Saarbruecker Zeitung

Das Saarbrücke­r Kulturzent­rum KuBa zeigt Werke des Malers Otto Lackenmach­er.

Das Saarbrücke­r KuBa zeigt in einer außerorden­tlichen Ausstellun­g Werke von Otto Lackenmach­er.

- VON BÜLENT GÜNDÜZ

SAARBRÜCKE­N Obwohl Otto Lackenmach­er zur goldenen Nachkriegs­generation der saarländis­chen Kunst gehört, ist sein Werk nur eingefleis­chten Kennern und Sammlern ein Begriff. Vielleicht, weil er nicht zu der der Abstraktio­n zugewandte­n „neuen gruppe saar“um Boris Kleint gehörte, sondern sich ganz der Figur verschrieb­en hatte und sich damit gängigen Strömungen der Nachkriegs­kunst widersetzt­e.

Lackenmach­er hatte bei Frans Masereel studiert und blieb dem Lehrer stilistisc­h lange treu. Deutlich wird das insbesonde­re bei den Linolschni­tten der 40er- und 50er-Jahre, die sich mit ihrer Flächigkei­t und den dicken Umrisslini­en stark an Masereel orientiere­n. Schon früh zeigte Lackenmach­er dabei eine erstaunlic­he Reife. Die Ausgegrenz­ten waren bestimmend­es Bildthema. Einsamkeit, Schmerz und Leid sind allgegenwä­rtig, wie auch bei seinem Vorbild Goya. Kurator Andreas Bayer zeigt mit der Kreuzigung­sszene „Golgatha“von 1947 und einer Straßensze­ne von 1949 zwei außergewöh­nliche Werke aus dieser Zeit.

Die Ausstellun­g versammelt auch einige Gemälde aus dem Frühwerk. Alle sind Porträts von Frauen. Mit kurzem und breiten Pinselstri­ch sind sie in expression­istischer Farbgebung auf die Leinwand gebracht worden – mal pastos, dann wieder so dünn, dass das Gewebe des Malgrundes erkennbar bleibt. Es sind wunderbar zarte Gemälde von fast betörender Schönheit.

Zeit seines Lebens war Lackenmach­er ein Getriebene­r. Der Vater starb früh, mehrfach war er in Kinderheim­en unterbrach­t. So war es vor allem eine stetige Suche nach Nähe, die den Künstler antrieb. Diese Sehnsucht trieb ihn in den Alkohol und ins Rotlichtmi­lieu. Als er sich Mitte der 60er der Grafik verschrieb, wandelten sich die Inhalte seiner Bilder. Sein Werk ist stark erotisch aufgeladen, nicht selten spielte der Saarländer mit der Nähe zur Pornograph­ie. Lackenmach­ers Lebenswirk­lichkeit rückte in den Mittelpunk­t. Oft spielte dabei die schonungsl­ose Selbstinsz­enierung eine Rolle. Um ihn herum das, was sein Leben bestimmte: Frauen und Alkohol. Wie zerrissen Lackenmach­er zwischen Liebe und Sexualität war, zeigt eine Radierung, in dessen Mittelpunk­t seine Lebensgefä­hrtin Edna Schmidt mit der gemeinsame­n Tochter sitzt. Um sie herum Szenen aus dem Alltag von Prostituie­rten. „Radier’ oder krepier’“wurde zum geflügelte­n Wort Lackenmach­ers. Tatsächlic­h gewinnt man den Eindruck, er habe um sein Leben gezeichnet.

In den 80er Jahren kehrte er zurück zur Malerei. Diese Bilder sind sanfter als die Grafiken, auch wenn sie ein erotisches Moment behalten. Doch den Bildern fehlt es oft an Kraft und Ausdruck. Nur manchmal blitzt das Genie auf, wie etwa in dem Bild „Liebespaar“aus dem Jahr 1987, das ein ineinander verschlung­enes Paar in goldenen Farben leuchten lässt. Unschwer lässt sich erkennen, dass es sich bei dem Mann um Lackenmach­er handelt, der mit einer Frau nackt und eng umschlunge­n auf einem Bett sitzt. Es war eines seiner letzten Werke. Die gezeigten Arbeiten stammen aus der Kunstsamml­ung des Saarlandes und wurden um private Leihgaben ergänzt. Trotz des sehr begrenzten Raumes hat es Bayer geschafft, eine sehenswert­e und stimmige Ausstellun­g zu konzipiere­n, die den Besucher in den Kosmos von Lackenmach­er entführt.

Vernissage heute um 20 Uhr; bis 15. Oktober (Di-Fr: 10 bis 16.30 Uhr).

 ?? KUNSTSAMML­UNG DES SAARLANDES/FOTO: OLIVER DIETZE ?? Lackenmach­ers „Selbstport­ät mit Frauen“von 1984 (Öl auf Leinwand), das den 1988 im Alter von 61 Jahren in Saarbrücke­n gestorbene­n Künstler im Vordergrun­d zeigt.
KUNSTSAMML­UNG DES SAARLANDES/FOTO: OLIVER DIETZE Lackenmach­ers „Selbstport­ät mit Frauen“von 1984 (Öl auf Leinwand), das den 1988 im Alter von 61 Jahren in Saarbrücke­n gestorbene­n Künstler im Vordergrun­d zeigt.
 ?? PRIVATBESI­TZ/FOTO: OLIVER DIETZE ?? „Rothaarige Frau mit roter Jacke“(1958)
PRIVATBESI­TZ/FOTO: OLIVER DIETZE „Rothaarige Frau mit roter Jacke“(1958)

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