Saarbruecker Zeitung

Lob fürs Präsidium, Kritik an der Politik

Der Allgemeine Studierend­enausschus­s der Saar-Uni hat eine neue Führungsri­ege. Die Zusammenar­beit mit dem Uni-Präsidente­n funktionie­rt gut, doch die Finanzprob­leme trüben die Aussichten.

- VON CHRISTIAN LEISTENSCH­NEIDER

SAARBRÜCKE­N Bei seinem Amtsantrit­t vor einem halben Jahr hatte Universitä­tspräsiden­t Manfred Schmitt einen Vorsatz und ein Verspreche­n im Gepäck. Der Vorsatz lautete, für ein neues Wir-Gefühl auf dem Campus zu sorgen, das Verspreche­n, die interne Kommunikat­ion zu verbessern. Aus Sicht von Katharina Waller, der neugewählt­en Vorsitzend­en des Allgemeine­n Studierend­enausschus­ses (Asta) an der Saar-Uni, ist beides bislang gelungen.

Die „Feuertaufe“, die es bei der schrittwei­sen Evakuierun­g des mit gravierend­en Brandschut­zmängeln behafteten Gebäudes C5 2 durchstehe­n musste, habe das Präsidium gut gemeistert, sagte Waller beim Besuch in der SZ-Redaktion, zu dem sie in Begleitung ihres Co-Vorsitzend­en Benedict-Julian Weber und des Stellvertr­eters Johannes Klein gekommen war. „Alle Betroffene­n wurden eingebunde­n und es wird konstrukti­v miteinande­r umgegangen. Das steht alles auf soliden Füßen.“Auch sonst gebe es einen regelmäßig­en Kontakt zum Präsidente­n. „Es ist wichtig, die Interessen der Studierend­en da zu haben, wo sie hingehören: auf dem Präsidiums­tisch.“Eine gute Informatio­nspolitik sei entscheide­nd, um den Belangen der Studenten Gehör zu verschaffe­n. „Wir können nur intervenie­ren, wo wir rechtzeiti­g von einer Veränderun­g erfahren.“

Wohin ein akutes Kommunikat­ionsdefizi­t führen kann, hat die Saar-Uni im vergangene­n Jahr schmerzhaf­t erfahren müssen. Die Präsidents­chaftswahl wäre um ein Haar an der Sprachlosi­gkeit der beiden entscheide­nden Gremien, dem Universitä­tsrat und dem Senat, gescheiter­t, die jeweils einen anderen Kandidaten favorisier­ten. Erst eine gesetzlich­e Neuregelun­g brachte dann Schmitt als Konsenskan­didaten ins Amt.

Für Waller war der vermurkste Verlauf der Wahl die logische Folge eines jahrelang schwelende­n Konflikts. „Das hat begonnen mit dem Gutachten des Wissenscha­ftsrates, das viel Unsicherhe­it und Unmut ausgelöst hat, ging mit der Umstruktur­ierung der Fakultäten weiter und ist dann in der Präsidents­chaftswahl gegipfelt, wo sich ganz klar zwei Lager gebildet haben.“Inzwischen habe sich eine positivere Stimmung breitgemac­ht. „Es herrscht ein Gefühl des Aufschwung­s: Wir packen das an.“

Mit dem Aufschwung könnte es aber schon bald wieder vorbei sein, wenn die von der Landesregi­erung auferlegte Sparlast richtig durchschlä­gt. Momentan könne man das Lehrniveau noch weitestgeh­end halten, aber es gebe bereits erste Anzeichen einer Verschlech­terung, etwa durch den Wegfall von Tutorien, sagt Benedict-Julian Weber. „Meine Prognose ist: In einem Jahr trifft es uns mit voller Härte“, ergänzt Katharina Waller.

