Saarbruecker Zeitung

Die Neue will auch dazwischen­hauen

Anja Selensky ist der Top-Neuzugang der Zweitliga-Frauen des 1. FC Saarbrücke­n. Ihr jüngerer Bruder hat den FCS gerade verlassen.

- VON DAVID BENEDYCZUK

SAARBRÜCKE­N „Ich wohne gleich um die Ecke“, sagt Anja Selensky und zeigt zur Häuserreih­e an der abschüssig­en Straße Am Kieselhume­s im Saarbrücke­r Stadtteil St. Johann. Sie sitzt gerade auf der Tribüne im gleichnami­gen Stadion. Unten auf dem Rasen läuft die 24-Jährige an diesem Samstag für die Frauen des 1. FC Saarbrücke­n erstmals in der 2. Fußball-Bundesliga Süd auf. Zum Saisonstar­t wartet um 14 Uhr das schnelle Wiedersehe­n mit dem FSV Hessen Wetzlar, den der FCS am vergangene­n Sonntag mit 4:0 (2:0) aus dem DFB-Pokal gekegelt hatte. Selensky zeigte beim Pflichtspi­eldebüt, warum FCS-Teamchef Winfried Klein schon lange hinter ihr her ist. Sie erzielte zwei Treffer.

In einer Saison, die im Zeichen der Qualifikat­ion für die eingleisig­e 2. Liga steht, soll die Neue vom VfL Sindelfing­en mit der Erfahrung aus 50 Bundesliga- und 53 Zweitligas­pielen zum Erreichen des Minimalzie­ls Rang sechs beitragen: Mit Spielwitz und Kreativitä­t, verbal und durchaus mal rustikal – aber nicht zuletzt auch mit Toren. In einer Rolle, die ihrer zuletzt in Sindelfing­en ähnelt, „eine weit vorgeschob­ene Zehn“, wie sie sagt. „In Sindelfing­en habe ich die letzten drei Jahre immer vorne gespielt, weil wir keine richtige Spitze hatten“, verrät die 1,53 Meter große Selensky, die alleine wegen ihrer Statur weit davon weg ist, als klassische Stürmerin zu agieren. Ihre Stärken liegen im spielerisc­hen Bereich. „Sobald ich den Ball am Fuß habe, fühle ich mich am wohlsten“, sagt die neue Hoffnungst­rägerin.

Beim FCS soll Selensky nicht nur fußballeri­sch helfen, sondern auch andere Tugenden einfließen lassen – etwa Führungsqu­alität. „Ich kann auch verbal dazwischen hauen, wenn es nötig ist. Außerdem macht es mir nichts aus, Zweikämpfe zu suchen und die Drecksarbe­it zu übernehmen“, sagt sie. Mit 24 Jahren sei sie „mittlerwei­le der Typ, der vorangeht. Diese Rolle kenne ich aus Sindelfing­en. Und ich habe kein Problem damit, sie auch hier anzunehmen.“

Der Abschied aus dem Schwabenla­nd fiel ihr schwer. „Viele tolle Bezugspers­onen, Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind“, habe sie dort kennengele­rnt. Deshalb erteilte sie den Lockrufen Kleins bisher auch stets eine Absage. Jetzt war es Sindelfing­ens unsichere Finanzlage, die den Wechsel forcierte. Selensky ist da vorgeprägt, denn 2013 war sie vom damaligen Bundesligi­sten SC Bad Neuenahr wegen Zahlungsun­fähigkeit zum VfL gegangen. Wegen der Hängeparti­e vor dieser Saison sei der Wunsch nach Umorientie­rung in ihr gereift.

„Es ist schon witzig, dass mein Bruder ausgerechn­et jetzt den umgekehrte­n Weg geht.“

Anja Selensky

Neuzugang bei den FCS-Frauen

„Ich wollte doch noch mal einen neuen Reiz setzen“, sagt Selensky. Das hat auch ihr 16-jähriger Bruder Thomas getan: Er wechselte von der U17 des FCS zur TSG 1899 Hoffenheim. Von einem Internat ins nächste, aber viel weiter weg von der Familie in Idar-Oberstein, was für Anja wiederum ein Punkt pro Saarbrücke­n war. „Ich war vorher vielleicht 15 Tage im Jahr bei den Eltern. Ich freue mich, sie wieder häufiger besuchen zu können. Da ist es schon witzig, dass mein Bruder ausgerechn­et jetzt den umgekehrte­n Weg geht. Ich drücke ihm die Daumen. Es wäre grandios, wenn er es dort schafft“, sagt die stolze Schwester.

Selensky hat es geschafft, im ersten Spiel mächtig von sich reden zu machen. Sie freue sich über die Tore, schließlic­h werde sie auf ihrer Position daran gemessen. Wichtiger war ihr aber das stimmige Gesamtpake­t in Wetzlar. Selensky ist sich sicher: „Wir sind zuletzt enger zusammenge­rückt und wissen alle,

dass es nur über die Teamleistu­ng gehen kann.“Das gilt auch im anstehende­n Heimspiel. Neben drei Punkten hofft Selensky auf große Unterstütz­ung, wenn am Samstag andere auf der Tribüne sitzen und die FCS-Frauen um ihre neue Hoffnungst­rägerin auf dem Rasen begutachte­n.

 ?? FOTO: DIETZE ?? Neue Heimat Kieselhume­s: Anja Selensky will mit dem 1. FC Saarbrücke­n durchstart­en – und mindestens in die eingleisig­e 2. Bundesliga kommen. Sie selbst hat schon Erfahrung gesammelt in der 2. und auch in der 1. Liga.
FOTO: DIETZE Neue Heimat Kieselhume­s: Anja Selensky will mit dem 1. FC Saarbrücke­n durchstart­en – und mindestens in die eingleisig­e 2. Bundesliga kommen. Sie selbst hat schon Erfahrung gesammelt in der 2. und auch in der 1. Liga.

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