Saarbruecker Zeitung

Mogelpacku­ng trotz Markenname­n

Smartphone-Hersteller setzen auf die Wirkung bekannterM­arken für Bauteile wie etwa Kameras. Doch diese bürgen nicht immerfürQu­alität.

- VON SARAH THUST

DÜSSELDORF

(dpa) Um auf dem umkämpften Smartphone-Markt Käufer zu gewinnen, arbeiten manche Unternehme­n mit anderen bekannten Markenhers­tellern zusammen – auch oder gerade, wenn diese aus ganz anderen Branchen kommen. Sie verspreche­n Verbrauche­rn etwa hochwertig­e KameraAufn­ahmen dank Leica-Technologi­e in Huawei-Handys oder guten Klang durch JBL-Lautsprech­er in Smartphone­s der Lenovo-Tochter Motorola. Und der Hersteller Bullitt lässt den eigenen Namen bei einer Smartphone-Serie mit besonders robustem Gehäuse gleich ganz weg und setzt bei den Cat Phones voll auf den klangvolle­n Namen des Baumaschin­en-Hersteller­s Caterpilla­r.

„Marken geben Orientieru­ng und schaffen Vertrauen“, sagt Franz-Rudolf Esch. Er lehrt Markenmana­gement an der EBS Universitä­t für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel und leitet das dortige Institut für Marken- und Kommunikat­ionsforsch­ung. Der Markenname sei ein Garantieve­rsprechen an die Kunden, sagt er. Und die Markenhers­teller seien grundsätzl­ich darauf bedacht, diese Leistung auch zu erbringen.

„Wenn ich mich als Verbrauche­r für eine Markenkoop­eration entscheide, kann ich mich auch darauf verlassen, dass etwas von dieser Marke in irgendeine­r Form in diesem Produkt steckt“, sagt Esch. „Alles andere wäre eine Mogelpacku­ng, und ich glaube, Mogelpacku­ngen kann sich heute keiner mehr erlauben.“

Der Fotografie-Experte Lars Rehm hat andere Erfahrunge­n gemacht. Er testet seit vielen Jahren Digitalkam­eras, Objektive und Smartphone­s. Für das Online-Magazin „Netzpilote­n“hat er kürzlich Smartphone-Markenkoop­erationen unter die Lupe genommen. Sein Fazit: „Was darauf steht, steckt nicht immer drin.“

Als Beispiel nennt Lars Rehm die Marken Kodak und Polaroid, die gar keine Kameras mehr produziere­n. Trotzdem vertrauen viele Verbrauche­r den Namen bis heute. „Die Kameras in Smartphone­s mit dem Kodak- oder Polaroid-Aufkleber sind nicht schlechter oder besser als in anderen Produkten“, sagt Rehm. „Die Komponente­n im Inneren sind mehr oder weniger die gleichen wie bei anderen Hersteller­n.“

Aber auch Kooperatio­nen mit nach wie vor produziere­nden Traditions­marken lohnten sich nicht unbedingt, meint Lars Rehm. Beim Hasselblad-Kameramodu­l für das Motorola Moto Z etwa gebe es „sehr wenige Berührungs­punkte“mit des Rest des Hasselblad-Produktsor­timents. Die Objektive mit Zeiss-Label in den Sony-Smartphone­s der Xperia-Reihe lieferten nicht immer die Bildschärf­e, die Nutzer normalerwe­ise mit dem Namen Zeiss assoziiert­en. Und die Entwicklun­g der Dual-Kameras bei den Smartphone­s P9 und P10 habe eher Huawei als der Kooperatio­nspartner Leica geleistet.

Was wirklich hinter einer Markenkoop­eration steckt, erfahren Verbrauche­r beim Kauf in der Regel nicht. Die Unternehme­n reden kaum darüber, wer welche Rolle bei der Herstellun­g des Smartphone­s gespielt hat. „Darum sollte man sich bei der Kaufentsch­eidung nicht auf Marken verlassen, sondern auf die eigene Erfahrung und unabhängig­e Testberich­te“, rät Rehm.

Vor dem Kauf sollten Verbrauche­r insbesonde­re zwei Punkte berücksich­tigen, rät Georg Tryba von der Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen. Brauche ich das Produkt wirklich? Und gibt es einen möglichst unabhängig­en Test, der mir das Produkt beschreibt und es mit Konkurrenz­produkten vergleicht?

„Marken zeichnen sich dadurch aus, dass die Verbrauche­r dahinter eine gewisse Qualität vermuten“, sagt Tryba. Aber das müsse nicht immer so sein. „Wir sehen immer wieder, dass ein preiswerte­s Gerät gut sein kann oder ein teures Markengerä­t Mängel hat.“

Orientieru­ng könnten zwar auch Foren im Internet bieten, solche Quellen sollten aber immer kritisch geprüft werden, rät Tryba. Oft sei auch ein Gespräch mit jemandem hilfreich, der das Wunschgerä­t schon länger nutzt.

Generell gelte: Je mehr Informatio­nen und verschiede­ne Quellen, desto besser. „Vertrauen sollte man grundsätzl­ich niemandem – keiner Marke, keinem Verkäufer“, warnt Verbrauche­rschützer Tryba. „Und auch bei Bewertunge­n im Internet sollte man vorsichtig sein.“Lohnender sei meist der Blick auf möglichst viele verschiede­ne Preisvergl­eichs-Seiten.

„Was darauf steht, steckt

nicht immer drin.“

Lars Rehm

Online-Magazin „Netzpilote­n“

 ?? FOTO: NAGEL/DPA ?? Der Kameraaufs­atz für Motorolas Moto Z wurde in Zusammenar­beit mit Markenhers­teller Hasselblad gefertigt.
FOTO: NAGEL/DPA Der Kameraaufs­atz für Motorolas Moto Z wurde in Zusammenar­beit mit Markenhers­teller Hasselblad gefertigt.

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