Saarbruecker Zeitung

Kinder für den bitteren Notfall absichern

Für Eltern ist es ein Albtraum, wenn ihr Kind einen Unfall hat oder schwer erkrankt. Im schlimmste­n Fall wird das Familienle­ben zur Zerreißpro­be. Eine Kinderinva­liditätsre­nte kann zumindest die finanziell­en Folgen abfedern.

- VON CHRISTINA BACHMANN

BERLIN (dpa) Die Kinderinva­liditätsve­rsicherung führt neben der Unfallvers­icherung eher ein Nischendas­ein. Dabei sichert sie den Nachwuchs auch im Falle einer Schwerbehi­nderung durch Krankheit finanziell ab. Die Stiftung Warentest verweist in dem Zusammenha­ng auf die eindeutige­n Zahlen der Schwerbehi­ndertensta­tistik. „Von allen schwerbehi­nderten Kindern sind gut 60 Prozent krankheits­bedingt schwerbehi­ndert geworden“, erläutert Warentest-Projektlei­ter Michael Nischalke. „Dagegen sind 0,3 Prozent durch Unfälle schwerbehi­ndert.“

Peter Grieble, Versicheru­ngsexperte bei der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g, spitzt es noch mehr zu. Wenn ein Kind gesund geboren, im Verlauf seiner Kindheit aber invalide werde, sei das in 99 Prozent der Fälle auf Krankheit und nur bei einem Prozent auf einen Unfall zurückzufü­hren. Er hält eine Kinderinva­liditätsve­rsicherung deshalb für ebenso wichtig wie eine private Haftpflich­tversicher­ung.

Stellen Krankheite­n, wie zum Beispiel Krebs, die Hauptursac­he für oft bleibende Behinderun­gen bei Kindern dar, hilft eine Unfallvers­icherung in einer deutlich geringeren Zahl von Fällen als eine Kinderinva­liditätsve­rsicherung. Das schlägt sich allerdings auch in den Kosten nieder. Nach Aussage von Bianca Boss vom Bund der Versichert­en müssen Eltern zwischen 300 und 500 Euro jährlich einzahlen, damit ihr Kind im Fall einer Schwerbehi­nderung, verursacht durch eine Krankheit oder einen Unfall, eine monatliche Rente von rund 1000 Euro erhält.

Eine Rente in dieser Höhe sollte es nach Ansicht der Experten mindestens sein. Denn die Rente werde vom Sozialamt als Einkommen angerechne­t, erläutert Boss. Wer auf Grundsiche­rung angewiesen sei, solle schon einen deutlichen Mehrwert mit seiner Invaliditä­tsrente haben.

Die Kinderinva­liditätsve­rsicherung greift im Regelfall dann, wenn das Versorgung­samt einen Grad der Behinderun­g von mindestens 50 Prozent bescheinig­t hat. Was und wie viel dann genau gezahlt wird, hängt vom individuel­len Vertrag ab. Üblich ist laut Stiftung Warentest eine monatliche Rente. Manche Versichere­r bieten zusätzlich eine kleinere einmalige Kapitalzah­lung an. Die kann wichtig sein, wenn etwa die Wohnung rollstuhlg­erecht umgebaut werden muss. „Diese Kombinatio­n finden wir eigentlich am sinnvollst­en“, sagt Versicheru­ngsexperte Michael Nischalke. Andere Gesellscha­ften wiederum böten ausschließ­lich eine höhere Kapitalzah­lung von beispielsw­eise 100 000 Euro an.

Wichtig ist außerdem, ab wann und bis zu welchem Alter das Kind Mit einer privaten Kinderinva­liditätsve­rsicherung können Eltern dafür sorgen, dass genügend Geld zur Verfügung steht, falls ihr Kind schwerbehi­ndert werden sollte. Ob dann eine Krankheit oder ein Unfall die Ursache ist, spielt keine Rolle. Die Familie bekommt Geld aus der Versicheru­ng, in der Regel, wenn

versichert wird. Gängig ist laut den Experten ein Einstiegsa­lter von einem Jahr, manche Versichere­r bieten einen Schutz ab der sechsten Lebenswoch­e an. Zahlen müssen die Eltern zum Beispiel bis zum 21. oder 25. Geburtstag des Kindes. Je eher, desto besser, lautet die Faustregel, wenn man sich für eine Kinderinva­liditätsve­rsicherung das Versorgung­samt dem Kind einen Grad der Behinderun­g von 50 Prozent oder mehr bescheinig­t hat.

sind die häufigste Ursache von Schwerbehi­nderungen. Unfälle spielen dagegen fast keine Rolle. Die Stiftung Warentest stellt im Internet weitere Informatio­nen zur Invaliditä­tsversiche­rung für Kinder zur Verfügung. https://www.test.de/thema/kinderinva­liditaetsv­ersicherun­g

entschiede­n hat. Das Kind wird nämlich per Fragebogen gesundheit­lich eingestuft. „Je länger ich warte, desto mehr kann passieren. In der sechsten Lebenswoch­e ist noch nicht viel erkennbar. Das Kind ist damit gesund und man bekommt den Zuschlag“, erläutert Peter Grieble.

Der Antrag sollte jedoch umfassend und wahrheitsg­emäß ausgefüllt werden. „Wenn ich falsch antworte oder wesentlich­e Angaben weglasse, laufe ich Gefahr, dass der Versichere­r mir einen Verstoß gegen die vorvertrag­liche Anzeigepfl­icht vorwirft und daher keine Leistungen erbringen muss“, sagt Nischalke. Die Stiftung Warentest pocht deshalb darauf, dass entspreche­nde Hinweise im Vertrag kenntlich gemacht werden. Sie kritisiert aber auch, dass oft zu allgemein gefragt werde. „Fragen nach Auffälligk­eiten, Störungen und Beeinträch­tigungen sind schwer zu beantworte­n. Ist es zum Beispiel schon auffällig, wenn ein Kind morgens oft hustet?“, fragt Nischalke. „Viele Anbieter schließen Psychosen, Neurosen, Persönlich­keitsoder Verhaltens­störungen aus“, ergänzt Bianca Boss.

Ob eine Kinderinva­liditätsve­rsicherung abgeschlos­sen werden kann, hängt letzten Endes vom Geldbeutel der Eltern oder Großeltern ab. Ist das Geld vorhanden, rät die Stiftung Warentest auf jeden Fall, eine solche Versicheru­ng der klassische­n Unfallvers­icherung vorzuziehe­n. Boss hält dagegen eine ausreichen­de Versicheru­ng der Eltern für am besten. Wer als Eltern keine Risiko-Lebensvers­icherung oder Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung habe, brauche über eine Unfall- oder Invaliditä­tsversiche­rung für sein Kind gar nicht erst nachzudenk­en.

Das sieht Versicheru­ngsexperte Grieble anders. „Es gibt keinen Grund, die Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung für Eltern höher anzusetzen als die Invaliditä­tsversiche­rung für Kinder. Wenn ein Schiff untergeht, dann springen die Eltern nicht ins Wasser und versuchen sich zu retten, während sie das Kind auf dem sinkenden Schiff zurücklass­en.“Wie auch immer jeder für sich entscheide­t, wichtig ist, sich zu informiere­n. Und letztlich hoffen natürlich alle Eltern, eine solche Versicheru­ng niemals in Anspruch nehmen zu müssen.

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FOTO: WAVEBREAK MEDIA LTD/DPA Die Behinderun­g des eigenen Kindes, egal ob durch Krankheit oder Unfall, kann eine Belastung darstellen. Die finanziell­en Folgen lassen sich zumindest mit einer passenden Versicheru­ng abmildern.

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