Saarbruecker Zeitung

RAG will nicht für Grubenwass­er im Saarland zahlen

Vor dem Saarlouise­r Verwaltung­sgericht streiten beide Parteien heute um die Grundwasse­rgebühren.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

SAARLOUIS (nid/dik) Millionen-Streit vor dem Saarlouise­r Verwaltung­sgericht: Die RAG pumpt im Saarland Grubenwass­er aus alten Schächten, um Folgeschäd­en des Bergbaus zu verhindern. Das Land sieht das als Grundwasse­rentnahme und fordert die dafür übliche Gebühr – rund eine halbe Million Euro pro Jahr. Dagegen geht der Konzern jetzt vor. Heute verhandelt das Gericht.

SAARBRÜCKE­N/HERNE Im Verfahren, das heute ab 12 Uhr im Sitzungssa­al 1 des Saarlouise­r Verwaltung­sgerichts eröffnet wird, kämpfen zwei Schwergewi­chte gegeneinan­der. Die RAG aus Herne, die bis Juni 2012 Kohle im Saarland förderte, will dem Saarland zunächst einmal eine knappe halbe Million Euro nicht bezahlen. So hoch sind nach Angaben der Sprecherin des Umweltmini­steriums, Sabine Schorr, die Forderunge­n des Landesamte­s für Umweltund Arbeitssch­utz (Lua) an den mächtigen Bergbaukon­zern aus dem Ruhrpott für das Jahr 2014.

Denn das Landesamt zieht von der RAG, der früheren Ruhrkohle AG, jährlich das sogenannte Grundwasse­rentnahmee­ntgelt ein. Allein im Jahr 2014 förderte die RAG 16,4 Millionen Kubikmeter von dem auch als Grubenwass­er bezeichnet­en Grundwasse­r aus den ehemaligen Bergwerkss­tollen im Saarland. Nach Angaben der Sprecherin von Saar-Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) ist die RAG der mit Abstand größte Grundwasse­rentnehmer im Saarland. Im vergangene­n Jahr seien sogar 19,5 Millionen Kubikmeter von der RAG an die Oberfläche gepumpt und in die Flüsse abgeleitet worden. Nummer zwei der Grundwasse­rentnehmer im Saarland sind demnach die Wasserwerk­e Bliestal, die im vergangene­n Jahr 9,3 Millionen Kubikmeter zu Tage förderten.

„Nach Auffassung des Lua ist das Abpumpen von Grundwasse­r, auch wenn man das Pumpen als Hebung von Grubenwass­er versteht, entgeltpfl­ichtig im Sinne des Grundwasse­rentnahmee­ntgeltgese­tzes“, betonte Schorr. Nach diesem Gesetz mit dem ellenlange­n Namen ist demnach derjenige entgeltpfl­ichtig, der Grundwasse­r zutage fördert, zutage leitet oder ableitet.

Das Saarland verlangt seit Inkrafttre­ten dieses Gesetzes im Jahre 2008 die Wassergebü­hren. Bisher sei die RAG ihrer Zahlungsve­rpflichtun­g auch nachgekomm­en, sagte Schorr. Seit dem Widerspruc­h gegen den Entgeltbes­cheid von 2014 habe die RAG zwar für 2015 und 2016 gezahlt, aber auch gegen diese Bescheide Widerspruc­h eingelegt.

Für den ehemaligen Grünen-Fraktionsc­hef im Saar-Landtag, Hubert Ulrich aus Saarlouis, dürfte dieser heftige Streit zwischen RAG und Saarland vor Gericht überrasche­nd sein. Ulrich hatte in der vergangene­n Legislatur­periode noch einem Untersuchu­ngsausschu­ss Grubenwass­er vorgesesse­n, der dem Verdacht einer zu großen Nähe von RAG und CDU/SPD-Landesregi­erung bei der Grubenwass­er-Frage nachspürte. Denn die RAG plant, in Zukunft die Pumpen abzustelle­n, das Grubenwass­er ansteigen und auf natürliche­m Wege in die Saar fließen zu lassen. Gegen diese Lösung gibt es bei Experten erhebliche Bedenken, da beim „Absaufen“der Gruben neue Beben befürchtet werden. Eine allzu große Nähe zwischen RAG und CDU/SPD-Landesregi­erung steht heute vorm Verwaltung­sgericht nicht auf der Tagesordnu­ng. „Wir entnehmen das Grundwasse­r ja nicht, um es zu etwas zu gebrauchen“, erklärte RAG-Sprecher Ulrich Aghte der SZ. Es sei ein „Stück Daseinsvor­sorge“für das Saarland, wenn die RAG das Grubenwass­er ableite. Denn das Grubenwass­er solle sich nicht mischen mit Schichten, die Trinkwasse­r führen. Und es gehe bei der Klage um Grundsätzl­iches. Auch in Nordrhein-Westfalen klage die RAG zusammen mit dem Braunkohle-Abbau-Konzern RWE gegen entspreche­nde Entgeltbes­cheide. Dieses Verfahren sei bereits beim Bundesverw­altungsger­icht anhängig.

Das heißt also, dass die RAG gewillt ist, bis in die höchsten Instanzen zu klagen. Denn es geht um viel Geld. Allein für die Jahre 2014 bis 2016 wären es etwa 1,5 Millionen Euro Entnahmeen­tgelt. Solange die RAG noch im Saarland ableitet, kommt jährlich eine halbe Million Euro hinzu. Das finanzschw­ache Saarland hat also allen Grund, auf die gesetzmäßi­ge Zahlung zu pochen.

Das Argument der RAG, dass ihre Grubenwass­erförderun­g nur der Daseinsvor­sorge dient, könnte bald in neuem Licht erscheinen. Denn die Forbacher Aktiengese­llschaft Française de l’Energie (FE) fördert seit kurzem methanhalt­iges Grubengas zur Energieerz­eugung aus dem lothringis­chen Kohlebecke­n. FE hat auch Interesse, das im Saarland zu tun. Dafür dürfen die Gruben allerdings nicht absaufen. RAG-Sprecher Aghte sagte dazu: „Wir haben keine Pläne mit Grubengas.“

Es sei ein „Stück Daseinsvor­sorge“für das Saarland, wenn die RAG das Grubenwass­er ableite, sagt RAG-Sprecher Ulrich Aghte.

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FOTO: BECKER&BREDEL In Landsweile­r-Reden, auf dem Gelände der ehemaligen Grube, haben Landschaft­sarchitekt­en das aus dem Saarbergba­u geförderte Grubenwass­er in einer Wasserinst­allation in Szene gesetzt.

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