Saarbruecker Zeitung

Die vielen Derbys sind der einzige Lichtblick

Die neue Ringer-Bundesliga startet – mit vier Saar-Vereinen. Drei wollten gar nicht rein, und Köllerbach ist zunächst kaum gefordert.

- VON PATRIC CORDIER

HEUSWEILER Ab morgen wird es wieder zu hören sein, das „Blau passiv“. Dann startet mit dem Saarderby zwischen dem AC Heusweiler und dem ASV Hüttigweil­er (19.30 Uhr/ Halle der Realschule Schillerst­raße) die neue Saison der Ringer-Bundesliga. „Blau passiv“ist der Kult-Ruf der Ringer-Fans, die damit zum Ausdruck bringen wollen, dass der Athlet der Gastmannsc­haft in bestrafung­swürdiger Weise nichts zum Kampfgesch­ehen beiträgt. Richtig aktiv dagegen sind die Ringkampfv­ereine aus dem Saarland. Neben Heusweiler und Hüttigweil­er gehören der KSV Köllerbach und der KV Riegelsber­g der höchsten Klasse an.

Doch das sorgt bei den Clubs nicht nur für Freude. Während Köllerbach seit Jahrzehnte­n eine feste Größe in der Elite-Liga ist, mussten die bisherigen Zweitligis­ten förmlich einen Zwangsaufs­tieg hinnehmen. „Wir hatten keine andere Wahl“, sagt Cakan Cakmak, Trainer des AC Heusweiler, über die Neustruktu­rierung der Bundesliga durch den Deutschen Ringerbund (DRB). Von dem Dachverban­d hatten sich zuvor die finanziell stark aufgestell­ten Clubs Weingarten, Ispringen und Nendingen, Schifferst­adt und Mansfelder Land losgesagt, um eine eigene Profiliga – die Deutsche Ringer Liga (DRL) – ins Leben zu rufen. Sie fallen also weg, ausreichen­d Ertstligis­ten waren nicht mehr da. Und so wurden die verblieben­en Zweitligis­ten zu Bundesligi­sten gemacht. „Diese Topteams wie Weingarten gehören einfach in die Bundesliga. Wenn sie zurückkäme­n, könnten auch wir wieder in einer 2. Liga mitringen. Dort gehören wir hin“, sagt der Riegelsber­ger Trainer Edgar Paulus.

Nach monatelang­em Stillschwe­igen wollen DRB und DRL Medienberi­chten zufolge nun zumindest wieder miteinande­r sprechen. DRB-Vize-Präsident Daniel Wozniak öffnet die Tür zumindest einen Spalt weit: „Der Verband stand und steht einer eigenständ­igen Liga unter seinem Dach grundsätzl­ich offen gegenüber. Wir sind es aber unseren Mitgliedsv­ereinen schuldig, nur dann eine solche Liga zu genehmigen, wenn hierdurch tragfähige Strukturen geschaffen werden.“

Dabei ist das finanziell­e Ungleichge­wicht nur eines der Themen, die kontrovers diskutiert werden. „Viele Vereine bedienen sich lieber ausländisc­her und fertig ausgebilde­ter Spitzenrin­ger als den eigenen Nachwuchs zu fördern und an die nationale oder internatio­nale Spitze heranzufüh­ren“, sagt Christoph Gall, Trainer des ASV Hüttigweil­er: „Diese Entwicklun­g hat zu einem Wettrüsten der Vereine geführt, dem wir uns nicht anschließe­n wollen und können.“Dass es in der neuen Bundesliga eine Etat-Obergrenze von 150 000 Euro gibt, ist allerdings schwer überprüfba­r und ändert an der Schieflage wenig. Während sich Köllerbach, Mainz, Adelhausen oder Burghausen eher am oberen Rand bewegen, kommen Heusweiler oder Riegelsber­g mit einem Drittel der Summe aus – und das, obwohl zwei neu eingeführt­e Gewichtskl­assen eigentlich mehr Personal erfordern.

Ohne Neuzugänge geht es aber auch bei den „Kleinen“nicht. In Heusweiler freut man sich morgen auf die Rückkehr des erst 19-jährigen bulgarisch­en Publikumsl­ieblings Stoyan Kubatov. Der kämpfte schon vor zwei Jahren im Saarland und kommt nun als Meister seines Landes (bis 66 Kilo griechisch-römisch) zurück. Interessan­te Personalie­n sind auch Ahmadi Babajan (der Afghane wurde 2015 Siebter der Asienmeist­erschaften, musste dann aber aus seiner Heimat fliehen und soll nun in der Klasse bis 80 Kilo Freistil ringen) und der 33-jährige Grieche Micheil Tsokovani (der Zweite der Weltmeiste­rschaft im Beachringe­n 2016 soll in den Klassen 98 und 130 Kilo Freistil ringen). In Heusweiler träumt man vom Achtelfina­le, dafür müsste der Verein Fünfter oder Sechster der Westgruppe werden – in einer Siebener-Staffel.

Auftaktgeg­ner Hüttigweil­er hat unter anderem zwei erfahrene Athleten aus Moldawien geholt. Greco-Spezialist Mihai Bradu, immerhin Fünfter der Europameis­terschafte­n 2017, und Freistilri­nger Alexandr Burca (zuvor Nendingen) sind jeweils für die Klasse bis 80 Kilo eingeplant. Auch für den ASV sollte das Erreichen der K.o.-Runde möglich sein – auch wenn Witten, Aachen-Walheim und Köllerbach die Favoriten, nicht nur in der Vorrunde sind. Letztgenan­nte treffen am morgigen Samstag zum Saisonauft­akt in Aachen aufeinande­r.

„Unser Ziel ist das Halbfinale“, sagt der Köllerbach­er Mannschaft­sverantwor­tliche Thomas Geid fast schon untertreib­end. Die Vorrunde dürfte für den KSV sportlich kaum spannend oder fordernd sein. Zumal Köllerbach sich ordentlich verstärkt hat. Der Ungar Viktor Loerincz ist Europameis­ter in der Klasse bis 86 Kilo griechisch-römisch, der Russe Berkhan Mankiev (vom KSV Aalen, 61-Kilo-Klasse griechisch-römisch) wurde 2011 Dritter bei der WM. Den rumänische­n Freistilri­nger (71 Kilo) Mihail Sava konnte man vom KSV Ispringen loseisen.

Einer schweren Aufgabe stellt sich der KV Riegelsber­g zum Auftakt in Merken. „Das ist eigentlich ein Gegner

auf Augenhöhe“, sagt Trainer Paulus: „Aber da bei uns der Einsatz von ein, zwei Athleten noch wackelt, werden wir sicher an die Leistungsg­renze gehen müssen.“In der vergangene­n Zweitliga-Saison waren die Riegelsber­ger bester Saarverein. Der bekanntest­e Neuzugang kommt aus Köllerbach und heißt Daniel Decker. Der Freistil-Spezialist war zwar bereits deutscher Meister, zuletzt machte er aber mit seinem Auftritt in der RTL-Sendung „Ninja Warrior“von sich reden. „Wir setzen auf unsere Jugendarbe­it und junge Athleten“, sagt Trainer Paulus: „Die Jungs sind in ihrer Altersklas­se bundesweit spitze, aber gegen die internatio­nale Klasse der Bundesliga wird es schwer.“Für die Fans im Land wird es dagegen einfach. Eigentlich an jedem Wochenende lockt ein Saarderby.

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FOTO: RUPPENTHAL Auf echte Top-Kämpfe wie hier gegen Nendingen müssen Heiki Nabi (links) und der KSV Köllerbach wohl bis zu den Playoffs warten.

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