Saarbruecker Zeitung

Die SPD und die Investitio­nspflicht

Die Partei will einen Mindestant­eil des Haushalts für staatliche Gelder für Infrastruk­tur und Bildung festschrei­ben. Aber so einfach ist das nicht. Serie, Teil 10.

- Produktion dieser Seite: Pascal Becher Frauke Scholl

BERLIN (kol) Alle Parteien haben in ihren Wahlprogra­mmen markante und zum Teil auch ungewöhnli­che Ideen parat, die wir in dieser Serie testen. Heute: Die Investitio­nspflicht des Staates im „Zukunftspl­an“der SPD.

Die Idee: Die SPD will eine „Mindestdre­hzahl“für staatliche Investitio­nen erreichen und meint damit eine Vorgabe, dass ein bestimmter Teil des Haushalts für Verkehrswe­ge, digitale Infrastruk­tur oder auch Bildungsei­nrichtunge­n ausgegeben werden muss. Vor allem dann, wenn es Haushaltsü­berschüsse gibt. Das soll in der mittelfris­tigen Finanzplan­ung verankert werden. Dahinter steckt der Vorwurf, dass es Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) mit der „Schwarzen Null“übertriebe­n habe, weil er nicht alle Überschüss­e ausgab, sondern zum Teil auch in Rücklagen oder die Schuldenti­lgung steckte. Gleichzeit­ig gibt es aber einen riesigen Investitio­nsstau. Es müsse wieder „die richtige Balance zwischen tragfähige­r Haushaltsp­olitik und dem Erhalt und Ausbau der öffentlich­en Infrastruk­turen“geben, meinen die Sozialdemo­kraten. Die Investitio­nspflicht ist für sie die Kehrseite der Schuldenbr­emse. Ähnlich wie ein Hausbesitz­er weder vernünftig handelt, wenn er sich überschuld­et, noch wenn er zu wenig in die Modernisie­rung seines Gebäudes steckt. Zugleich will die SPD so dem Ruf der anderen europäisch­en Nationen nach mehr Investitio­nen in Deutschlan­d entgegenko­mmen.

Der Haken: Die Investitio­nspflicht würde die Rückzahlun­g von Schulden auf die lange Bank schieben. Zwar ist der deutsche Schuldenst­and durch das Wachstum auch so auf absolut erträglich­e 68 Prozent des Bruttosozi­alprodukts gesunken, doch liegt das immer noch über der Maastricht-Quote von 60 Prozent. Eine gesetzlich­e Regelung, Überschüss­e auszugeben, würde also bedeuten, dass man die Euro-Regeln absichtlic­h bricht, obwohl man anders könnte. Noch problemati­scher ist, dass das Geld womöglich nicht immer sinnvoll ausgegeben werden kann. Zuletzt waren die Ausgaben schon stark gesteigert worden. Mehr geht kaum, weil in den Ländern und Kommunen die Planungska­pazitäten fehlen. Und die Bauwirtsch­aft arbeitet schon am Anschlag. Eine gesetzlich­e Festlegung könnte leicht dazu führen, dass Baufirmen die Preise anheben. Also zu Mitnahmeef­fekten. Oder zu öffentlich­er Verschwend­ung.

Die Bewertung: Zwar ist richtig, dass bislang zu wenig investiert wurde, doch sollten Art und Umfang der Ausgaben Gegenstand politische­n Streits bleiben. Also in der Kompetenz der Parlamente liegen, statt gesetzlich festgelegt zu sein. Argumente für höhere öffentlich­e Investitio­nen gibt es auch so genug.

In der Form keine gute Idee.

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