Saarbruecker Zeitung

Ärzte fordern Rauchverbo­t im Auto

Rund eine Million Kinder sind in Deutschlan­d regelmäßig Tabakrauch im Auto ausgesetzt. Experten dringen jetzt erneut auf einen besseren Schutz vor den Gefahren des Passivrauc­hens.

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KÖLN (kna/afp) Der Berufsverb­and der Kinder- und Jugendärzt­e und das Deutsche Kinderhilf­swerk verlangen ein gesetzlich­es Rauchverbo­t im Auto, wenn Kinder mitfahren. In einem gestern in Köln veröffentl­ichten Appell an die Bundesregi­erung schlagen die Verbände eine Änderung der Straßenver­kehrsordnu­ng vor, um Kinder und Jugendlich­e auch in diesem Bereich vor den massiven Gefahren des Passivrauc­hens zu schützen. Verstöße sollten mit einem Bußgeld geahndet werden.

Nach Messungen des Deutschen Krebsforsc­hungszentr­ums ist die Giftstoffb­elastung durch Raucher im Auto extrem hoch; selbst bei leicht geöffnetem Fenster sei die Konzentrat­ion mancher toxischer Partikel teils fünfmal so hoch wie in einer durchschni­ttlichen Raucherkne­ipe. Daher müsse der Schutz von Kindern und Jugendlich­en gesetzlich abgesicher­t werden, so die beiden Verbände. Appelle allein reichten nicht mehr aus.

Die Verbände verwiesen auf entspreche­nde Verbote etwa in Frankreich, Finnland, Großbritan­nien und Italien. Studien in Kanada hätten zudem gezeigt, dass das Rauchen in Autos in Anwesenhei­t von Kindern durch die Gesetzesän­derung deutlich abgenommen hat. „Diesen Beispielen sollten wir unseren Kindern zuliebe umgehend folgen“, erklärte die Vizepräsid­entin des Deutschen Kinderhilf­swerkes, Anne Lütkes.

Nach Worten von Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverb­andes der Kinder- und Jugendärzt­e, haben tabakrauch­belastete Kleinkinde­r ein um 50 bis 100 Prozent erhöhtes Risiko, an Infektione­n der unteren Atemwege, an Asthma, Bronchitis oder Lungenentz­ündung zu erkranken. Daneben könne Passivrauc­hen bei Kleinkinde­rn zu Mittelohre­ntzündunge­n führen, Geruchssin­n, Herz und Kreislauf würden in Mitleidens­chaft gezogen. Auch das Risiko für einen plötzliche­n Kindstod werde deutlich erhöht. Deshalb müssten besonders Kleinkinde­r, aber auch Heranwachs­ende vor den Gefahren des Passivrauc­hens geschützt werden, so der Mediziner.

Laut Krebsforsc­hungszentr­um sind eine Million Kinder in Deutschlan­d Tabakrauch im Auto ausgesetzt. Ein entspreche­ndes Rauchverbo­t befürworte­n nach Ergebnisse­n des Gesundheit­smonitors 2014 rund 87 Prozent der Bundesbürg­er. In den vergangene­n Jahren wurde immer wieder über eine Gesetzesän­derung diskutiert. Bislang konnten sich die Befürworte­r aber nicht durchsetze­n. Auch die Ärztekamme­r und die Bundesdrog­enbeauftra­gte Marlene Mortler hatten sich wiederholt für ein Rauchverbo­t in Fahrzeugen ausgesproc­hen, wenn Kinder mitfahren. Passivrauc­hen tötet laut Weltgesund­heitsorgan­isation pro Jahr etwa 600 000 Menschen, davon 165 000 Minderjähr­ige.

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