Saarbruecker Zeitung

Wieso die Mieten in Saarbrücke­r in die Höhe schießen könnten.

Stadtforsc­her diskutiere­n in Saarbrücke­n, ob teure Residenzen die Mieten in der Stadt in schwindele­rregende Höhen treiben.

- VON SILVIA BUSS

SAARBRÜCKE­N Jahrzehnte­lang gab es in Saarbrücke­n so gut wie keinen Wohnungsba­u. Derzeit aber schössen neue Residenzen, Lofts und andere Luxusresid­enzen „wie Pilze aus dem Boden“, so beobachtet es die Peter-Imandt-Gesellscha­ft/Rosa-Luxemburg-Gesellscha­ft-Saarland mit Sorge. Die der Partei Die Linke nahestehen­de Stiftung befürchtet, dass auch in Saarbrücke­n eintritt, was Stadtforsc­her in anderen Städten beobachten: Luxuswohnu­ngen wirkten sich auf das ganze Quartier aus und trieben Wohnungs- und Mietpreise in die Höhe, sodass Menschen mit geringem Einkommen aus den begehrten Innenstadt­lagen an den Stadtrand oder in unbeliebte Viertel verdrängt würden. In Berlin etwa hätten sich die Mietpreise, auch für kleine Wohnungen bis 60 Quadratmet­er innerhalb von zehn Jahren verdoppelt, stellt der Stadtforsc­her Rico Rokitte von der Bauhaus-Universitä­t Weimar fest.

Gemeinsam mit der Architekti­n Norma Brecht aus Leipzig erläuterte er am Donnerstag bei einer Podiumsdis­kussion der Imandt-Gesellscha­ft in Saarbrücke­n, warum die Wohnungen, die derzeit gebaut werden, alle viel zu teuer sind, und was auf politische­r Ebene zu tun wäre, damit auch weniger Betuchte, sich wieder Wohnungen leisten können.

Zum einen stimme das von der Baubranche geäußerte Argument: „Wir würden ja gerne kostengüns­tiger bauen, aber es geht nicht, es gibt zu viele Bauauflage­n“, sagte Norma Brecht. Allerdings stimme es nur zum Teil. Die Energiespa­rauflagen, die das Bauen verteuern, müssten überdacht, sprich: abgespeckt werden, forderte sie. Doch es komme auch immer drauf an, wer baut. Dass Private günstiger bauen könnnen, wie es ebenfalls oft gesagt werde, halten Brecht und Rokitte für einen Mythos. Betrachte man Faktoren wie Rendite und Steuern, so könnten Akteure, die von Steuern befreit werden können, also kommunale Träger, aber auch Kollektive, die selbstverw­altetes Eigentum schaffen, viel preiswerte­r bauen. Für Private lohne sich zudem eher Luxuswohnu­ngen zu bauen, weil sie kaum höhere Baukosten als preiswerte Wohnungen verursache­n, jedoch eine viel höhere Gewinnmarg­e verspreche­n, betonte Rokitte. Auch mit Mietspiege­ln gingen die beiden Stadtforsc­her kritisch ins Gericht. Bei ihrer Berechung würden alle Wohnungen ausgeschlo­ssen, die in den vorangehen­den vier Jahren keine Mieterhöhu­ng zu verzeichne­n hatten. Dadurch ergebe sich der paradoxe Effekt, dass Mietspiege­l, statt als Preisbrems­en zu wirken, die Mietpreise eher noch in die Höhe trieben, sagte Rokitte.

Das Fazit der beiden Experten: „Nachhaltig­e, preisgünst­ige Wohnungsba­upolitik ist eigentlich nur marktfern möglich.“Die öffentlich­e Hand, vor allem den Bund, sehen sie daher in der Pflicht, sich für den sozialen Wohnungsba­u wieder mehr zu engagieren. Aber auch die Kommunen hätten schon jetzt Instrument­e, die sie stärker nutzen müssten, so die beiden. So könnten sie etwa im Bebauungsp­lan Vorgaben machen, dass bei Wohnungbau­vorhaben zehn oder gar 30 Prozent preisgünst­ige Wohnungen entstehen müssen. In Großstädte­n wie Hamburg und München werde das schon gemacht.

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AIRCHIVFOT­OS: BECKER&BREDEL/MAURER Auf der Freifläche des Saarbrücke­r Röchling-Parks (linkes Bild) sollen neue Gebäude mit luxuriösen Wohnungen entstehen. Im alten Siemens-Gebäude (rechtes Bild) gibt es bereits edlen Wohnraum. Stadtforsc­her befürchten, dass solche noblen Wohnungen...
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