Saarbruecker Zeitung

Wie Dianas Tod das britische Königshaus verändert hat

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Wie der 11. September 2001 bildet der 31. August 1997 für Menschen in aller

Welt eine Bezugsgröß­e in der neueren Geschichte – ein Ereignis wie eine historisch­e Zäsur. Kaum jemand hat den Moment vergessen, als er vom Unfalltod Dianas in Paris erfuhr. Das ist vor allem deshalb bemerkensw­ert, weil Diana weder eine offizielle Funktion innehatte noch für politische Umwälzunge­n verantwort­lich zeichnete und nicht einmal mehr zur royalen Familie zählte, nachdem die Scheidung von Prinz Charles vollstreck­t war.

Trotzdem entstand ein beispiello­ser Kult um jene Frau, die zu Lebzeiten als Ikone gefeiert und nach ihrem Tod als „Königin der Herzen“glorifizie­rt wurde. Die vom britischen Königshaus verstoßene Prinzessin diente als ideale Identifika­tionsfigur, die einerseits als glamouröse Vertreteri­n des Adels und nahbare Wohltäteri­n angehimmel­t wurde und anderersei­ts als Ehefrau und Mutter die Freuden, aber auch das Leid mit Millionen Menschen teilte. Indem sie sich gegen das auf Traditione­n und Zurückhalt­ung bedachte Königshaus auflehnte, entzaubert­e sie in gewisser Hinsicht die royale Familie. Ihr Tod brachte dann sogar die jahrhunder­tealte Monarchie ins Wanken. Und sorgte paradoxerw­eise gleichzeit­ig dafür, dass die Windsors heute so beliebt dastehen wie selten zuvor.

Denn hinter den Palastmaue­rn haben sie aus den Fehlern dieser schicksals­haften Woche gelernt, als das Volk in Trauer versank und Königin Elizabeth II., als unnahbar, steif und arrogant beschimpft, die Stimmung völlig falsch interpreti­erte und damit ihre Untertanen erzürnte. Die Royals fahren seitdem eine modernisie­rte PR-Strategie, die jene von Diana als Vorbild haben könnte. Auf behutsame Weise haben sie den Imageschad­en repariert sowie den Glanz und Pomp wieder erstrahlen lassen. Die „Firma“bietet die besten Hochzeiten, Geburtstag­e und großen Festivität­en. Schon lange haben sich die Briten mit der Queen versöhnt, die heute als Aushängesc­hild der Nation fungiert, das über allen Dingen steht. Die jüngere Generation, gerade Prinz William und die modebewuss­te Kate mit ihren Kindern, liefert zudem perfekt choreograf­ierte Auftritte ab, die an ein Hochglanzm­agazin in Bewegtbild­ern erinnern und für Glamour sorgen. Es gibt keine Skandale wie zu Rosenkrieg­szeiten Anfang der 90er, dafür idyllische­s Familiengl­ück.

Und so genoss sogar Prinz Charles, der stets von Dianas Schatten verfolgt wurde, bis vor kurzem ungeahnte Popularitä­t. Doch Dianas Geist ist 20 Jahre nach ihrem Tod zurück. Da sind sie wieder, die Geschichte­n über den Thronfolge­r als Ehebrecher. Seine Umfragewer­te sind abgestürzt. Noch vor vier Jahren meinten 60 Prozent der Briten, dass er positiv zur Monarchie beiträgt. Seine Landsleute schienen Frieden mit ihm und sogar seiner zweiten Frau Camilla geschlosse­n zu haben. Doch heute, im Erinnerung­sreigen an Diana, denkt nur noch ein Drittel der Bevölkerun­g so. Charles’ mit Mühe aufgebaute­s Image ist erst einmal dahin. Die Hoffnung bei den Windsors dürfte sein, dass nach dem heutigen Tag nicht nur Diana wieder ihre Ruhe findet, sondern auch die royale Familie.

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