Reizvolle Perspektiven
Neu im Kino: „Jugend ohne Gott“von Alain Gsponer – Sci-Fi-Thriller über Jugendliche im Überlebens-Training
In sehr naher Zukunft schaffen der ökonomische Solvenzrahmen des Elternhauses, aber auch Bestechung und das Ausnutzen von Vorurteilen die maßgeblichen Rahmenbedingungen dafür, ob Schüler den Zutritt zu Elite-Stipendien bekommen oder ob sie für den Rest ihres Lebens in die Slums verbannt sind.
Zach (Jannis Niewöhner, einmal mehr im renitenten James-Dean-Modus), der aus reichen, aber problematischen Familienverhältnissen entstammt, wurde für ein Survival-Training in der Wildnis ausgewählt. Hier trifft er auf blasierte reiche Kids, die für die Karriere so ziemlich alles zu tun bereit sind. Er trifft im Wald aber auch auf ein Mädchen aus dem Untergrund und verliebt sich. Dann geschieht in seiner Lerngruppe ein Mord.
Ein satirisch giftiger Roman des Schriftstellers Ödön von Horváth („Geschichten aus dem Wiener Wald“) aus den 30er Jahren erlebt in der nun vorliegenden dritten Verfilmung eine modernisierte Kinoadaption, die das warnende Gleichnis auf die Elite-Ideologie des NS-Regimes komplett entpolitisiert zum Abenteuerstoff im Gewand einer Science-Fiction-Dystopie aufzäumt. Es ist damit ein weiterer Versuch des Produktions- und Verleihhauses Constantin, nach „Das Pubertier“und „Tigermilch“erneut den TeenagerMarkt anzusteuern, wobei diesmal die EntertainmentMethoden der amerikanischen Young-Adult-Fantasies („Tribute von Panem“; „Maze Runner“, „Divergent“) im Vordergrund stehen.
Augenfällig misstraute man einer linearen Erzählweise und verlegte sich darauf, die Handlung nach einer halben Stunde abzubrechen und dann das bislang abgespulte Geschehen noch einmal aus zwei weiteren Perspektiven heraus zu resümieren. Im Blick auf die Auflösung eines Mordfalls mindert diese Verzögerungstaktik etwas die Spannung im Handlungsverlauf, doch der Zuschauer kann das Geschehen aus verschiedenen Sichtweisen verfolgen. Nicht unbedingt gelungen sind die Charakterskizzen und das Szenenbild. Dieses Manko gleichen die intensiv aufspielenden Nachwuchsakteure aber überraschend gut wieder aus.
D 2017, 114 Min.; Regie: Alain Gsponer; Buch: Alex Buresch, Matthias Pacht; Musik: Enis Rotthoff; Kamera: Frank Lamm; Darsteller: Fahri Yardim, Emilia Schüle
Das Programm im Saarbrücker Kino Achteinhalb: Alzheimer-Drama, der Drohnenkrieg der USA und ein Kinderkrimi
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