„So war es immer: Ich gegen alle“
Was für eine Karriere: In Saarbrücken schockierte Regisseur Uwe Boll beim Ophüls-Festival, international drehte er umstrittene Filme, im Boxring verprügelte er Filmkritiker. Von all dem erzählt er in seiner flotten Autobiografie.
SAARBRÜCKEN Man weiß nicht so recht: Soll man sich vor Uwe Boll fürchten? Molto furioso zürnt er unter anderem „lebensuntüchtigen Vollidioten“beim Fernsehen, dem deutschen Kollegen Heinrich Breloer („Staatsfernsehen Marke DDR“) und dem „Transformers“-Regisseur Michael Bay („der größte Idiot“). Oder will man den Zornigen einfach mal in den Arm nehmen und ihm sagen, dass ihn nicht jeder für den schlechtesten Regisseur der Welt hält? Dieses Etikett klebt an ihm nach durchwachsenen Gruselwerken wie „Alone in the Dark“oder „House of the dead“. Nun aber erfreut sich Boll erstmals guter Kritiken: für das Restaurant „Bauhaus“, das er in seiner (neben Mainz) zweiten Heimat Vancouver eröffnet hat. Das Kino hat der 51-Jährige erstmal aufgegeben.
Ein guter Zeitpunkt also für eine
Autobiografie, gewohnt unsubtil
„Ihr könnt mich mal!“betitelt und sehr flott im wenig zurückhaltenden Boll-Duktus gehalten. Die pralle Lebensgeschichte führt uns von Bolls Geburtsstädtchen Burscheid (bei Köln) bis nach Hollywood. Klein-Uwe ist von früh an ein Kino-Fan, schaut unzählige Filme, schreibt für sich Mini-Kritiken. Mit 22 ist er Sportchef bei Radio Leverkusen – als er entlassen wird, zersticht er des Chefs Autoreifen. Zwischendurch promoviert er in Literaturwissenschaft und dreht für schlanke 40 000 Mark den blutigen Film „Amoklauf“, der 1994 im Wettbewerb des Saarbrücker Ophüls-Festivals läuft, „zum Entsetzen der Presse“, wie Boll schreibt. Der Erfolg hält sich in Grenzen. Boll landet bei einer Produktionsfirma und hasst die TV-Branche: „komplette Korruption und Vitamin-B-Wirtschaft“– ein Bollsches Leitmotiv.
Die dösende Regie-Karriere wird von einem neuen Geldmodell erweckt: Filmfonds, mit denen deutsche Anleger internationale Produktionen finanzieren (und Steuern sparen). Ein Geschenk des Himmels für Boll, der Geld einsammelt für seine Pläne. Aber international ist es aus Bolls Sicht so wie immer: „Ich gegen alle.“In Hollywood blitzt er im Restaurant erstmal bei Mickey Rourke ab, dessen Hund Carpaccio vom selben Teller isst wie das Herrchen. Aber preisgünstige Gruselfilme mit bezahlbaren C-Stars bringt er auf den Weg. Die Budgets steigen, Boll verfilmt PC-Spiele und ist cineastisch nicht zimperlich. Das Drehbuch zu „House of the Dead“ Uwe Boll über das Amt des
Bundeskanzlers etwa findet auch er „idiotisch“, aber die Zeit rennt halt. Als ihm bei „Alone in the dark“klar wird, dass seine Darstellerin Tara Reid eher minderbegabt ist, greift er zum Nasenfahrrad: „Wir gaben Tara eine Brille, um sie intelligenter aussehen zu lassen. Das nützte natürlich wenig.“
Beim Fantasyspektakel „Schwerter des Königs“versucht der Findige, aus dem Material „zwei Filme zu schneiden, damit man quasi doppelt kassieren“kann. Dazu reicht es dann nicht, auch sonst ist der Film an der Kasse ein Fiasko, bei der Kritik sowieso. Fortan schrumpfen die Budgets, die Karriere plätschert langsam aus; mehr Aufsehen erregen die Boxkämpfe mit seinen härtesten Kritikern, „damit ich ihnen rechtlich korrekt auf die Fresse hauen konnte“. Die Kämpfe sind zügig entschieden, denn Boll hat früher geboxt.
Unsentimental blickt er aufs Filmgeschäft: Die meisten Schauspieler hält er für „egozentrisch und einfältig“, den alternden Musikelmimen Dolph Lundgren für „eine traurige Gestalt“. An anderer Stelle wirkt Boll dann rührend naiv, wenn er das Lob von Schauspielern, er sei ihr liebster Regisseur, allzu gerne glaubt (einer von ihnen ist Ray Liotta, der immerhin mit Scorsese gearbeitet hat). Aber diese Sehnsucht nach Seelenbalsam ist wohl verständlich bei Boll, der sich nie willkommen fühlte. „Ich war da“, schreibt er am Ende, „aber nie wirklich dabei.“
„Ich bin bereit!“
Uwe Boll: Ihr könnt mich mal. Kick Verlag, 199 Seiten, 18 Euro.