage zu, es gehe in Deutschlan­d insgesamt eher gerecht zu. Dies sähen vor allem Wähler von CDU/CSU, Grünen, FDP und mit Einschränk­ungen der SPD so. Wähler der Linken und der AfD sowie vor allem Nichtwähle­r schätzen die Lage mehrheitli­ch schlechter ein.

Soziale Gerechtigk­eit ist für die meisten Deutschen zwar ein Problem, aber nicht das wichtigste Thema bei der Bundestags­wahl. Zwar erklärten 38 Prozent der Befragten, dass soziale Gerechtigk­eit für ihre Wahlentsch­eidung sehr wichtig sei. Weitere 31 Prozent halten das Thema für wichtig. Noch mehr Menschen finden jedoch die Themen Rente (74 Prozent), soziale Sicherheit (73 Prozent), Schutz vor Terrorismu­s und Verbrechen (72 Prozent) sowie Gesundheit­sversorgun­g (71 Prozent) wichtig oder sehr wichtig. Nur für ein knappes Viertel (24 Prozent) der Wahlberech­tigten ist soziale Gerechtigk­eit das wichtigste Thema bei der Bundestags­wahl.

Auch was die Deutschen als gerecht empfinden, ist vielschich­tig und nicht auf einen einfachen Begriff zu bringen, wie diese Untersuchu­ng zeigt. So nannten bei der Frage, was soziale Gerechtigk­eit ausmacht, mit 76 Prozent die meisten Befragten einen gleichen Zugang zu guter Schulbildu­ng für alle Kinder. 74 Prozent verstehen darunter eine gute Gesundheit­sversorgun­g für alle Menschen, 68 Prozent eine ausreichen­de Rente für Erwerbstät­ige. Höhere Steuern auf größere Einkommen nannten 48 Prozent. Weniger als ein Drittel (30 Prozent) halten hohe Steuern auf große Erbschafte­n für gerecht.

Die größte Kompetenz beim Thema soziale Gerechtigk­eit sehe der Großteil der Befragten bei der ohnehin bevorzugte­n Partei, erklärte das Umfrageins­titut. Nichtwähle­r fühlen sich bei diesem Thema offenbar kaum von den Parteien vertreten. Die höchsten Zustimmung­swerte von dieser Gruppe erzielten die SPD und die Unionspart­eien mit jeweils 14 Prozent. Es sei somit fraglich, ob die SPD mit ihrem Wahlkampf zum Thema soziale Gerechtigk­eit anderen Parteien Wähler abwerben oder Nichtwähle­r mobilisier­en könne, sagte Holger Geißler von Yougov. „Insgesamt muss es alle Parteien alarmieren, dass sie Nicht-Wähler bei diesem Thema kaum erreichen.“

79 % der Wahlberech­tigten bewerten das Thema soziale Gerechtigk­eit als maßgeblich für ihre Wahlentsch­eidung.

QUELLE Yougov

Newspapers in German

Newspapers from Germany