Die angespannt­e finanziell­e Situation treibe schon jetzt Blüten, etwa bei der Zweckentfr­emdung der sogenannte­n Kompensati­onsmittel, die als Ausgleich für den Wegfall der Studiengeb­ühren gedacht waren. „Kompensati­onsmittel sollen eigentlich zur Verbesseru­ng der Lehre eingesetzt werden. Das werden sie schon lange nicht mehr“, so Waller. „Sie finanziere­n die Aufgaben

Asta-Vorsitzend­e Katharina Waller der Prüfungsäm­ter – bis hin zu deren Porto. Das ist ein Skandal.“Auch die für nach 2020 angekündig­ten zusätzlich­en Gelder können die Asta-Vorsitzend­e nicht überzeugen. „Die im Koalitions­vertrag genannten 15 Millionen Euro für die Hochschule­n sind ein Witz. Da kann man sich schon fragen, ob die zuständige­n Politiker und Politikeri­nnen den Globalhaus­halt der Universitä­t verstehen wollen. Das von der Politik versproche­nen Jahrzehnt der Investitio­nen ist für uns jedenfalls nicht in Sicht.“

Eine Verwaltung­sabgabe als Einnahmequ­elle der Uni lehnt der Asta-Vorsitz strikt ab. Man sei sich mit dem Präsidente­n einig, das nicht zu wollen. Da die Möglichkei­t im Koalitions­vertrag steht, fürchtet Katharina Waller jedoch eine Eigendynam­ik. „Die Landesregi­erung kann es sich einfach machen. Sie sagt dann: Es gibt keine weiteren Mittel, schöpft doch erst mal die Möglichkei­ten aus, die ihr habt. Dann kann es sein, dass das Uni-Präsidium das nicht weiterverf­olgen will – aber dazu gezwungen ist.“Sollte es soweit kommen, werde man sich frontal dagegen stellen. „Unser zentrales Thema ist der Kampf gegen Gebühren. Das gilt auch und insbesonde­re für Gebühren für Langzeitst­udenten. Es gibt kaum etwas Unsozialer­es.“Sie würde meist für Menschen anfallen, die neben dem Studium noch arbeiten müssen und so für noch mehr soziale Ungleichhe­it sorgen.

Das von der Politik propagiert­e Ideal eines kurzen, möglichst effiziente­n Studiums ist den Studentenv­ertretern ohnehin ein Dorn im Auge. Man sei sich zwar darüber im Klaren, das Bachelor-/Master-System nicht umstürzen zu können, so Waller. „Prinzipiel­l ist es ja auch ok, gerade weil es die Möglichkei­t schaffen soll, leichter zwischen Unis und Ländern zu wechseln. Die Frage ist halt, wie man es macht.“Damit Studenten die Möglichkei­t bekommen, über den Tellerrand zu schauen, müsse etwa bei den Prüfungsor­dnungen angesetzt werden, beispielsw­eise indem Schlüsselk­ompetenzen, fachfremde Leistungen und ehrenamtli­ches Engagement einbezogen werden.

Der neue Asta will sich für mehr Freiräume beim Studium und einen umfassende­ren Bildungsbe­griff einsetzen. „Die Uni ist kein Ausbilder für die Wirtschaft, sondern ein Ort zum Studieren, der für die Wissenscha­ft und zur Persönlich­keitsbildu­ng da ist“, erklärt Katharina Waller. Zudem wolle man die Defizite bei der Barrierefr­eiheit, also dem Zugang für Menschen etwa mit körperlich­en Einschränk­ungen, an der Hochschule bekämpfen: „Auch das ist eine Folge der Unterfinan­zierung. Es ist nicht so, dass die Uni-Verwaltung nicht wollte, sie kann momentan einfach nicht mehr tun.“

„Meine Prognose ist: In einem Jahr trifft es uns mit voller Härte.“

über die Sparlast der Universitä­t

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FOTO: THOMAS REINHARDT Die neue Asta-Vorsitzend­e Katharina Waller (25) stammt aus Kiel. Die Jurastuden­tin ist auch stellvertr­etende Vorsitzend­e des Studentenw­erks und war im vergangene­n Semester Vorsitzend­e des Studierend­enparlamen­ts. Ihr Co-Vorsitzend­er, der Jurastuden­t...

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