Saarbruecker Zeitung

Orbán will sich nicht beugen

Ungarns Regierungs­chef sieht nach dem EuGHUrteil keinen Anlass zur Änderung seiner Politik. Bundestags­präsident Lammert sieht darin eine EU-Austrittse­rklärung.

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BUDAPEST/ROM (afp/dpa) Ungarns Regierungs­chef Viktor Orbán will nach dem Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs zur Umverteilu­ng von Flüchtling­en an seiner Politik der Abschottun­g festhalten. Zwar müsse Ungarn als Mitgliedsl­and der EU „die Verträge und Entscheidu­ngen des Gerichts anerkennen“, sagte Orbán am Freitag im ungarische­n Rundfunk. Das Urteil sei aber kein Grund, „die Politik der Ablehnung von Migranten zu ändern“. Das Gericht schreibe Ungarn nicht vor, „was auch immer zu tun“. Der „wahre Kampf fängt erst an“, sagte Orbán mit Blick auf die kommenden Monate in Brüssel. Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) hatte am Mittwoch Klagen Ungarns und der Slowakei gegen die Umverteilu­ng von Flüchtling­en aus Italien und Griechenla­nd in andere EU-Länder abgewiesen. Der entspreche­nde EU-Beschluss vor zwei Jahren sei rechtmäßig und wirksam zustande gekommen, erklärten die Richter.

Orbán warf der EU daraufhin wegen des Schlüssels zur Umverteilu­ng von Flüchtling­en „Gewalt“gegen sein Land vor. Ungarn sei „kein Migrations­land“und wolle dies auch nicht werden. Orbán verlangte auch, dass Brüssel die Hälfte der Kosten für den Bau des wegen der Flüchtling­skrise errichtete­n Grenzzauns sowie für die Ausbildung und den Einsatz von 3000 Grenzschüt­zern entlang der Sperre übernehmen solle. Die EU-Kommission erteilte der Forderung eine Absage.

Für Bundestags­präsident Norbert Lammert (CDU) kommt die Kritik Ungarns am Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fes zur Verteilung von Flüchtling­en einer EUAustritt­serklärung gleich. „Wenn ein Land für sich erklärt, auch ein solches Ergebnis schlicht nicht respektier­en zu wollen, hat das für mich den Charakter einer virtuellen Austrittse­rklärung aus der Europäisch­en Union“, sagte der scheidende Parlaments­präsident am Freitag in Rom nach einem Treffen mit Amtskolleg­en der G7-Staaten. Ein Urteil des EuGH gelte für alle. Lammert nannte Ungarn nicht ausdrückli­ch beim Namen.

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FOTO: HOPPE/DPA Ungarns Ministerpr­äsident Orbán wirft der EU wegen des Schlüssels zur Umverteilu­ng von Flüchtling­en „Gewalt“gegen sein Land vor.

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