Frankreich fördert Saar-Ausbildungsbetriebe
Unternehmen im Saarland mussten für französische Auszubildende ein hohes Schulgeld zahlen. Dies übernimmt nun zukünftig die Region Grand Est.
Der Regionalrat der Region Grand Est hat beschlossen, die grenzüberschreitende Berufsausbildung von französischen Jugendlichen in Unternehmen im Saarland finanziell zu fördern. Das teilte das saarländische Ministerium für Finanzen und Europa mit.
Bisher musste ein saarländisches Unternehmen für jeden französischen Lehrling je nach Ausbildungsberuf und Schule zwischen 200 bis 2000 Euro zahlen. Grund dafür ist die zwischen beiden Ländern abweichende Finanzierung der Auszubildenden. In Frankreich werden die Berufsschulen über eine Ausbildungssteuer finanziert. Da deutsche Betriebe keiner Besteuerung in Frankreich unterliegen, mussten sie das Schulgeld an die Schulen selbst zahlen. Davon betroffen waren zum Beispiel die Unternehmen Möbel Martin und Michelin.
Ab diesem Sommer übernimmt nun die Region Grand Est die anfallenden Schulkosten für die folgenden Abschlüsse komplett oder zu einem Großteil: Die Kosten für Azubis des französischen Abschlusses Cap, einer zweijährigen Ausbildung mit Berufsbefähigungsnachweis, übernimmt die Region Grand Est komplett. Ebenso das Schulgeld für Schüler mit der dreijährigen Ausbildung Bac pro, ein berufsorientiertes Abitur. Die Gebühren für die zweijährige Ausbildung BTS, eine Ausbildung, die den Jugendlichen ermöglicht ein Aufbaustudium an einer Universität zu beginnen, werden nicht vollständig übernommen. Ein Azubi mit diesem Abschluss kostet den Ausbildungsbetrieb 200 Euro pro Jahr.
Angesichts der demografischen Entwicklung im Saarland sind die Bewerbungszahlen im Ausbildungsbereich in den vergangenen Jahren gesunken. Im vergangenen Jahr gab es im Saarland rund 6200 freie Ausbildungsplätze. Aber nur etwa 5200 Jugendliche haben eine Stelle gesucht. Das seien etwa 6,1 Prozent weniger als im Jahr zuvor, sagt Nicole Feibel, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit in Saarbrücken. Während die saarländischen Unternehmen ihre Stellen nicht komplett besetzen können, gibt es hinter der Grenze viele Jugendliche, die eine Ausbildungsstelle suchen. Fast 14 000 Jugendliche unter 26 Jahren in der Region Moselle sind arbeitslos. Allein in Forbach und Saargemünd liegt die Arbeitslosenquote bei den unter 25-Jährigen bei fast 15 Prozent. Auch bei Michelin herrsche ein hoher Fachkräftebedarf, deshalb habe das Unternehmen den Blick über die Grenze gerichtet, sagt Maira Türk, Pressesprecherin des Michelin Werks in Homburg.
Schon seit 2014 existiert ein Abkommen zur grenzüberschreitenden Ausbildung zwischen der Region Grand Est und dem Saarland, um den Ausbildungsmarkt für junge Franzosen zu öffnen. Das Abkommen ermöglicht Betrieben, Jugendliche zwischen 16 und 30 Jahren aus Frankreich für eine Ausbildung einzustellen. Diese erfolgt dann dual. In der Theorie-Phase gehen die Azubis auf eine Berufsschule in Lothringen. Den Praxisteil absolvieren sie im Saarland. Möbel Martin stellt bereits seit 2014 französische Azubis ein und Michelin begann damit vor zwei Jahren als erstes Industrieunternehmen im Saarland. Dieses Ausbildungsabkommen hat Vorteile für die Unternehmen: Ein Marktzugang jenseits der Grenze, die Möglichkeit den eigenen Fachkräftebedarf für die Zukunft zu sichern und eine bessere Betreuung französischer Kunden. „Um den Wünschen unserer Kunden zu entsprechen, wollen wir verstärkt auf die Kundenberatung durch französische Muttersprachler setzen“, sagt Christine Reinhard, Abteilungsleiterin Mitarbeiterservice bei Möbel Martin. Michelin sieht in der grenzüberschreitenden Ausbildung noch einen weiteren Vorteil: „Gemischte Teams“. Vielfalt im Arbeitsalltag und qualifizierte Mitarbeiter seien gerade mit Blick auf die Zukunft besonders wichtig, sagt Türk. In den vergangenen drei Jahren haben etwa 20 Jugendliche eine grenzüberschreitende Ausbildung im Saarland begonnen, teilte die Agentur für Arbeit mit. Und die Zahl steige stetig. Ab September fangen acht französische gemeinsam mit 54 deutschen Azubis bei Möbel Martin an. Michelin hat derzeit fünf grenzüberschreitende Auszubildende.
Parallel zu dem Länderabkommen vermittelt die Fachstelle für grenzüberschreitende Ausbildung (Faga) französische und saarländische Jugendliche in einen Ausbildungsbetrieb oder ein Fachpraktikum. Im vergangenen Jahr haben so 57 Jugendliche aus Lothringen ein Praktikum in einem deutschen Betriebe begonnen. Insbesondere der Einzelhandel und die Metallbranche waren bei den Jugendlichen gefragt. Neun deutsche Jugendliche vermittelte die Faga im vergangenen Jahr nach Lothringen. Hier interessierten sich die Praktikanten für die Branchen Informatik und den sozialen Bereich.