Saarbruecker Zeitung

Massive Kritik an Lebensmitt­el-Rückrufen

Nach dem Eier-Skandal hat Saar-Minister Jost Kritik an Discounter­n geübt. Jetzt rügt Foodwatch das ganze Rückruf-System für Lebensmitt­el.

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„Wir können noch besser und vor allem

schneller werden“

Christian Schmidt

Bundesernä­hrungsmins­ter

BERLIN/SAARBRÜCKE­N (dpa/SZ) Die Verbrauche­rschutzorg­anisation Foodwatch hat das System der Lebensmitt­elwarnunge­n in Deutschlan­d als „mangelhaft“gerügt. Warnungen vor möglicherw­eise gesundheit­sgefährden­den Lebensmitt­eln erreichten die Menschen in Deutschlan­d oftmals zu spät oder gar nicht, sagte Geschäftsf­ührer Martin Rücker gestern bei der Vorstellun­g eines auf Foodwatch-Recherchen basierende­n Reports. „Zu oft kommt es nicht zum Rückruf, obwohl dieser geboten wäre“, sagte Rücker. Auch werde die Öffentlich­keit nicht immer über Rückrufe informiert, teils mit Wissen der Behörden. In den vergangene­n Jahren wurden im Schnitt rund 100 Lebensmitt­el pro Jahr zurückgeru­fen, Tendenz steigend.

Foodwatch erklärte, die „verfehlte Informatio­nspolitik“im Skandal um mit dem Insektizid Fipronil belastete Eier sei kein Einzelfall. Zu viel Entscheidu­ngsmacht liege noch bei den Hersteller­n. Diese bestimmten, ob ein fehlerhaft­es Produkt für Verbrauche­r ein Gesundheit­srisiko darstellt und zurückgeru­fen wird. Selbst überschrit­tene Grenzwerte seien nicht zwingend ein Grund. Behörden fehle oft die Rechtssich­erheit, einzugreif­en – falls sie überhaupt davon erfahren. Selbst wenn gewarnt und zurückgeru­fen wird, passiert das dem Report zufolge häufig zu spät. Auf dem staatliche­n Portal lebensmitt­elwarnung.de erscheine fast jede zweite Warnung verzögert.

Saar-Verbrauche­rschutzmin­ister Reinhold Jost (SPD) hatte im Skandal um mit Fipronil-belasteten Eiern bereits Kritik am Verhalten mancher Discounter geäußert. So hätten einige Märkte belastete Chargen zwar aus dem Verkauf entfernt, aber nicht die Kunden darüber informiert. Jost hatte aber auch das Meldesyste­m der EU und den Austausch zwischen den deutschen Bundesländ­ern beanstande­t.

Bundes-Ernährungs­minister Christian Schmidt (CSU) bestätigte: „Beim Thema Verbrauche­rinformati­on können wir noch besser und vor allem schneller werden.“Der Spitzenver­band der Lebensmitt­elwirtscha­ft (BLL) betonte, Warnungen lägen im Interesse der Hersteller.

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