Wieso die Mieten in Saarbrücker in die Höhe schießen könnten.
Stadtforscher diskutieren in Saarbrücken, ob teure Residenzen die Mieten in der Stadt in schwindelerregende Höhen treiben.
SAARBRÜCKEN Jahrzehntelang gab es in Saarbrücken so gut wie keinen Wohnungsbau. Derzeit aber schössen neue Residenzen, Lofts und andere Luxusresidenzen „wie Pilze aus dem Boden“, so beobachtet es die Peter-Imandt-Gesellschaft/Rosa-Luxemburg-Gesellschaft-Saarland mit Sorge. Die der Partei Die Linke nahestehende Stiftung befürchtet, dass auch in Saarbrücken eintritt, was Stadtforscher in anderen Städten beobachten: Luxuswohnungen wirkten sich auf das ganze Quartier aus und trieben Wohnungs- und Mietpreise in die Höhe, sodass Menschen mit geringem Einkommen aus den begehrten Innenstadtlagen an den Stadtrand oder in unbeliebte Viertel verdrängt würden. In Berlin etwa hätten sich die Mietpreise, auch für kleine Wohnungen bis 60 Quadratmeter innerhalb von zehn Jahren verdoppelt, stellt der Stadtforscher Rico Rokitte von der Bauhaus-Universität Weimar fest.
Gemeinsam mit der Architektin Norma Brecht aus Leipzig erläuterte er am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion der Imandt-Gesellschaft in Saarbrücken, warum die Wohnungen, die derzeit gebaut werden, alle viel zu teuer sind, und was auf politischer Ebene zu tun wäre, damit auch weniger Betuchte, sich wieder Wohnungen leisten können.
Zum einen stimme das von der Baubranche geäußerte Argument: „Wir würden ja gerne kostengünstiger bauen, aber es geht nicht, es gibt zu viele Bauauflagen“, sagte Norma Brecht. Allerdings stimme es nur zum Teil. Die Energiesparauflagen, die das Bauen verteuern, müssten überdacht, sprich: abgespeckt werden, forderte sie. Doch es komme auch immer drauf an, wer baut. Dass Private günstiger bauen könnnen, wie es ebenfalls oft gesagt werde, halten Brecht und Rokitte für einen Mythos. Betrachte man Faktoren wie Rendite und Steuern, so könnten Akteure, die von Steuern befreit werden können, also kommunale Träger, aber auch Kollektive, die selbstverwaltetes Eigentum schaffen, viel preiswerter bauen. Für Private lohne sich zudem eher Luxuswohnungen zu bauen, weil sie kaum höhere Baukosten als preiswerte Wohnungen verursachen, jedoch eine viel höhere Gewinnmarge versprechen, betonte Rokitte. Auch mit Mietspiegeln gingen die beiden Stadtforscher kritisch ins Gericht. Bei ihrer Berechung würden alle Wohnungen ausgeschlossen, die in den vorangehenden vier Jahren keine Mieterhöhung zu verzeichnen hatten. Dadurch ergebe sich der paradoxe Effekt, dass Mietspiegel, statt als Preisbremsen zu wirken, die Mietpreise eher noch in die Höhe trieben, sagte Rokitte.
Das Fazit der beiden Experten: „Nachhaltige, preisgünstige Wohnungsbaupolitik ist eigentlich nur marktfern möglich.“Die öffentliche Hand, vor allem den Bund, sehen sie daher in der Pflicht, sich für den sozialen Wohnungsbau wieder mehr zu engagieren. Aber auch die Kommunen hätten schon jetzt Instrumente, die sie stärker nutzen müssten, so die beiden. So könnten sie etwa im Bebauungsplan Vorgaben machen, dass bei Wohnungbauvorhaben zehn oder gar 30 Prozent preisgünstige Wohnungen entstehen müssen. In Großstädten wie Hamburg und München werde das schon gemacht.