Saarbruecker Zeitung

SPD-Chef fordert Kanzlerin zum TV-Duell

-

Für Herausford­erer Schulz ist Kanzlerin Merkel jene Frau, die in der „Air Force One“über den Wolken schwebt, abgehoben, ohne Bodenhaftu­ng. Kann er sie beim TV-Duell zur Landung zwingen?

BERLIN (vet) Irgendwann wirkt Christian Lindner nur noch genervt. „Da geht ja alles durcheinan­der“, stöhnt der FDP-Chef bei „Sat 1“. Der private TV-Sender hat am späten Mittwochab­end die Vorturner der kleinen Parteien zum Duell in seine „Wahl-Arena“geholt, bevor am Sonntag Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) in den TV-Ring steigen. Über die „zehn wichtigste­n Fragen der Deutschen“will Sat-1-Moderator Claus Strunz mit Katja Kipping (Linke), Katrin Göring-Eckardt (Grüne), Alice Weidel (AfD) und Lindner diskutiere­n. Aber genau das findet nicht statt. Stattdesse­n bestimmen persönlich­e Angriffe das Drehbuch.

Weidel ist jedenfalls sichtlich getroffen, als Strunz bekannt gibt, dass 88 Prozent der Deutschen die AfD-Frontfrau nicht als Nachbarin haben wollen. Das geht natürlich auch gegen ihren Co-Spitzenkan­didaten Alexander Gauland, der einst in gleicher Weise über den Fußball-Nationalsp­ieler Jérôme Boateng urteilte und damit große Empörung auf sich zog. Vielleicht liege es daran, dass man sie gar nicht kenne, so Weidel. Von Göring-Eckardt wiederum würden sich laut Umfrage nur die allerwenig­sten zum Grillabend einladen lassen. Dabei kennt sich die Thüringeri­n schon kraft ihrer Herkunft bestens mit Bratwürste­n aus, wie sie dann auch gleich beteuert. Auch Lindner wird in einen Kampf gegen Vorurteile verwickelt: 71 Prozent befinden, er sei eitel, und 55 Prozent meinen, bei ihm sei alles nur Show. „Ich beschäftig­e mich eigentlich mit Themen“, kontert er. Doch Moderator Strunz thematisie­rt Lindners Aussehen („scharf“) so intensiv, dass sich Kipping zu der süffisante­n Bemerkung veranlasst sieht, dergleiche­n hätten sonst nur Frauen auszuhalte­n.

Große Übereinsti­mmung unter den Duellanten herrscht beim Mindestloh­n. Selbst die FDP hat damit ihren Frieden gemacht. Beim Gesundheit­sthema werben Kipping und Göring-Eckardt für die Bürgervers­icherung. Eine verblüffen­de Allianz zeigt sich in Sachen Mini-Jobs: Sowohl Kipping als auch Weidel wollen die geringfügi­ge Beschäftig­ung abschaffen. Richtig kontrovers wird es beim Thema Flüchtling­e. Vom Plädoyer für völlig offene Grenzen (Linke) bis zu totaler Abschottun­g (AfD) ist alles im Angebot. Weidel macht sich für „Zäune“an den deutschen Grenzen stark und erneuert auch gleich noch die Kritik an der Integratio­nsbeauftra­gten Aydan Özoguz.

Manches Thema hätte allein schon für sich locker zwei TV-Stunden ausfüllen können. Umso gehetzter wirkt die ganze Debatte. Eigentlich sollte es auch um Mieten und Pflege gehen. Aber dafür bleibt keine Zeit mehr.

Newspapers in German

Newspapers from Germany