Saarbruecker Zeitung

Britten meets Thomas Mann bei der Sommermusi­k

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SAARBRÜCKE­N (uhr) In seiner Oper „Death in Venice“(1973) kommt Benjamin Britten mit zwei Sängersoli­sten aus und lässt viele Rezitative nur vom Klavier begleiten. Eine ideale Vorlage für eine noch abgespeckt­ere Version, mag sich Sänger Ralf Peter gedacht haben, Stammgast der Saarbrücke­r Sommermusi­k. Passend zum aktuellen Thomas-Mann-Motto entwarf er den Musiktheat­er-Essay „Vergehende­r Stern“, der recht textlastig ausfiel: Was er an Britten-Musik strich, ersetzte Peter durch ausgedehnt­es Rezitieren aus Manns Originalno­velle „Der Tod in Venedig“und obendrein durch eigens gedrehte Filmsequen­zen – heraus kam eine „literarisc­h-musikalisc­he (Ab-) Handlung“von über zwei Stunden.

Vollends auf Orchesterk­länge brauchte das begeistert applaudier­ende Auditorium am Freitag im Theater im Viertel (TiV) freilich nicht zu verzichten: Ein paar knappe instrument­ale Einspielun­gen der historisch­en „Death in Venice“-Aufnahme mit dem English Chamber Orchestra gab’s immerhin – sie vermittelt­en Eindrücke der Leichtigke­it, des Fließens und der Weite und ließen einen durchatmen. Bestimmend für den Abend waren freilich Mauro Barbierato­s (Klavier, musikalisc­he Leitung) trockene, karge und raue Klavierklä­nge. Sie zerdehnten und zerfaserte­n Brittens Musik wie auf dem Seziertisc­h. Was dieser wenig anhaben konnte, ihr vielmehr schroffe Intensität verlieh. Entspreche­nd der Gesang: Elia Merguet (Bariton) punktete mit ausdruckss­tarker Wandlungsf­ähigkeit. Noch eins drauf setzte Ralf Peter (Tenor); er bot technisch wie expressiv eine seiner besten Leistungen — sein Gustav von Aschenbach blieb haften.

Manche Passagen von Peters gedehnter, gleichförm­iger Mann-Rezitation freilich wären verzichtba­r gewesen, zumal hier Textzeilen auch optisch reizvoll in den Raum projiziert wurden (Krischan Kriesten). Lob an die gesamte visuelle Gestaltung: Auch die Filmszenen (Leon Post) gingen unter die Haut – ihr teils kompletter Verzicht auf Musik unterbrach jedoch die Sogwirkung der Aufführung.

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