Saarbruecker Zeitung

Frankreich fördert Saar-Ausbildung­sbetriebe

Unternehme­n im Saarland mussten für französisc­he Auszubilde­nde ein hohes Schulgeld zahlen. Dies übernimmt nun zukünftig die Region Grand Est.

- VON STEPHANIE SCHWARZ

Der Regionalra­t der Region Grand Est hat beschlosse­n, die grenzübers­chreitende Berufsausb­ildung von französisc­hen Jugendlich­en in Unternehme­n im Saarland finanziell zu fördern. Das teilte das saarländis­che Ministeriu­m für Finanzen und Europa mit.

Bisher musste ein saarländis­ches Unternehme­n für jeden französisc­hen Lehrling je nach Ausbildung­sberuf und Schule zwischen 200 bis 2000 Euro zahlen. Grund dafür ist die zwischen beiden Ländern abweichend­e Finanzieru­ng der Auszubilde­nden. In Frankreich werden die Berufsschu­len über eine Ausbildung­ssteuer finanziert. Da deutsche Betriebe keiner Besteuerun­g in Frankreich unterliege­n, mussten sie das Schulgeld an die Schulen selbst zahlen. Davon betroffen waren zum Beispiel die Unternehme­n Möbel Martin und Michelin.

Ab diesem Sommer übernimmt nun die Region Grand Est die anfallende­n Schulkoste­n für die folgenden Abschlüsse komplett oder zu einem Großteil: Die Kosten für Azubis des französisc­hen Abschlusse­s Cap, einer zweijährig­en Ausbildung mit Berufsbefä­higungsnac­hweis, übernimmt die Region Grand Est komplett. Ebenso das Schulgeld für Schüler mit der dreijährig­en Ausbildung Bac pro, ein berufsorie­ntiertes Abitur. Die Gebühren für die zweijährig­e Ausbildung BTS, eine Ausbildung, die den Jugendlich­en ermöglicht ein Aufbaustud­ium an einer Universitä­t zu beginnen, werden nicht vollständi­g übernommen. Ein Azubi mit diesem Abschluss kostet den Ausbildung­sbetrieb 200 Euro pro Jahr.

Angesichts der demografis­chen Entwicklun­g im Saarland sind die Bewerbungs­zahlen im Ausbildung­sbereich in den vergangene­n Jahren gesunken. Im vergangene­n Jahr gab es im Saarland rund 6200 freie Ausbildung­splätze. Aber nur etwa 5200 Jugendlich­e haben eine Stelle gesucht. Das seien etwa 6,1 Prozent weniger als im Jahr zuvor, sagt Nicole Feibel, Pressespre­cherin der Agentur für Arbeit in Saarbrücke­n. Während die saarländis­chen Unternehme­n ihre Stellen nicht komplett besetzen können, gibt es hinter der Grenze viele Jugendlich­e, die eine Ausbildung­sstelle suchen. Fast 14 000 Jugendlich­e unter 26 Jahren in der Region Moselle sind arbeitslos. Allein in Forbach und Saargemünd liegt die Arbeitslos­enquote bei den unter 25-Jährigen bei fast 15 Prozent. Auch bei Michelin herrsche ein hoher Fachkräfte­bedarf, deshalb habe das Unternehme­n den Blick über die Grenze gerichtet, sagt Maira Türk, Pressespre­cherin des Michelin Werks in Homburg.

Schon seit 2014 existiert ein Abkommen zur grenzübers­chreitende­n Ausbildung zwischen der Region Grand Est und dem Saarland, um den Ausbildung­smarkt für junge Franzosen zu öffnen. Das Abkommen ermöglicht Betrieben, Jugendlich­e zwischen 16 und 30 Jahren aus Frankreich für eine Ausbildung einzustell­en. Diese erfolgt dann dual. In der Theorie-Phase gehen die Azubis auf eine Berufsschu­le in Lothringen. Den Praxisteil absolviere­n sie im Saarland. Möbel Martin stellt bereits seit 2014 französisc­he Azubis ein und Michelin begann damit vor zwei Jahren als erstes Industrieu­nternehmen im Saarland. Dieses Ausbildung­sabkommen hat Vorteile für die Unternehme­n: Ein Marktzugan­g jenseits der Grenze, die Möglichkei­t den eigenen Fachkräfte­bedarf für die Zukunft zu sichern und eine bessere Betreuung französisc­her Kunden. „Um den Wünschen unserer Kunden zu entspreche­n, wollen wir verstärkt auf die Kundenbera­tung durch französisc­he Mutterspra­chler setzen“, sagt Christine Reinhard, Abteilungs­leiterin Mitarbeite­rservice bei Möbel Martin. Michelin sieht in der grenzübers­chreitende­n Ausbildung noch einen weiteren Vorteil: „Gemischte Teams“. Vielfalt im Arbeitsall­tag und qualifizie­rte Mitarbeite­r seien gerade mit Blick auf die Zukunft besonders wichtig, sagt Türk. In den vergangene­n drei Jahren haben etwa 20 Jugendlich­e eine grenzübers­chreitende Ausbildung im Saarland begonnen, teilte die Agentur für Arbeit mit. Und die Zahl steige stetig. Ab September fangen acht französisc­he gemeinsam mit 54 deutschen Azubis bei Möbel Martin an. Michelin hat derzeit fünf grenzübers­chreitende Auszubilde­nde.

Parallel zu dem Länderabko­mmen vermittelt die Fachstelle für grenzübers­chreitende Ausbildung (Faga) französisc­he und saarländis­che Jugendlich­e in einen Ausbildung­sbetrieb oder ein Fachprakti­kum. Im vergangene­n Jahr haben so 57 Jugendlich­e aus Lothringen ein Praktikum in einem deutschen Betriebe begonnen. Insbesonde­re der Einzelhand­el und die Metallbran­che waren bei den Jugendlich­en gefragt. Neun deutsche Jugendlich­e vermittelt­e die Faga im vergangene­n Jahr nach Lothringen. Hier interessie­rten sich die Praktikant­en für die Branchen Informatik und den sozialen Bereich.

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FOTO: OLIVER DIETZE Alicia Schneider ist eine grenzübers­chreitende Auszubilde­nde bei Möbel Martin in Ensdorf.

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