Saarbruecker Zeitung

Die schicksalh­afte Fahrt durch die Pariser Nacht

Die Nachricht versetzte das Königreich 1997 in einen Schock: Prinzessin Diana ist bei einem Autounfall in Frankreich gestorben.

- VON KATRIN PRIBYL Produktion dieser Seite: Frauke Scholl, Robby Lorenz Joachim Wollschläg­er, Michaela Heinze

LONDON Weiße Rosen, Narzissen und ein Meer von Vergissmei­nnicht – in zurückhalt­ender Kulisse zollten die Prinzen William und Harry gestern ihrer Mutter Tribut, einen Tag vor dem 20. Todestag von Prinzessin Diana. Gemeinsam mit Herzogin Kate trafen sie im „Weißen Garten“, der im Gedenken an Diana vor dem Kensington-Palast angelegt wurde, auf Vertreter von Hilfsorgan­isationen, die ihre Mutter in den letzten Jahren ihres Lebens unterstütz­t hat. An den Gittern vor dem Palast hingen bereits etliche Fotos der „Königin der Herzen“, Fans zündeten Kerzen an und legten Blumen ab in Erinnerung an ihre „Ikone“, die am 31. August 1997 auf tragische Weise ihr Leben verlor.

Es war eigentlich als Ausklang ihres romantisch­en Urlaubs an der Riviera gedacht, als Diana und ihr Freund Dodi Al Fayed nach ihrer Ankunft in Paris an jenem schicksalh­aften Samstagabe­nd noch in einem Restaurant essen gehen wollen. Wie immer verfolgt Blitzlicht­gewitter das Paar, und so entscheide­n sich die beiden, doch im Luxushotel Ritz an der Place Vendôme zu speisen. Kurz nach Mitternach­t beschließe­n sie, zu seiner Wohnung nahe den Champs-Élysées zu fahren. Um den vor dem Hotel wartenden Paparazzi zu entwischen, machen sie sich auf zum Hintereing­ang. Überwachun­gskameras zeigen das Paar scherzend im Aufzug, in der Lobby legt der 42-jährige Ägypter Al Fayed den Arm um die Hüfte seiner 36-jährigen Prinzessin. Der Mercedes mit Chauffeur Henri Paul wartet bereits.

Gegen 0.20 Uhr fährt die Limousine los, Diana und Dodi auf der Rückbank, Bodyguard Trevor Rees-Jones auf dem Beifahrers­itz. Mindestens ein Fotograf hat da bereits seine Verfolgung­sjagd auf einem Motorrad aufgenomme­n, mehr sollen folgen. Paul rast durch die Pariser Nacht, entlang der Seine – es ist eine Flucht vor den immer mehr werdenden Kameras. Den Blitzen. Den neugierige­n Blicken. Mit fast 200 Stundenkil­ometern taucht er in den Tunnel Pont de l’Alma hinein, es ist 0.25 Uhr. Der Fahrer verliert die Kontrolle, der Wagen kracht gegen den 13. Betonpfeil­er und überschläg­t sich. Keiner der Passagiere ist angeschnal­lt. Dodi Al Fayed und der Fahrer sind auf der Stelle tot. Diana und der Sicherheit­smann leben noch, als die Rettungskr­äfte um 0.30 Uhr eintreffen. „Mein Gott, was ist passiert?“, soll die verletzte Prinzessin gefragt haben, bevor sie das Bewusstsei­n verliert. Paparazzi versammeln sich da längst am Unglücksor­t, von denen einige noch in der Nacht festgenomm­en werden. „Sie hatte sehr schwere Kopfverlet­zungen, doch sie lebte noch“, sagte Prinz Harry in einer kürzlich ausgestrah­lten Dokumentat­ion. „Aber genau die Leute, die den Unfall verursacht hatten, halfen ihr nicht, sondern fotografie­rten stattdesse­n, wie sie auf der Rücksitzba­nk starb.“

Es dauert eine Weile, bis die eingeklemm­te Diana aus dem Wagen befreit werden kann. Sie erleidet einen Herzstills­tand, wird wiederbele­bt und um halb zwei nachts ins Krankenhau­s gebracht. Doch die Verletzung­en sind zu schwer: Um 4 Uhr morgens wird Diana offiziell für tot erklärt. Nur der Bodyguard überlebt.

Um 4.41 Uhr kommt die Nachricht via Presseagen­tur im Königreich an. Und schon am Morgen werden die fassungslo­sen Briten von ihren Gefühlen übermannt. Am frühen Abend des 31. August wird Dianas Sarg, begleitet von Prinz Charles, mit der Royal Air Force nach London gebracht und in der königliche­n Kapelle des St. James’s Palasts aufgebahrt. Es folgen sieben Tage voller Schock, Trauer und öffentlich­er Anteilnahm­e, die noch Jahre später als beispiello­s gelten. Es waren sieben Tage, „die die Welt bewegten“, wie die BBC meinte.

Zahlreiche Verschwöru­ngstheorie­n machten im Anschluss die Runde. So hieß es etwa, die Königsfami­lie habe aus Angst vor einem Skandal selbst den Tod von Diana angeordnet, weil sie von Dodi schwanger gewesen sein soll. Auch Gerüchte, der britische Auslandsge­heimdienst MI6 habe etwas mit ihrem Unfalltod zu tun, hielten sich hartnäckig. Dabei ergab die Autopsie des Chauffeurs später, dass Henri Paul nicht nur viel zu schnell fuhr, sondern auch betrunken war und Anti-Depressiva genommen hatte. Steif, unnahbar, kaltherzig wirkte die Königsfami­lie tagelang nach Dianas Tod. Sie blieb zurückgezo­gen im schottisch­en Balmoral und verzichtet­e auf jede öffentlich­e Reaktion. Kein Wunder, denn das Verhältnis zu Charles’ Ex-Frau war nach dem Rosenkrieg erschütter­t. Doch das Volk und die Medien machten Druck, wollten royale Trauer sehen. Die Treue zur Monarchie drohte zu brechen. Und der Palast reagierte – mit einer neuen Öffentlich­keitsarbei­t, die bis heute nachwirkt. Erster Schritt war die TV-Ansprache der Queen am Tag vor Dianas Beisetzung. Dann wurde die verschlafe­ne PR-Abteilung von Profis modernisie­rt. Ihr Ziel seither: positive Informatio­nen, schöne Geschichte­n. Die Offensive trug Früchte: Die Briten stehen heute fest hinter den Windsors. Vor allem Prinz William, Ehefrau Kate und die Kinder George und Charlotte sorgen heute für die perfekte royale PR.

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FOTO: BOUSSEL/DPA Paris, vor 20 Jahren: Die völlig zerstörte Limousine nach dem Unfall. Prinzessin Diana, ihr Freund Dodi Al Fayed und der Fahrer sind dabei gestorben.

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