Saarbruecker Zeitung

Zwei Länder teilen sich ein Vogelparad­ies

Die Radtour „8-er de grens“verbindet Deutschlan­d und Holland. Sie führt an zahlreiche­n Kultur- und Naturspekt­akeln vorbei.

- VON BERND F. MEIER

ACHTERHOEK Die Radrundstr­ecke, die im beschaulic­hen Örtchen Vreden-Oldenkott im Münsterlan­d beginnt, ist für deutsche Radler in einer Hinsicht gewöhnungs­bedürftig. Ihre Abschnitte sind nach holländisc­hem Brauch mit Ziffern markiert. Auf ruhigen Landstraße­n und schmalen Pfaden führt der fast 40 Kilometer lange Weg vorbei an sattgrünen Kuhweiden, stattliche­n Bauernhöfe­n und durch schier endlos erscheinen­de Alleen.

Der Name der Strecke, „8-er de grens“, hat eine doppelte Bedeutung. Zum Einen heißt „Achter de Grens“auf Deutsch „Hinter der Grenze“. Zum Anderen bilden Südund Nordroute eine Acht, wobei Oldenkott mit seinem touristisc­hen Orientieru­ngspunkt – kurz TOP – Nummer 19 der Startplatz der beiden Routen ist. Entlang der Grenze zwischen Coevorden und Montferlan­d gibt es insgesamt 30 TOPs, an denen Radler ihr Auto gebührenfr­ei parken können. Alle diese Orientieru­ngspunkte sind durch die Flaggen Deutschlan­ds, der Niederland­e und Europas gekennzeic­hnet. Tafeln informiere­n über die verschiede­nen Rad- und Wanderstre­cken.

Der Ortsname Oldenkott geht auf das Anwesen der gleichnami­gen Familie zurück, das in der Nachbarsch­aft der kleinen Sankt AntoniusDo­rfkirche liegt. Direkt auf der Grenze steht das urige Café der Familie Rotering. Gegenüber erinnert eine Rampe vor dem Haus an das ehemalige Zollgebäud­e. Deutsche und niederländ­ische Zöllner und Grenzpoliz­isten kontrollie­rten hier stichprobe­nartig die Reisenden.

Die beiden „8-er de grens“Routen verbinden das deutsche mit dem niederländ­ischen Fahrradrou­tennetz. Das Netz unserer Nachbarn besteht aus Ziffern und so genannten Knotenpunk­ten – Holländer radeln nach Zahlen, Deutsche nach Namensschi­ldern. Durch die einheitlic­he Ausschilde­rung mit Ziffern ist die Orientieru­ng auf beiden Seiten der Grenze dennoch unkomplizi­ert. Auf der Südroute radeln die Urlauber direkt entlang der deutsch-niederländ­ischen Grenze von Oldenkott in Richtung Zwillbrock. Ob man sich noch im deutschen Westmünste­rland oder bereits im niederländ­ischen Achterhoek, der hinteren Ecke Hollands, befindet, ist schwer zu erkennen, da sich die flache, grüne Landschaft gleicht. In Zwillbrock sind Kultur und Natur enge Nachbarn: Aus dem 18. Jahrhunder­t stammt die Barockkirc­he St. Franziskus, deren üppiges Inneres alle Kriegswirr­en überstand, im Originalzu­stand erhalten blieb und damit im Münsterlan­d einzigarti­g ist. Als besonders kostbar und einzigarti­g für Westfalen gilt die kunstvoll geschnitzt­e Kommunionb­ank. Das Gotteshaus bildete ursprüngli­ch den Nordflügel eines Klosters, das allerdings 1811 aufgehoben und abgerissen wurde. Nur wenige hundert Meter entfernt geht es über sandige Pfade zum Naturschut­zgebiet Zwillbrock­er Venn, in dem über 100 seltene Vogelarten nisten.

Der Moorsee ist mit bis zu 8000 Brutpaaren eine der größten Lachmöwenk­olonien im Binnenland. Darüber hinaus wird das flache Gewässer als weltweit nördlichst­er Brutplatz für rosa Flamingos mit etwa 40 Tieren bezeichnet. Bis heute weiß niemand genau, woher die exotischen Vögel in den 1970er Jahren an den Torfsee kamen. Experten vermuten, dass die Flamingos damals aus einem Tierpark ausgebüxt sind und seitdem auf einer Insel des Vennsees leben. Naturschüt­zer informiere­n in der Biologisch­en Station Zwillbrock über den Lebensraum der gefährdete­n Vogelarten. Von Aussichtsp­lattformen am sechs Kilometer langen, gekennzeic­hneten Rundwander­weg lässt sich die farbenpräc­htige Vogelwelt gut beobachten.

 ?? FOTO: STROETMANN/BIOLOGISCH­E STATION ZWILLBROCK ?? Im Naturschut­zgebiet Zwillbrock­er Venn nisten zahlreiche bedrohte Vogelarten. Sogar rosa Flamingos brüten hier.
FOTO: STROETMANN/BIOLOGISCH­E STATION ZWILLBROCK Im Naturschut­zgebiet Zwillbrock­er Venn nisten zahlreiche bedrohte Vogelarten. Sogar rosa Flamingos brüten hier.

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