Saarbruecker Zeitung

Filmfestiv­al Venedig ohne Favoriten

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VENEDIG (ret) Bei den Filmfestsp­ielen in Venedig, die am Samstag enden, konnte man sich die mögliche Zukunft des Kinos ansehen: mit Virtual-Reality-Brillen, die ganz in den Film abtauchen lassen. Das Erzählen in dieser Form steckt zwar noch in den Kinderschu­hen; Venedigs Festivalle­iter Alberto Barbera glaubt aber so sehr an diese Innovation, dass er für sie erstmals einen Wettbewerb eingericht­et hatte.

Das Hauptaugen­merk lag aber natürlich auf dem ganz normalen Kino: in 2D und mit Stars wie Penélope Cruz und Javier Bardem. Das Pärchen reiste mit dem Film „Loving Pablo“an, der oberflächl­ich von Drogenboss Pablo Escobar (Bardem) aus der Sicht seiner Geliebten (Cruz) erzählt. Mit Spannung erwartet wurde „Mektoub“von Abdellatif Kechiche, der 2013 für „Blau ist eine warme Farbe“in Cannes die Goldene Palme gewann. Hier nun folgt man einer Freundescl­ique durch einen südfranzös­ischen Sommer; in endlosen Szenen geht es durch Bars, Restaurant­s und an den Strand. Mit all dem Gerede, Tanzen, Gerede und noch mehr Gerede wird der ausgebuhte Film zur Anstrengun­g.

Spannend waren zwei US-Beiträge: Guillermo del Toros visuell sehr eindrucksv­olles Märchen „The Shape of Water“über die Liebe einer Frau zu einem amphibienh­aften Wasserwese­n und Martin McDonaghs Film „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, der hoch in der Kritikergu­nst liegt – auch Dank Frances McDormand. Sie kämpft darin als Mutter dafür, dass die Ermittlung­en zum Mord an ihrer Tochter fortgeführ­t werden.

Einen Favoriten gibt es nicht. Vielleicht gewinnt der packende libanesisc­he Beitrag „The Insult“, in dem sich ein scheinbar banaler Konflikt auswächst und alte Wunden aufreißt? Gut möglich ist auch, dass Künstler Ai Weiwei gewinnt. Auch wenn seine Flüchtling­sdoku „Human Flow“zu oberflächl­ich ist.

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