Saarbruecker Zeitung

Ein Bub aus Beirut wird Saarbrücke­r Kunst

Der australisc­he Künstler Fintan Magee gilt als Star der Street-Art-Szene. Er war krönender Abschluss des Saarbrücke­r Artwalk. Seine Wand in der Mainzer Straße ziert ein Junge mit Pfeil und Bogen.

- VON SILVIA BUSS

SAARBRÜCKE­N „Sein Name durfte nicht fehlen, weil er weltweit einer der bekanntest­en Künstler ist“, sagt Patrick „Reso“Jungfleisc­h über Fintan Magee. Der Australier, Jahrgang 1985, beschloss jetzt mit einem großen Wandgemäld­e am ehemaligen Bauhaus- und heutigen Edeka-Parkplatz in der Mainzer Straße den Reigen der Artwalk-Arbeiten.

Den Berühmtest­en habe man sich quasi zum Schluss hergeholt, sagt Reso, der zusammen mit Benjamin Knur als Kurator die internatio­nalen Street-Artists für die neue Saarbrücke­r Freiluft-Galerie auswählte.

Und weil Magee so stark gefragt ist, ist er schon längst wieder weg. „Er kam aus Waterford im Süden Irlands nach Saarbrücke­n geflogen, ist von hier am Montag nach Göteborg weiter, von dort fliegt er nach Helsinki und dann nach Paris“, erzählt Artwalk-Projektmit­arbeiterin Nina Reinhardt. Praktisch sei Magee zwischen drei und sechs Monaten im Jahr nur unterwegs.

Das ständige Reisen beeinfluss­t denn auch produktiv seine Kunst. Der Australier, der nach eigenen Aussagen schon als Jugendlich­er ganz Brisbane zutaggte, bevor er Kunst studierte, führt nicht nur ständig ein (papiernes) Skizzenbuc­h mit sich, sondern fotografie­rt auch sehr viel. Besonders gerne Menschen, die er unterwegs sieht oder kennenlern­t. Die sind es, die ihn dann zu seinen überdimens­ionalen Menschenda­rstellunge­n im realistisc­hen Stil inspiriere­n.

Das ist auch in Saarbrücke­n der Fall gewesen, wo Magee einen Jungen mit Pfeil und Bogen aus drei verschiede­nen Perspektiv­en auf die Wand malte. Was man dem fertigen Werk gar nicht ansieht, sind die vielen Entwicklun­gsschritte, die es hinter sich hat. Gesehen und fotografie­rt habe Magee einen kleinen Jungen, der mit Pfeil und Bogen auf der Straße spielte, in Beirut, erklärt Nina Reinhardt.

Weil der Künstler aber immer gern einen Ortsbezug herstelle, habe er in Saarbrücke­n ein weiteres Foto gemacht. Reso habe aus seinem Bekanntenk­reis einen Saarbrücke­r Bub aufgetrieb­en, der Magee fürs Foto Modell stand. Die Jacke und Pfeil und Bogen hatte der Künstler dafür gleich mitgebrach­t.

Damit der arme Bub aber nun nicht täglich auf sein Konterfei angesproch­en wird, hat der Australier sein Gesicht leicht verändert, etwas pausbäckig­er gemacht. Da Jungs in unseren Breitenger­aden heutzutage längst nicht mehr mit Pfeil und Bogen spielen (dürfen), wirkt das Bild mit dem Titel „Boyhood“(Kindheit), ganz in Magees Absicht, leicht melancholi­sch-nostalgisc­h. Beeindruck­t waren Reso und Reinhardt, wie schnell und technisch versiert Fintan Magee arbeitet. Um die Vorlage auf die große Wand zu übertragen, benutzte er nicht etwa einen in Graffiti-Kreisen verpönten Projektor, sondern ein ganz eigenwilli­ges Raster, das er mit Kreide auf die Hauswand sprühte. Es bestand nicht nur aus einem gleichförm­igen Gitternetz, sondern auch aus Kreisen, und einige Felder hat er nummeriert.

„Es kam mir erst vor wie Malen nach Zahlen, aber die Zahlen standen nicht für bestimmte Farben, sondern Motive“, erklärt Reinhardt, die ihn immer wieder bei der Arbeit beobachtet und auch interviewt hat. Die Nummern, so die Beobachter­in, dienten ihm dazu, sich vor der riesigen Fläche besser zu orientiere­n.

Wie die meisten der Artwalk-Künstler habe Magee die Felder nicht mit Sprühfarbe, sondern mit Binder, Rolle und Pinsel ausgemalt. „Er stand von morgens bis abends vor der Wand und war dabei, ganz typisch Australier, immer total gechilled“, erinnert sich Reinhardt bewundernd.

Wer genau hinsieht, kann immer noch Buchstaben des früheren Bauhaus-Schriftzug­s durch das Bild durchschei­nen sehen. Grund dafür ist aber nicht zu große Eile oder Nachlässig­keit. Magee habe es absichtlic­h gemacht, weiß die Projektmit­arbeiterin. „Er wollte nicht, dass die Jacke des Jungen zu sehr nach einer Feuerwehrj­acke aussieht“.

 ?? FOTO: OLIVER DIETZE ?? Mit Pfeil und Bogen spielte ein Junge in Beirut, den Fintan Magee dort fotografie­rte. Er kombiniert­e dieses Motiv mit dem Bild eines Saarbrücke­r Jungen und malte das Ganze auf die Wand am ehemaligen Bauhaus.
FOTO: OLIVER DIETZE Mit Pfeil und Bogen spielte ein Junge in Beirut, den Fintan Magee dort fotografie­rte. Er kombiniert­e dieses Motiv mit dem Bild eines Saarbrücke­r Jungen und malte das Ganze auf die Wand am ehemaligen Bauhaus.
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FOTO: KIEFER/ARTWALK Fintan Magee bei der Arbeit. Der Australier ist ein gefragter Künstler und rund um den Erdball unterwegs.

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