Auf der Spur der mysteriösen alten Dame
SAARBRÜCKEN Familiengeheimnisse kommen oft erst nach dem Tod des „geheimnistragenden“Angehörigen ans Licht. So ist es auch bei Opa Heinrich. Der alte Herr, bisher für den Enkel „Fels in der stürmischen Brandung meines Lebens“, vermacht diesem einen Koffer mit zwei Briefbündeln, die nur einen Schluss zulassen: Der Mann, der nach Überzeugung des Jungen 50 Jahre glücklich mit Oma verheiratet war, hatte eine Geliebte. Doch diese gewisse „C. Schmitz“ließ der Hamburger Heinrich offenbar jahrelang vergeblich jenseits des großen Teichs auf ihn warten.
„Für C.“nennt der frühere Überzwerg-Schauspieler Sebastian Hammer das Solotheaterstück, das er mit Regisseurin Stephanie Rolser erarbeitet hat und das am Freitag in der Reihe „Überzwerg extra“Premiere feierte. Darin setzt er sich als Enkel auf die Spur der mysteriösen alten Dame und will ihr die Liebesbriefe, die Opa nie abschickte, vorbeibringen. Eine tolle Ausgangsidee. Sie setzt Roadmovie-Kopfkino in Gang. Ein junger Mann begibt sich auf eine abenteuerliche Reise in die Ferne, bei der viel über die Welt lernt, über die Menschen, auch die seiner Familie - und über sich selbst.
Rolser hat ihrem Darsteller aus schnöden Europaletten eine wunderbare Bühne gebaut: Einen Steg, an dem Schiffe anlegen könnten und der ins Ungewisse führt. Herrlich auch die Idee, Hammer zwischen Spielen und Erzählen immer wieder Gedichte einzuflechten und Chansons von Liebe, Freiheit, Sehnsucht, Schmerz und Trennung singen zu lassen. Man entdeckt Songs von Sarah Lesch, Alin Coen, Kid Kopphausen oder Max Prosa neu.
Hammer, der sich die Gitarren-, Klavier- oder Mundharmonika-Musik dazu aus einem Kofferradio einspielen lässt, hat eine nuancenreiche Stimme, die viele Gefühle ausdrücken kann. Auch pantomisch, wenn er in die Haut der Leute schlüpft, die ihm unterwegs begegnen, ist er eine Wucht. Allein: Das 80-minütige Stück schwächelt dramaturgisch. Es zieht sich und kommt oft nicht so recht von der Stelle. Man fragt sich, was diese oder jene Anekdote und Begegnung für den Fortgang der Geschichte Bedeutungsvolles in sich trägt. Nebulös bleibt auch, was die Erfahrungen, was der lange Weg an einen kleinen Teich jenseits des Atlantiks mit der Persönlichkeit des jungen Mannes machen. Anders als beim Singen hält Hammer beim Spielen mit Gefühlen etwas hinterm Berg. Immerhin: Dass und auf welche Pointe die Geschichte zusteuert, ahnt man nicht. Die letzte Enthüllung ist eine Überraschung, die Opas Liebesglückverzicht in ein anderes Licht hüllt. Doch den Fragen nachgehen, die sie aufwirft, kann man dann nicht mehr. Denn das Stück ist dann ja leider vorbei.