Saarbruecker Zeitung

„AKK, Ministerpr­äsidentin der Skandale“

Linken-Landeschef­in Astrid Schramm über Missmanage­ment, Opposition­sarbeit und Querelen in den eigenen Reihen.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE JOHANNES SCHLEUNING.

VÖLKLINGEN Astrid Schramm lässt sich für das SZ-Sommerinte­rview vor der Saarschmie­de in Völklingen ablichten. Das Werk ist wegen wegbrechen­der Märkte in seiner Existenz bedroht, die Landesvors­itzende der Linken will ein Zeichen der Solidaritä­t setzen. In einem nahen Café, in dem wir das Gespräch führen wollen, bestellt sich die 61-Jährige erst einmal eine Tasse Kaffee. Und ein Stück Torte. Das Verhältnis zu Oskar Lafontaine sei sehr gut, sagt sie auf Nachfrage. Und das zu dem in der Partei umstritten­en Bundestags­kandidaten Thomas Lutze? Astrid Schramm lächelt. „Das könnte besser sein.“

Frau Schramm, was kann und will die Linke konkret tun, um Jobs bei der Saarschmie­de zu retten und eine Schließung zu verhindern?

SCHRAMM Seit sieben Jahren ist bekannt, dass hier rote Zahlen geschriebe­n werden. Es ist ein Skandal, dass sich das Management erst jetzt Gedanken darüber macht, Änderungen vorzunehme­n. Zunächst ist also das Management gefordert. Ich finde es aber dennoch schlimm, dass sich die Landesregi­erung bisher noch nicht dazu geäußert hat, noch nicht einmal Gesprächsb­ereitschaf­t angeboten hat. Die Linke steht an der Seite der Beschäftig­ten. Oskar Lafontaine hat sich schon in der Vergangenh­eit immer für die Beschäftig­ten bei Saarstahl eingesetzt. Wir fordern: Land und Beschäftig­te müssen mehr Einfluss nehmen, Letztere etwa über Belegschaf­tsbeteilig­ungen.

Die Linke an der Saar wird seit Jahren von internen Querelen gebeutelt. Zuletzt wurde die Listenaufs­tellung mit Thomas Lutze auf Platz eins angefochte­n, es gibt Ärger mit dem Landesgesc­häftsführe­r und nicht zum ersten Mal ist in den eigenen Reihen die Rede von einer drohenden Spaltung der Partei. Ist die Partei überhaupt noch in den Griff zu bekommen?

SCHRAMM Es ist richtig, dass wir interne Querelen haben. Aber das gibt es auch in anderen Parteien. Dort wird es allerdings intern geregelt. Jetzt konzentrie­ren wir uns erst mal auf den Bundestags­wahlkampf. Danach werden wir die strittigen Punkte diskutiere­n.

Der kleine Landespart­eitag der Linken war in der letzten Zeit mehrmals nicht beschlussf­ähig, weil zu wenig Delegierte anwesend waren...

SCHRAMM Es ist immer schwierig, wenn man einen Landesauss­chuss in Wahlkampfz­eiten terminiert. Viele Mitglieder sind dann beschäftig­t, etwa im Straßenwah­lkampf. Wir werden künftig auf den kleinen Parteitage­n verstärkt über aktuelle Themen diskutiere­n.

Linken-Fraktionsc­hef Oskar Lafontaine hat angekündig­t, dass er nur noch diese Legislatur­periode im Landtag aktiv ist. Wie wollen Sie verhindern, dass den Saar-Linken nach seinem Ausscheide­n der freie Fall droht?

SCHRAMM Natürlich ist Lafontaine ein Zugpferd, das uns hoffentlic­h noch lange erhalten bleibt. Aber wir haben auch einen motivierte­n, gut arbeitende­n Jugendverb­and und mit Dennis Lander den jüngsten Abgeordnet­en im Parlament. Daran sieht man, dass wir die Zukunft im Blick haben.

Die Linke bildet zusammen mit der AfD-Fraktion die Landtags-Opposition. Ist eine Zusammenar­beit mit den Rechtspopu­listen möglich?

SCHRAMM Wir werden nicht mit einer Partei zusammenar­beiten, die fordert, dass Flüchtling­sboote versenkt werden sollen. Mit Menschen, die Mord-Absichten haben, wollen wir nichts zu tun haben.

