Saarbruecker Zeitung

Polizisten für Lockerung des Tattoo-Verbotes

Junge Polizisten haben eine Debatte über Tätowierun­gen angestoßen. Müssen die Tattoos weg oder reicht es, sie zu verdecken?

- VON MICHAEL RUPERTUS UND MARCO KARP

Moden kommen und gehen. Diese Launen mussten sich Tattoos nie unterwerfe­n. Schon Ötzi hatte 61 davon. Die alten Maya kolorierte­n ihre Haut mit Tinte – die Maori in Neuseeland tun dies bis heute. Die Faszinatio­n für den Körperschm­uck findet auch in Deutschlan­d viele Anhänger. Immerhin jeder vierte Bundesbürg­er zwischen 25 und 43 Jahre ist tätowiert. Zu den beliebtest­en Stellen bei Frauen und Männern gelten neben den Schulterbl­ättern vor allem die Ober- und Unterarme.

Dabei kann die Entscheidu­ng für ein Unterarm-Tattoo eine Entscheidu­ng gegen die Anstellung bei der saarländis­chen Polizei sein. Denn das Innenminis­terium schreibt vor, dass „im Dienst – ausgenomme­n Dienstspor­t – Hautzeichn­ungen nicht sichtbar sein dürfen“. Als Maßstab für die Sichtbarke­it werde das Uniformkur­zhemd angewandt. Wird die Tätowierun­g durch dieses nicht verdeckt, hat ein potenziell­er Polizist ein Problem. Dann muss er „mit der Entfernung der Tätowierun­g im sichtbaren Bereich (mit dem Ziel einer kompletten Entfernung) noch vor dem Einstellun­gstermin beginnen.“

Die Regelung, dass Tattoos nicht sichtbar sein dürfen, begründet das Innenminis­terium wie folgt: Präsenz und Auftreten der Polizei in der Öffentlich­keit hätten Auswirkung­en auf das Sicherheit­sempfinden der Bürger. „Mit einem angemessen­en äußeren Erscheinun­gsbild tragen die Polizisten den Erwartunge­n der Bürgerinne­n und Bürger an Uniformträ­ger Rechnung.“

Ähnliches gilt auch für Gesichts-Piercings: Diese seien während des Dienstes zu entfernen, teilt Polizeispr­echer Stephan Laßotta mit. „Sonstiger Schmuck und Ohrringe dürfen nicht zu erhöhter Gefahr führen. Ob etwas zu erhöhter Gefahr führt, entscheide­t entweder der Polizeiarz­t oder der Dienstvorg­esetzte“, erklärt Laßotta.

Gegen die Tattoo-Regelung wehrt sich nun die Junge Gruppe der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP). Sie will, dass es ausreicht, die Tattoos mit einem Langarmhem­d zu überdecken. Somit sollen die häufig schmerzvol­len und kostspieli­gen Entfernung­en vermieden werden. Die Polizei könne es sich aufgrund stark rückläufig­er Bewerberza­hlen nicht leisten, Personen mit Tattoos abzulehnen, da dies keinen qualitativ­en Mangel bedeute. Die Polizei bestreitet allerdings einen starken Rückgang der Bewerberza­hlen.

Sich an der aktuellen Lebenswirk­lichkeit zu orientiere­n und Vorschrift­en zu hinterfrag­en, hält auch der Landesvors­itzende des GdP-Mitbewerbe­rs Deutsche Polizeigew­erkschaft (DPolG), Sascha Alles, grundsätzl­ich für richtig. Allerdings müsse man die Interessen des Polizisten und seines Dienstherr­en gegeneinan­der abwägen. „Die Polizei sorgt sinnbildli­ch für Sicherheit und Ordnung. Dabei kommt es in dieser Frage klar auf den Betrachter an, ob Tattoos stören oder nicht.“Zwingend solle sich aber kein Kollege die Tattoos entfernen lassen müssen.

Das machen aber immer noch viele Polizisten, wie die Geschäftsf­ührerin der Hautlicht GmbH und Laserthera­peutin Lidia Klink weiß: Etwa fünf Prozent ihrer Kunden seien aus dieser Berufsgrup­pe. „Neben dem Beratungsg­espräch erwarten den Kunden fünf bis zehn Sitzungen, um das Tattoo zu entfernen“, sagt sie. Da zwischen den Behandlung­en sechs bis acht Wochen liegen, kann eine vollständi­ge Entfernung des Tattoos mehr als ein Jahr dauern. Bei der Laserbehan­dlung werden die Farbpigmen­te zerstört, Hautreakti­onen, Blasenbild­ung und Wunden können Behandlung­sfolgen sein. Bei schlechter Wundheilun­g besteht ein höheres Risiko der Narbenbild­ung. Die Kosten der Behandlung trägt der Kunde selbst.

Vielleicht zieren schon bald häufiger Polizisten mit langen Hemdsärmel­n die saarländis­chen Straßen – auch bei sommerlich­em Wetter. Denn das Saar-Innenminis­terium will die Auflage, Tattoos entfernen zu lassen, auf den Prüfstand stellen.

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