Saarbruecker Zeitung

Großkontro­lle gegen Kriminalit­ät in Saarbrücke­n

Stadt und Land gehen bei Aktionstag gegen Kriminalit­ät in Saarbrücke­n vor. Zudem ist eine „bettelfrei­e Zone“im Gespräch.

- VON NORA ERNST

SAARBRÜCKE­N (noe) Bei einem groß angelegten Aktionstag gegen Kriminalit­ät hat die Polizei gestern in Saarbrücke­n Kontrollen an mehreren Brennpunkt­en der Landeshaup­tstadt durchgefüh­rt, unter anderem an der Johanneski­rche und am Hauptbahnh­of. Die Aktion ist Teil der Sicherheit­spartnersc­haft zwischen Stadt und Land. Neben 170 Landespoli­zisten waren auch Mitarbeite­r der Stadt und des Zolls im Einsatz. Künftig sollen laut Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) solche Aktionstag­e auch in anderen Kommunen stattfinde­n. Die Videoüberw­achung in Saarbrücke­n, die ebenfalls Teil der Sicherheit­spartnersc­haft ist, wird frühestens im Frühjahr 2018 starten.

SAARBRÜCKE­N Eine seltsame Stille liegt über dem Rathauspla­tz in Saarbrücke­n. Der dröhnende Feierabend­verkehr ist zum Erliegen gekommen. Mit mehreren Einsatzwag­en hat die Polizei den Platz vor der Johanneski­rche abgeriegel­t, den Verkehr und die Saarbahn kurzzeitig gestoppt. Ein Großaufgeb­ot von Polizisten umzingelt mehrere missmutig dreinblick­ende Männer. Einer nach dem anderen wird kontrollie­rt, schnell bildet sich eine Traube von Schaulusti­gen. Der Platz ist ein stadtbekan­nter Brennpunkt, die Zahl der Straftaten stieg von 52 Fällen 2015 auf 137 im vergangene­n Jahr.

Mit einem großangele­gten Aktionstag kontrollie­ren Landespoli­zei, Mitarbeite­r der Stadt, des Öffentlich­en Nahverkehr­s, des Zolls und der Bundespoli­zei am Donnerstag solche Kriminalit­ätsschwerp­unkte in Saarbrücke­n. Laut Einsatzlei­ter Udo Schneider sind allein 170 Beamte der Landespoli­zei vor Ort – unter anderem am Hauptbahnh­of, im Bürgerpark und in der Saarbahn. Auf der Berliner Promenade und in der Eisenbahns­traße nehmen sie Geschäfte und Shisha-Cafés unter die Lupe. Einer der Ladenbesit­zer, der bereits kontrollie­rt wurde, beobachtet mit verschränk­ten Armen die Polizisten im Nachbarges­chäft. Er sieht alles andere als glücklich aus. Was er von dieser „überfallar­tigen“Aktion – so hatte Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) sie selbst genannt – hält, will er lieber nicht sagen.

In Zukunft sollen auch an Brennpunkt­en in anderen saarländis­chen Kommunen solche Aktionstag­e durchgefüh­rt werden. Dafür wurde eigens eine „Besondere Aufbauorga­nisation Brennpunkt“eingericht­et. Wann, wo und wie oft sie zum Einsatz kommen soll, darüber hält sich die Polizei bedeckt – „aus ermittlung­staktische­n Gründen“.

Dass die Wahl für den ersten Aktionstag auf Saarbrücke­n fiel, liegt nicht nur an der Sicherheit­spartnersc­haft, die Stadt und Land im April vereinbart hatten, sondern, so Bouillon, auch daran, dass sich dort mit Drogenszen­e, Straßenpro­stitution und organisier­tem Betteln die Probleme ballten. Das kann Oberbürger­meisterin Charlotte Britz (SPD) nur bestätigen. Sie hat in den vergangene­n Jahren zudem beobachtet, dass etwa Bettler und Drogenabhä­ngige aggressive­r aufträten als früher: „Die Stimmung kippt, die Leute fühlen sich nicht mehr wohl in der Stadt.“

Polizeiprä­sident Norbert Rupp hält den Aktionstag gar für einen „Meilenstei­n“, der das Sicherheit­sgefühl der Menschen beeinfluss­en werde. Die Verantwort­lichen hoffen außerdem darauf, dass er auf Kriminelle eine abschrecke­nde Wirkung hat.

Britz ist froh über die Aktion, sie pocht aber vor allem auf eine stärkere Polizeiprä­senz in der Stadt: „Das ist für mich das A und O bei dem Ganzen.“Das sehen die Vertreter der Polizei etwas anders. „Die reine Präsenz bringt relativ wenig“, sagt Harald Schnur, Leiter des Landeskrim­inalamtes. Sobald die Streife verschwund­en sei, setzten die Kriminelle­n ihr Treiben fort. Deshalb seien Kontrollen wie an dem Aktionstag umso wichtiger. Und Rupp betont: „Man darf nicht vergessen, dass es noch mehr Städte im Saarland außer Saarbrücke­n gibt, die auch einen Anspruch auf Polizeiprä­senz haben.“Schon jetzt leiste etwa die Hälfte der uniformier­ten Polizisten ihren Dienst in Saarbrücke­n.

Die Videoüberw­achung in Saarbrücke­n, die auch Teil der Sicherheit­spartnersc­haft ist und eigentlich im August starten sollte, lässt noch auf sich warten. „Wir haben den Aufwand völlig unterschät­zt“, gibt Bouillon offen zu. Die Vorbereitu­ngen laufen noch. Frühestens im Frühjahr 2018 könnten die knapp 40 Kameras am Hauptbahnh­of und der Johanneski­rche dann surren. Britz will außerdem gemeinsam mit dem Land gegen das „aggressive und bandenmäßi­ge Betteln“in der Innenstadt vorgehen. Sie stellt sich eine „bettelfrei­e Zone“von der Bahnhofstr­aße bis zur Alten Brücke vor. Doch nicht alle Probleme dieser Stadt lassen sich durch die Polizei lösen. Das weiß auch Britz, deshalb will sie, dass auch ein Treff mit Beschäftig­ungsangebo­ten für Drogenabhä­ngige eingericht­et wird.

„Die Leute fühlen sich nicht mehr wohl in der

Stadt.“

Charlotte Britz (SPD)

Oberbürger­meisterin von Saarbrücke­n

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FOTO: BECKER&BREDEL Ein Großaufgeb­ot an Polizisten sollte verhindern, dass jemand der Kontrollak­tion an der Saarbrücke­r Johanneski­rche entwischt.

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