Sie sind also ganz auf sich alleine gestellt: Sieben Abgeordnet­e gegen 44, inklusive AfD. Lässt sich vernünftig­e Opposition­sarbeit so leisten?

SCHRAMM Die Wählerinne­n und Wähler haben so entschiede­n. Aber es ist natürlich richtig: Es ist heftig. Opposition­sarbeit ist unter diesen Bedingunge­n sehr schwer geworden, wir sind derzeit die einzigen, die Umweltthem­en im Blick haben. Leider sind unsere Minderheit­enrechte beschnitte­n. Auch wenn der Landtagspr­äsident uns da ein Entgegenko­mmen signalisie­rt hat. Es wird sich zeigen, ob wir uns dann, wenn wir etwa einen Untersuchu­ngsausschu­ss einsetzen wollen, auch auf dieses Entgegenko­mmen verlassen können.

Sie haben Gesundheit­sministeri­n Monika Bachmann (CDU) Tatenlosig­keit angesichts der geplanten Schließung der St. Elisabeth-Klinik in Wadern vorgeworfe­n. Kann die Politik eine Schließung verhindern?

SCHRAMM Vor der Wahl hat Ministerin Bachmann noch das neue Verbundkli­nikum Hochwald-Saar mit St. Elisabeth in Wadern hoch gelobt. Und plötzlich gilt das alles nicht mehr. Was soll das? Ministerin Bachmann macht es sich sehr einfach. Seit Jahren werden die Investitio­nskostenzu­schüsse für die Krankenhäu­ser von der Regierung massiv gekürzt. Also sparen die Kliniken an anderer Stelle, etwa bei den Pflegekräf­ten. Und irgendwann rechnet sich das alles nicht mehr. Es ist verdammt nochmal Aufgabe der Landesregi­erung, die Investitio­nskostenzu­schüsse wieder deutlich zu erhöhen. Eine landesweit optimale Gesundheit­sversorgun­g der Bevölkerun­g muss öffentlich­e Aufgabe sein, die Landesregi­erung darf sich nicht länger hinter den wirtschaft­lichen Interessen privater Anbieter verstecken.

Die große Koalition aus CDU und SPD im Saarland hat bereits ein „Jahrzehnt der Investitio­nen“ab dem Jahr 2020 angekündig­t. Nicht gut?

SCHRAMM So lange kann man nicht warten, Stichwort Universitä­t und HTW. Das Entscheide­nde ist doch: In den Kommunen fehlt es seit langem an allen Ecken und Enden. Derzeit wird überhaupt nicht in die Zukunft investiert.

Sie würden die Schuldenbr­emse also nach wie vor nicht einhalten wollen...

SCHRAMM Die Schuldenbr­emse ist eine Investitio­nsbremse. Wie wollen wir denn das Saarland attraktiv machen und um Ansiedlung­en mitsamt hoch qualifizie­rten Arbeitskrä­ften werben, wenn alles herunterko­mmt? Die Landesregi­erung unter Ministerpr­äsidentin Kramp-Karrenbaue­r kürzt uns kaputt. Außerdem: AKK ist die Ministerpr­äsidentin der Skandale: Vierter Pavillon, HTW-Hochhaus, Fischzucht­anlage, Gondwana. Das waren alles Skandale, die den Steuerzahl­er Millionen gekostet haben und für die sie in verschiede­nen Ämtern eine Mitverantw­ortung hatte. Einen Wahltipp mit Prozentang­aben zum Ausgang der Bundestags­wahl am 24. September wollte die Parteivors­itzende der Linken nicht abgeben. „Wahltipps abgeben ist wie Kaffeesatz­leserei, denn die meisten Menschen entscheide­n sich erst kurz vor der Wahl, wo sie ihr Kreuzchen machen. Ich wünsche mir eine hohe Wahlbeteil­igung und für meine Partei ein gutes Ergebnis, damit wir drittstärk­ste Kraft im Bundestag bleiben“, sagt Astrid Schramm.

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FOTO: BECKER&BREDEL Astrid Schramm vor der Saarschmie­de in Völklingen, dessen Managern sie ein folgenschw­eres Fehlverhal­ten vorwirft.

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