Wie es die Deutschen mit dem Sex halten
Männer sind aktiver, Frauen treuer – eine neue Studie gewährt Einblicke in die Betten der Deutschen. Aber Vorsicht: Einige Befragte haben vielleicht ein wenig geschummelt.
BRAUNSCHWEIG
(dpa) Da ist er wieder, der kleine – oder große – Unterschied: Männer in Deutschland haben nach eigenen Angaben im Leben im Schnitt schon mit zehn Partnerinnen geschlafen, Frauen aber nur mit fünf Partnern. So lautet zumindest ein Ergebnis einer repräsentativen Studie zum Sexualverhalten in Deutschland. Für die Untersuchung, die im „Deutschen Ärzteblatt“veröffentlicht wurde, wurden 2524 Menschen ab 14 Jahren per Fragebogen befragt. Und Denkwürdiges kam heraus.
Zehn zu fünf? Auch wenn Männer sich wohl eher gerne als Verführer begreifen und Frauen als schwer zu erobern, so scheint das Verhältnis erstaunlich hoch und ist statistisch kaum zu erklären. Neu sind diese Unterschiede nicht: Solche Diskrepanzen hätten sich in der bisherigen Sexualforschung auch schon ergeben, schreiben die Forscher um die Erstautorin Julia Haversath von der Technischen Universität Braunschweig. Beteiligt waren auch Psychologen aus Hildesheim, Jena und Hannover.
Woher kommen die Unterschiede? Beim Antworten schummelten die Befragten vermutlich etwas, meinen die Psychologen, drücken es aber wissenschaflicher aus. „Selbstwertdienliche Verzerrungen und geschlechtsspezifisches Antwortverhalten“könnte zu den unterschiedlichen Angaben beigetragen haben. Arne Dekker vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der nicht an der Studie beteiligt war, hat eine ähnliche Erklärung: „Sie inszenieren damit auch ihre Geschlechterrollen“, sagt er. Manche Männer glauben, es sei attraktiv und gesellschaftlich anerkannt, viele Sexpartner zu haben, bei Frauen sei oft das Gegenteil der Fall. Dass Männer doppelt so viele Partnerinnen im Bett haben sollen wie Frauen Partner sei aber durchaus „ein großer Unterschied“, räumt Dekker ein. „Man würde ja denken, es sollte irgendwie aufgehen.“
Einer der statistischen Faktoren könnte sein, dass acht Prozent der befragten Männer schon zu Prostituierten gegangen sind. Diese Gruppe hatte im Mittel mit vier Prostituierten sexuellen Kontakt. Die Forscher fragten zudem nicht, ob die Teilnehmer Sex im Ausland hatten.
Neben dem sexuellen Selbstbild der Befragten, die im Schnitt 48,5 Jahre alt waren, gibt es noch weitere Erkenntnisse aus den Betten der Republik: Die große Mehrheit der Männer (86 Prozent) und Frauen (82) gaben an, heterosexuell zu sein. Fünf Prozent der Männer und acht Prozent der Frauen hatten schon einmal gleichgeschlechtliche Kontakte. Jeweils ein Prozent gab an, rein homosexuell zu sein.
Am sexuell aktivsten ist erwartungsgemäß die Gruppe der 25- bis 29-Jährigen. In diesem Alter haben Männer nach eigenen Angaben im Schnitt 60 Mal Vaginalverkehr pro Jahr, Frauen 47 Mal. Danach sinkt die Häufigkeit stetig ab: Männer im Alter von 50 bis 59 Jahre haben demnach 34 Mal pro Jahr solchen Sex, Frauen 22 Mal.
Und wie steht es mit der Treue? Auch hier gibt es Unterschiede: Rund jeder fünfte Mann (21 Prozent) ist in einer Partnerschaft schon einmal fremd gegangen. Bei den Frauen betrug der Anteil 15 Prozent. Mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent) hatte ein festen Partner. Noch ein Detail: 76 Prozent verhüten in ihrer Beziehung nie mit Kondomen.
Hintergrund der Befragung: Nach Angaben der Autoren fehlen in Deutschland bevölkerungsbasierte Daten zur Häufigkeit von verschiedenen sexuellen Verhaltensweisen. Die aber seien wichtig, „besonders in Bezug auf die Prävention und Behandlung sexuell übertragbarer Infektionen“. Entsprechende Sorgen macht den Forschern eine kleine Gruppe der Befragten (2,5 Prozent): Sie gaben an, während ihrer aktuellen Beziehung oder auch als Singles sexuelle Außenkontakte zu haben – ungeschützt. Sie seien somit einer höheren Gefahr ausgesetzt, an einer sexuell übertragbaren Infektion wie HIV, Gonorrhö oder Syphilis zu erkranken, sagen die Wissenschaftler – und mahnen zu sicherem Sex.