Saarbruecker Zeitung

Die Zahl der fixierten Menschen sinkt

Die Sozialmini­sterin Bachmann feiert 25 Jahre Betreuungs­recht als „Meilenstei­n“für psychisch Kranke und geistig Behinderte.

- VON SEBASTIAN DINGLER

SAARBRÜCKE­N Zum 25-jährigen Jubiläum des Betreuungs­rechts hatte Saar-Sozialmini­sterin Monika Bachmann (CDU) jetzt zu einer Feierstund­e in ihr Ministeriu­m eingeladen. 1992 war das Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundsch­aft und Pflegschaf­t für Volljährig­e umgesetzt worden. Heute spricht man vom Betreuungs­recht, das mit diesem Gesetz verwirklic­ht wurde. Wer sich wegen einer Erkrankung oder Behinderun­g nicht mehr selbst vertreten kann, bekommt seither einen Betreuer als rechtliche­n Vertreter zur Seite gestellt. Die mit etwa 200 Zuhörern gut besuchte Veranstalt­ung begann mit einer Ansprache von Bachmann. Zunächst pries sie das Betreuungs­recht als „wichtigen und ganz richtigen Meilenstei­n für volljährig­e psychisch Kranke und Menschen mit geistiger und seelischer Behinderun­g, die ihre Angelegenh­eiten selbst nicht ausreichen­d besorgen konnten.“Die vorherige Praxis der Entmündigu­ng sei mit dem Betreuungs­recht abgeschaff­t worden. Die Ministerin bedankte sich sowohl bei den vielen ehrenamtli­chen Betreuern als auch bei den Berufsbetr­euern für ihre „häufig nicht einfache Aufgabe“. Justiz-Staatssekr­etär Roland Theis (CDU) referierte anschließe­nd über das Betreuungs­recht aus Sicht der Justiz: „Wir feiern ein Gesetz, das die ganz konkrete Lebenswirk­lichkeit von vielen Bürgerinne­n und Bürgern geprägt, bestimmt und ein Stück weit besser gemacht hat.“Viele würden beim Betreuungs­recht von einer Jahrhunder­treform sprechen. Für die Erstattung der Auslagen und Entschädig­ungen im Betreuungs­verfahren stelle das Justizmini­sterium 9,2 Millionen Euro pro Jahr bereit. Über die aktuellen Entwicklun­gen im Betreuungs­recht sprach Betreuungs­richter Gero Bieg. Bei aller Kritik sei das Jubiläum doch ein Tag „um zu feiern und stolz zu sein“. Vor fünf Jahren etwa habe das Saarland noch einen Spitzenpla­tz bei freiheitse­ntziehende­n Maßnahmen wie der Fixierung von Betreuten innegehabt. Durch vielerlei Schulungen und Projekte sei eine deutliche Verbesseru­ng in diesem Bereich erreicht worden. Dass das Saarland mit knapp 70 Prozent die meisten ehrenamtli­chen Betreuer aufweist (in Rheinland-Pfalz etwa sind es nur knapp 60 Prozent), führte Bieg unter anderem auf die „sehr gute Arbeit“der elf saarländis­chen Betreuungs­vereine zurück.

Michael Hamm, Landesgesc­häftsführe­r beim Paritätisc­hen Wohlfahrts­verband Saarland und Rheinland-Pfalz, außerdem auch Vorsitzend­er der saarländis­chen Liga der Freien Wohlfahrts­verbände Saar, wies ebenfalls auf die hohe Ehrenamtsq­uote im Saarland hin, an der sich andere Länder ein Beispiel nehmen könnten. Schwerpunk­t seiner Rede waren die Betreuungs­vereine: Sie trügen mit ihrer Arbeit dazu bei, dass das Betreuungs­recht mit Leben gefüllt werde. Zuletzt sprach mit Brigitte Barth die Vorsitzend­e der saarländis­chen Landesgrup­pe des Bundesverb­ands der Berufsbetr­euer (BdB). Sie wies auf die Schwierigk­eiten des Betreuungs­rechts hin - der Beruf des Betreuers etwa sei unklar gezeichnet und werde oft verwechsel­t mit dem „Mädchen für alles“. Dazu schilderte sie einige kritische Situatione­n, die bei dieser Arbeit vorkommen. „Berufsbetr­euer sind täglich mit Armut, gesellscha­ftlicher Ausgrenzun­g, sozialem Rückzug und Wohnungsno­t konfrontie­rt“, erklärte Barth. Bei all den fachlichen Anforderun­gen leiste der BdB Unterstütz­ung. Bis zum 7. September läuft noch die „Woche der Betreuung“, die mit Veranstalt­ungen im Saarland über die Arbeit der Betreuungs­vereine informiert. So auch am Montag, 4. September, 11 bis 15 Uhr mit einem Info-Stand vor dem Karstadt-Kaufhaus in Saarbrücke­n.

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FOTO: PLEUL/DPA Die meisten werden von Familienan­gehörigen betreut.

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