Start ins WM-Jahr ohne Dortmunder
Joachim Löw will sich so schnell wie möglich für Russland qualifizieren. Sein Personal-Puzzle löst er ganz elegant.
FRANKFURT (sid) Joachim Löw hat das knifflige Luxuspuzzle aus etablierten WM-Stars und forschen Confed-Cup-Siegern vorerst elegant gelöst. Der Bundestrainer geht mit sieben Weltmeistern und insgesamt 17 Confed-Cup-Fahrern in die neue Länderspiel-Saison, die am 15. Juli 2018 in Moskau mit dem erneuten WM-Triumph der deutschen Fußball-Nationalmannschaft enden soll. Härtefälle gibt es auch aufgrund von Verletzungen derzeit kaum – lediglich das Fehlen von Shkodran Mustafi (FC Arsenal) ist bemerkenswert.
Hingegen sind Thomas Müller, Mats Hummels, auch Mesut Özil, Sami Khedira und Toni Kroos nach ihrer Sommer-Pause gegen Tschechien in Prag am 1. September und gegen Norwegen in Stuttgart drei Tage später selbstverständlich dabei – das Gerüst der Weltmeister-Elf. Die zuletzt angeschlagenen Manuel Neuer und Jerome Boateng (beide Bayern München) dürfen in der WM-Qualifikation regenerieren.
Für den 24er-Kader hatte Löw aus mindestens 45 ernsthaften Kandidaten auswählen können, Freifahrtscheine, das betont er immer wieder, gibt es keine. „Im Moment zählen für mich die Titel der Vergangenheit nicht, so sehr wir uns alle über die Erfolge im Sommer gefreut haben“, sagte der Bundestrainer: „Am Ende dieser Saison wartet mit der Weltmeisterschaft in Russland der absolute Höhepunkt auf uns.“Dort, logisch, „wollen wir wieder den Titel gewinnen, diesem großen Ziel werden wir wie bisher konsequent alles unterordnen“.
Mit auf den Weg nach Moskau geht erwartungsgemäß der Confed-Cup-Kapitän Julian Draxler. Er und Matthias Ginter werden von weiteren 15 Spielern aus dem Siegerteam flankiert: zu ihnen gehören Timo Werner, Sebastian Rudy, Lars Stindl und Amin Younes. Alle haben in Russland auf sich aufmerksam gemacht und erhalten jetzt eine weitere Bewährungschance – im Gegensatz zu Sandro Wagner, Diego Demme, Marvin Plattenhardt oder Kerem Demirbay.
Es wird ernst, die Zeit der Experimente ist vorbei. „Wir wollen uns schnell als Tabellenerster für die WM qualifizieren, daher kann unser Ziel für die beiden Spiele nur lauten, sie zu gewinnen“, betonte Löw. Deutschland führt die Gruppe C nach sechs Spielen ohne Punktverlust an – vor Nordirland (13 Punkte), Tschechien (9), Aserbaidschan (7), Norwegen (4) und San Marino (0). Der letzte Schritt zur WM ist der erste zum Titel.
Löw warnt besonders vor Tschechien, das noch einmal in Reichweite der Weltmeister kommen könnte. „In Prag wird es für die Tschechen um alles oder nichts gehen“, sagte er: „Sie haben in der bisherigen Qualifikation erst das eine Spiel gegen uns verloren. Sie werden uns alles abverlangen, nicht nur im kämpferischen Bereich.“
Dennoch dürfte am WM-Ticket kein Zweifel bestehen. Somit ist Löws erstes Aufgebot der Saison ein wichtiger Fingerzeig für die Weltmeisterschaft. Der Bundestrainer muss gestandene Weltmeister, die Besten vom Confed Cup und die Perlen der U21-Europameister zu einem Team verschmelzen, das erneut den Titel holen kann. Einziger Spieler aus dem EM-Aufgebot der U21 ist zunächst Serge Gnabry (1899 Hoffenheim). Auch Mario Gomez vom VfL Wolfsburg hat seinen Platz.
Was Löw die Arbeit erleichterte: Es gab einige Zwänge – und die kommen allesamt aus Dortmund. Die Borussia ist mit keinem Spieler im Aufgebot vertreten. Mario Götze beispielsweise hat gerade erst seine Bundesliga-Rückkehr nach sieben Monaten gefeiert. Drei weitere BVB-Profis sind verletzt: Marco Reus, André Schürrle und Julian Weigl, andere spielen in Löws Gedanken keine Rolle. Ilkay Gündogan (Manchester City) fehlt Spielpraxis. Einige knifflige Fragen sind also aufgeschoben. Löws Luxuspuzzle wird noch schwieriger werden.