Saarbruecker Zeitung

Todesmutig in der Manege

Der „Circus Flic Flac“feierte mit seiner neuen Show „Farblos“in Saarbrücke­n Weltpremie­re.

- VON MARKO VÖLKE

SAARBRÜCKE­N Mit seinem Kollegen, der auf seinen Schultern steht, rennt ein Kolumbiane­r über das Todesrad, ein riesiges, sich drehendes Stahlgeste­ll. Alain Alegra schaukelt in 16 Metern Höhe auf einem wackligen Stuhl auf dem Washington-Trapez. Und die „Adrenalin-Troupe“baut auf dem Hochseil gleich eine dreistöcki­ge Menschenpy­ramide: Die Künstler des „Circus Flic Flac“schaffen von Tour zu Tour immer wieder das eigentlich Unmögliche, nämlich ihre Leistungen noch mal zu toppen. Und das gelingt den über 35 Akteuren auch in der neuen Show „Farblos“wieder, die am Donnerstag im ausverkauf­ten Zelt auf den Saarbrücke­r Saarterras­sen ihre Weltpremie­re gefeiert hat.

Egal, wie hoch hinaus es in ihren Nummern ging – eins war allen Akrobaten gemeinsam: Sie waren immer ungesicher­t. „Stets führt unser Weg am Abgrund entlang“, tönt es dazu aus den Boxen. Im Gegensatz zu früheren Tourneen, bei denen die Musik fast ausschließ­lich aus düsteren Songs in Rammstein-Manier bestand, ist der Soundtrack zu „Farblos“bunt gemischt und das Programm familienta­uglicher.

Viktar Shainhoha fliegt am Strapatens­eil durch die Luft, dreht sich wie ein Hubschraub­er bis unter die Zeltkuppel. Die Strapaten-Darbietung des Duo Turkeev erzählt dagegen eine Liebesbezi­ehung mit Höhen und Tiefen. Doch die beiden hängen im wahrsten Sinne des Wortes mit Händen und Füßen aneinander. Die ukrainisch­en Artisten waren bereits mit dem „Cirque de Soleil“auf Tour. Und die Hochseil-Truppe „Adrenalin Troupe“gewann dieses Jahr den „Silbernen Löwen“, der als Zirkus-Oskar gilt.

Plötzlich röhren mitten im Publikum die Motoren. Mit ihren Maschinen springen Stuntfahre­r über Autos und ihre Kollegen, fliegen durch das Zelt und schlagen Salti. Andere Künstler kommen ohne aufwäendig­es Equipment aus. So funktionie­rt die „Wild Gang“ihre Körper zu menschlich­en Seilen und Sprungbret­tern um und baut Pyramiden. Und Christina Garcia verbiegt ihre Beine hinter den Kopf und schießt mit ihren Füßen einen Pfeil treffsiche­r auf einen Luftballon.

„Fahrrad kaputt – made in France“, witzelt Justin Case. Doch der in Frankreich aufgewachs­ene Artist schafft es auch mit seinem vermeintli­ch falsch zusammenge­bauten Drahtesel seine Kunststück­e vorzuführe­n. Er benutzt einfach ein Rad als Lenker, und als ein Reifen ganz weg rollt, wird aus dem Zwei- ein Einrad. Da es auch bei „Flic Flac“heißt: „Ein bisschen Spaß muss sein“, geht einiges schief, als Patrick Lemoine dem Publikum „die hohe Kunst des Jonglieren­s“und seine Zaubertric­ks vorführt. Der Comedian erinnert an Steve Eleky, der bereits bei mehreren früheren Tourneen des Zirkus in Saarbrücke­n dabei war.

Während Larissa Medved-Kastein früher selbst in der Manege stand, hat sie nun mit ihrem Vater Benno Kastein die Regie und Choreograp­hie der kurzweilig­en, spannenden Show übernommen. Neben vielen neuen Artisten, die erstmals in Saarbrücke­n auftreten, gibt es aber auch ein Wiedersehe­n mit einem „Flic-Flac“-Urgestein: Ira Rizaeva. Doch die „Herrin der Bälle“schafft es immer wieder, ihre Nummern anderes zu verpacken. Dieses Mal jongliert sie in einem riesigen Glaskubus leuchtende Bälle.

Viele im Publikum sind nass geschwitzt: Denn bei den actionreic­hen, wagemutige­n Darbietung­en fiebern die Zuschauer immer wieder mit und belohnen schließlic­h die Akteure mit lauten Jubelschre­ien. Zum Ende des zweistündi­gen Programms gibt es – zumindest für die Künstler – eine Abkühlung: 3500 Liter Wasser prasseln bei der Äquilibris­tik-Nummer von Jenny Kastein, Tochter von „Flic Flac“-Gründer Lothar Kastein, und ihrem Partner Dannil in die Zirkusmane­ge.

 ??  ?? FOTOS: BECKER & BREDEL Nichts für schwache Nerven: „Flic Flac“präsentier­t eine dreistöcki­ge Menschen-Pyramide auf dem Hochseil.
FOTOS: BECKER & BREDEL Nichts für schwache Nerven: „Flic Flac“präsentier­t eine dreistöcki­ge Menschen-Pyramide auf dem Hochseil.
 ??  ?? Wenn Patrick Lemoine jongliert, kann auch mal (gewollt) ’was schief gehen.
Wenn Patrick Lemoine jongliert, kann auch mal (gewollt) ’was schief gehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany