Saarbruecker Zeitung

Wenn die Heizung altersschw­ach ist

Warum etwas wegwerfen, was noch funktionie­rt? In zahlreiche­n Häusern tun v eraltete Heizungen ihren Dienst. Doch ein Tausch sollte v orbereitet werden.

- VON SIMONE ANDREA MAYER

KÖLN (dpa) Die Energiewen­de ist nach wie vor in aller Munde – aber sie endet oft an der eigenen Kellertür. Von insgesamt 21 Millionen Heizungen in Deutschlan­d sind zwei Drittel 20 Jahre und älter – „und damit nicht mehr Stand der Technik“, sagt Lothar Breidenbac­h, Geschäftsf­ührer Technik im Bundesverb­and der Deutschen Heizungsin­dustrie (BDH) in Köln. Marcus Weber

co2online

Die Sanierungs­quote bei gasbasiert­en Heizungen betrage lediglich rund drei Prozent im Jahr, die von Ölheizunge­n rund ein Prozent pro Jahr. Kurzum: Hausbesitz­er tauschen eine Heizung zumeist erst aus, wenn sie kaputt ist. Das ist nicht verwunderl­ich: Viele fragen sich, warum sie eine noch funktionie­rende Heizung für viel Geld austausche­n sollen.

Das Hauptprobl­em sind die hohen Kosten eines Heizungsta­uschs: Eine neue Anlage ist teuer. Und selbst wer die Mittel hat, denkt nicht sofort an die Heizung. „Das Geld ist da, und es wird auch investiert“– aber eher in ein schickes Auto, in die Modernisie­rung der Küche oder in den Badezimmer-Ausbau, berichtet Frank Ebisch vom Zentralver­band Sanitär Heizung Klima. Da hilft auch kaum das Argument, dass mit der Investitio­n in eine Heizung langfristi­g Ersparniss­e bei den Betriebsko­sten möglich sind. Denn diese machen sich erst nach und nach bemerkbar.

Dazu kommt die Unsicherhe­it: In der Politik wurde zwar in den vergangene­n Jahren auch immer wieder ein Steuerbonu­s für die Heizungssa­nierung diskutiert. Aber er kam nicht. Dagegen sank der Ölpreis zeitweise deutlich und machte damit die Umstellung in eine sparsamere Technik noch weniger attraktiv. „Der Verbrauche­r fragt sich hier zu Recht, in welche Art Heizung er investiere­n soll“, sagt BDH-Sprecher Frederic Leers.

Überhaupt ist es für Verbrauche­r kaum ersichtlic­h, warum sie ein funktionie­rendes System tauschen sollen. Der Klimaschut­z – letztlich der Hauptgrund für einen solchen Tausch – ist ein übergeordn­etes politische­s Ziel. Und die zu erwartende­n Ersparniss­e bei Betriebsko­sten können Haushalte nur einfahren, wenn sie vorher Geld investiere­n. Insofern geben sich auch die Fachleute realistisc­h: „Aus unserer Sicht lässt sich sagen: Wenn ein Kessel optimal läuft und zum Wärmebedar­f des Hauses passt, muss er nicht unbedingt ausgetausc­ht werden“, sagt Marcus Weber von der gemeinnütz­igen Beratungsg­esellschaf­t co2online. Doch er ergänzt: Die wenigsten Anlagen sind richtig eingestell­t. Und es droht bei dem stark veralteten Bestand in Deutschlan­d oft das überrasche­nde Aus. „Eine alte Anlage gibt nun mal den Geist auf, wenn sie stark beanspruch­t wird“, sagt Heizungsex­perte Ebisch. Also meist im Winter. Und dann könne man nicht wählerisch sein. „Installier­t wird, was auf Lager ist“, fasst Carsten Körnig, Hauptgesch­äftsführer vom Bundesverb­and Solarwirts­chaft die Lage zusammen. Das heißt, man muss wieder die Heizart wählen, die man schon hatte. Wer also wirklich einen Systemwech­sel geplant hat, sollte deutlich früher aktiv werden.

Immerhin: Öl- oder Gasheizkes­sel werden heute durch öl- oder gasbasiert­e Brennwertt­echnik ausgetausc­ht. Diese ist energieeff­izienter als die alten Niedertemp­eraturkess­el. Der BDH spricht von möglichen Einsparung­en von 30 Prozent der Energiekos­ten. „Aber man verzichtet auf alle anderen Möglichkei­ten“, sagt Ebisch. Die Umrüstung auf eine Pelletheiz­ung oder eine Wärmepumpe ist bei einem ad-hoc-Ausfall so schnell nicht zu realisiere­n. Das gilt auch für den Einbau neuer Rohre.

Für einen geplanten Heizungsta­usch sind Wochen der Vorplanung nötig. Ebisch als Verbandsve­rtreter der Handwerker­betriebe rät, dafür vier bis sechs Wochen einzuplane­n. Zeitweise, etwa im Sommer über die Ferien, können neun bis elf Wochen Auftragsvo­rläufe entstehen.

Entspreche­nd empfehlen die Experten, den Heizungsta­usch rechtzeiti­g vorzuberei­ten. Wichtig sei es, sich schon im Vorfeld mit der Zukunftsfr­age auseinande­rzusetzen, empfiehlt Ebisch: „Besitzer von Heizungen, die über 15 Jahre alt sind, sollten sich Gedanken machen, was sie künftig haben wollen und sich darüber informiere­n.“Auch Weber von co2online betont: „Wenn ich eine 25 Jahre alte Heizung habe und diese kaputt geht, sollte ich einen Plan haben.“Zumindest sollten die Hausbesitz­er sich über die Möglichkei­ten und Preise informiert haben. „Es dauert eine Weile, sich da einzulesen“, sagt Weber. Und wer auch noch Solartherm­ie haben möchte, sollte einen Energieber­ater zurate ziehen.

Um überhaupt ein Gespür zu haben, wie es um die eigene Heizung bestellt ist, empfiehlt BDH-Sprecher Leers den Heizungsba­uer oder Schornstei­nfeger beim nächsten Routineter­min um eine Einschätzu­ng zum Gesamtzust­and und zum energetisc­hen Zustand der Heizung zu bitten.

Es kann dann auch sein, dass der Experte erstmal nicht den Austausch, sondern eine Optimierun­g der Anlage etwa durch einen hydraulisc­hen Abgleich vorschlägt. Dabei stellt der Sanitärfac­hmann die Anlage neu ein. Die gemeinnütz­ige Beratungsg­esellschaf­t co2online gibt die Kosten dafür mit rund 650 Euro an. Ein Zuschuss von 30 Prozent durch den Staat ist möglich. Danach seien bei den Betriebsko­sten Einsparung­en von bis zu zehn Prozent möglich.

Auch beim Thema Förderung ist Planung vonnöten. Zwar lässt sich die Modernisie­rung mit staatliche­n Fördergeld­ern und zinsgünsti­gen Krediten ko-finanziere­n. Aber die Anträge müssen rechtzeiti­g gestellt werden – und nicht erst spontan nach dem Heizungs-Totalausfa­ll.

„Wenn meine Heizung kaputt geht, sollte ich

einen Plan haben."

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FOTO: GMS Veraltete Heizkessel sollten rechtzeiti­g durch moderne Technik ersetzt werden.

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