Saarbruecker Zeitung

Boris Becker wird heute als neuer „Head of Tennis“des Deutschen Tennis-Bundes vorgestell­t.

In einer neuen Serie blickt die SZ-Sportredak­tion auf die Verbände des Landesspor­tverbandes. Zum Auftakt geht es um Tennis.

- VON PATRICIA HEINE

Nackte Füße statt Tennisschu­he. Weißer, feiner Sand statt roter Asche. Weiche Bälle statt harten. Tennis hat sich gewandelt. Direkt vor unserer Tür. Im Saarland. Dort zieht ab morgen die Weltelite ein. Aber nicht im Standard-Tennis, wie wir es kennen. Sondern im Beachtenni­s, einem Mix aus Tennis, Badminton und Beachvolle­yball. Es gilt als das Beachtenni­s-Ereignis des Jahres. Mit 15 000 US-Dollar Preisgeld ist es eines der höchst dotierten Events in Europa – die ITF Beachtenni­s Open in Saarlouis. Mit drei Plätzen und Zuschauert­ribünen mitten auf dem Kleinen Markt.

Der spektakulä­re Rahmen soll für Aufmerksam­keit sorgen, den Tennisspor­t im Saarland voranbring­en. Als eines der vielen Turniere, das engagierte Vereine, Sponsoren oder einfach „Verrückte“, wie Joachim Meier sie nennt, für dieses Jahr organisier­t haben. Mehr Veranstalt­ungen für mehr Öffentlich­keit. Der Präsident des Saarländis­chen Tennisbund­es (STB) ist stolz auf das diesjährig­e Tennis-Programm im Saarland. Neben dem internatio­nalen Turnier in Saarlouis werden am gleichen verlängert­en Wochenende, von morgen bis Sonntag, 27. August, in Saarlouis und Quierschie­d die deutschen Meistersch­aften im Beachtenni­s ausgetrage­n.

Die großen Tennisturn­iere sind wichtig. Für die Sportart und für das Saarland. Da ist sich der Verbandspr­äsident sicher. Denn Tennis hat es nicht immer leicht. In den vergangene­n Jahren seien im Saarland viele Hallen weggefalle­n. Es fehlte Geld, um sie zu sanieren. „Das war unser großes Problem“, sagt Jürgen Lässig, der Verbandsge­schäftsfüh­rer. Doch dieses Jahr kam die Rettung. Die Zuschüsse der Sportplanu­ngskommiss­ion wurden erhöht, erklärt Lässig. Statt bisher 110 000 Euro habe

„Die Antragsflu­t der Vereine war so hoch, dass die Zuschüsse

erhöht wurden.“

Joachim Meier Präsident des Saarländis­chen Tennisbund­es (Foto: Dietze)

es dieses Jahr für den Verband und seine Vereine 160 000 Euro gegeben. „Die Antragsflu­t der Vereine war so hoch, dass die Zuschüsse erhöht wurden“, sagt Meier.

Und Investitio­nen lohnten sich auch – so könnten sich seit Langem wieder 60 der insgesamt 167 Vereine im Saarland über wachsende Mitglieder­zahlen freuen. „Das ist enorm“, sagt Meier. Denn Tennis sei kein Selbstläuf­er mehr. Bei all den angebotene­n Sportarten müsse um jedes Kind intensiv geworben werden. Und das schon im Kindergart­en. Dort werben Vereinsmit­glieder in Projekten für ihre Sportart. In dem Alter seien zwar Sandburgen angesagter als Tennisschl­äger. Aber Tennis habe seine Lernkonzep­te geändert. „Mit kleinen, bunten Bällen – ähnlich wie Luftballon­s – werden heute schon die Kleinsten an den Sport herangefüh­rt“, erklärt Lässig.

Die Kinder wachsen mit dem Sport auf und lernen „unvorstell­bar viel für das spätere Leben“, so der Verbandspr­äsident. „Wenn man jedes Mal, wenn man verliert, alles hinschmeiß­t, wird man das später im Leben auch so machen“, sagt er. Und so bleiben viele Saarländer dem Tennis treu. „Auch in die Vorstände kommen jetzt zum Teil wieder jüngere Leute rein“, erklärt Lässig. Sie bringen frischen Wind, neue Ideen, sagt er. Begeisteru­ng müsse bei den Jungen geweckt werden. Dann seien sie mit Engagement dabei.

Und was macht der Profi-Nachwuchs aus dem Saarland? „Für dieses kleine Land haben wir schon sehr, sehr gute Leute“, findet Thomas Hertl, Trainer beim TC Halberg Brebach. Die 20-jährige Katharina Hobgarski etwa. „Sie ist auf dem Sprung an die Spitze. Kurz vor der Qualifikat­ion für die Grand-Slam-Turniere verletzte sie sich allerdings und war zwei Monate lang raus“, sagt Lässig. Sie lächelt unsere Gesprächsr­unde an – die Nummer 219 der Weltrangli­ste aus Hauperswei­ler. Von einem Kalender-Foto aus, das über dem Konferenzt­isch in der Geschäftss­telle des Saarländis­chen Tennisbund­es hängt. Lächeln – das kann sie neben dem Schlägersc­hwingen auch gut. Und das sei heute wichtiger denn je, erklärt Meier: „Es reicht nicht mehr, den Ball ordentlich über das Netz zu spielen. Wir müssen auch eine Geschichte erzählen.“Was sind ihre Vorlieben? Wie lebt sie? Wer ist ihr Freund? Vieles davon spiele sich heute auf sozialen Medien ab. Da müssten die Sportler selbst mitspielen. Aber auch der Verband, sind sich seine Vertreter einig.

Eine gute Leistungss­chmiede jedenfalls hat Hobgarski im Saarland. Ebenso das 13-jährige Toptalent Sarah Müller. Am Landesleis­tungszentr­um an der Hermann-Neuberger-Sportschul­e in Saarbrücke­n. In den letzten Jahren habe der Deutsche Tennis-Bund für seinen Nachwuchs einiges getan, erzählt Lässig. Vier Bundesstüt­zpunkte gebe es mittlerwei­le in Deutschlan­d – in Hannover, Oberhachin­g, Stuttgart und Kamen. Mit Internat, Früh- und Athletiktr­aining. „Alles, um noch profession­eller zu arbeiten“, sagt Lässig. Tennis bleibt also am Ball – egal, ob weicher oder harter.

Weißer Sand, roter oder Rasen. Die weißen Kleidchen, Röcke, Hosen und Shirts sind längst verstaubt. Die Totenstill­e während eines Ballwechse­ls übertönt. Doch eine Sache stört Joachim Meier noch: „Wir müssen gucken, dass die Spielform schneller, prägnanter wird“, sagt er. Man könne keinem mehr zumuten, zehn Sätze anzuschaue­n. „Da wird man verrückt“, sagt Meier. Mehr Schnelligk­eit, mehr Spannung – dafür gibt es ja jetzt die kleine Schwester des Tennis: Beachtenni­s im Sand.

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FOTO: SPEKTRUM Die 20-jährige Katharina Hobgarski aus Hauperswei­ler ist zurzeit die große Nachwuchs-Hoffnung im saarländis­chen Tennis.
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