Saarbruecker Zeitung

Neue Hoffnung in neuer Heimat

„Die Kinder des Fechters“wecken in einem verzweifel­ten Mann die Lebensgeis­ter.

-

SAARBRÜCKE­N

(ry) Wegen seiner „deutschen Vergangenh­eit“ist Endel (Märt Avandi) auf der Flucht vor der Geheimpoli­zei und gezwungen, die Elite-Sportunive­rsität in Leningrad zu verlassen sowie eine Stelle als einfacher Lehrer in der Provinz anzunehmen. Ohne Erfahrung mit Kindern und um all seiner Ziele beraubt, kann er seinem Leben nicht mehr viel Positives abgewinnen. Er findet einen Haufen armselig anmutender Kinder vor, ohne passende Kleidung, unterernäh­rte Waisen, Kinder von Kriegswitw­en oder Müttern, deren Ehemänner in den Gulag deportiert wurden. Als Teil seiner Pflichten für die Partei obliegt es Endel jedoch, an der neuen Schule einen freiwillig­en Sportklub für die Kinder zu organisier­en.

Nach einigen gescheiter­ten Versuchen besinnt er sich darauf, den Kindern das Einzige beizubring­en, für das er jemals eine Leidenscha­ft empfand: Fechten. Doch diese Entscheidu­ng führt unweigerli­ch zu einem Konflikt mit dem Schuldirek­tor. Der zynische Bürokrat, dem Loyalität gegenüber der Partei und die strikte Einhaltung politische­r Regeln wichtiger sind als die Ausbildung und Entwicklun­g der Kinder, sieht in diesem Sport ein feudales Überbleibs­el der Aristokrat­ie. Er legt Endel stetig Steine in den Weg. Doch mit jedem Hindernis, das dieser und die Kinder gemeinsam überwinden, wächst Endels Empathie für sie. Dabei steht ihm seine Kollegin Kadri (Ursula Ratasepp) treu zur Seite. Als die Kinder ihn drängen, an einem großen Wettbewerb in Leningrad teilnehmen zu dürfen, muss er sich entscheide­n: Soll er dem Wunsch der Kinder nachkommen und dabei riskieren, verhaftet zu werden, oder ihre Hoffnungen enttäusche­n?

„Die Kinder des Fechters“baut auf der Lebensgesc­hichte von Endel Nelis (1925-1993) auf, einem aus Estland (das damals noch zur UdSSR gehörte) stammenden Fechter, der in der kleinen Stadt Haapsalu in den 50er-Jahren eine Fechtschul­e gründete. Den Fechtklub gibt es noch heute, und zahlreiche Erfolge wie Weltmeiste­rtitel und Olympische Medaillen haben ihm internatio­nalen Ruhm eingebrach­t. Der Film wurde 2016 für einen „Golden Globe“als bester fremdsprac­higer Film nominiert.

Hauptdarst­eller Märt Avandi ist ein echtes Multitalen­t. In seiner Heimat Estland machte er sich nicht nur einen Namen als Filmund Theatersch­auspieler. Im Jahr 2008 saß er auch in der Jury der estnischen Variante von „Deutschlan­d sucht den Superstar“. Des Weiteren führte er in seinem Land durch den Vorentsche­id zum Eurovision Song Contest 2010 und moderierte mit Anke Engelke die 23. Verleihung des „Europäisch­en Filmpreise­s“.

 ??  ?? Der von der Geheimpoli­zei gesuchte Endel (Märt Avandi) flieht aus Leningrad in die estnische Stadt Haapsalu. Dort fängt er als Lehrer an und lernt seine neue Kollegin Kadri (Ursula Ratasepp) kennen.
FOTO: BR
Der von der Geheimpoli­zei gesuchte Endel (Märt Avandi) flieht aus Leningrad in die estnische Stadt Haapsalu. Dort fängt er als Lehrer an und lernt seine neue Kollegin Kadri (Ursula Ratasepp) kennen. FOTO: BR

Newspapers in German

Newspapers from Germany