Saarbruecker Zeitung

Ein Ordensmann heizt den Terror an

PORTRÄT Vom sanften Buddhismus ist er weit entfernt: Der Mönch Wirathu schürt in Myanmar den Hass gegen die unterdrück­ten muslimisch­en Rohingya.

- VON CHRISTOPH SATOR

MANDALAY (dpa) Der Mann ist Mönch im Namen Buddhas, er trägt ein freundlich­es Lächeln auf den Lippen, und für seine 49 Jahre hat er auch noch ein ziemliches Jungengesi­cht. Aber von all dem sollte man sich nicht täuschen lassen. Ashin Wirathu gehört zu den schlimmste­n Hasspredig­ern, die der Buddhismus hervorgebr­acht hat. Der Mönch aus Mandalay, Myanmars zweitgrößt­er Stadt, wird für viele der Gräueltate­n mitverantw­ortlich gemacht, die in dem südostasia­tischen Staat gerade an Muslimen begangen werden.

Aus seinem Kloster Masoeyin führt Wirathu seit vielen Jahren gegen den Islam einen Krieg mit Worten der bösesten Art. In seinen Predigten fordert er regelmäßig, alle Muslime aus dem ehemaligen Birma zu vertreiben. Längst nutzt Wirathu auch das Internet für seine Propaganda. Auf Facebook hat er inzwischen mehr als 400 000 Follower. Auch auf Twitter und bei Youtube ist er aktiv. Überall die gleiche Leier: Der Islam sei böse, Muslime mordeten und vergewalti­gten buddhistis­che Frauen, sie bekämen zu viele Kinder, sie wollten Myanmar islamisier­en.

Das US-Nachrichte­nmagazin „Time“hob Wirathu deshalb schon 2013 auf ihren Titel. Schlagzeil­e dazu: „Das Gesicht des buddhistis­chen Terrors“. Andere nennen ihn „Birmas Bin Laden“(„The Guardian“) oder sogar „Buddhas Bin Laden“(„Spiegel“). Dass er als Buddhist ausgerechn­et mit dem Gründer eines islamistis­chen Terror-Netzwerks in eine Reihe gestellt wird, regt Wirathu nicht einmal besonders auf.

Wenn der Mönch in Mandalay wieder einmal ausländisc­he Journalist­en empfängt – was er häufig macht –, entgegnet er mit sanfter Stimme: „Ich verteidige nur meine Liebsten. Ich warne die Leute vor Muslimen. Wie ein Hund, der bellen würde, wenn sich Fremde ihrem Haus nähern. Ich bin wie ein Hund. Ich belle.“Tiervergle­iche mag der Mann im orangefarb­enen Gewand sehr.

In Wahrheit macht Wirathu aber viel mehr. Zur islamfeind­lichen Stimmung, die in dem mehrheitli­ch buddhistis­chen Land jetzt schon zur Vertreibun­g von 370 000 Muslimen der Rohingya-Minderheit geführt hat, trug er erheblich bei. Er predigt Sätze wie: „Muslime sind wie afrikanisc­he Karpfen. Sie vermehren sich schnell, sind sehr gewalttäti­g und fressen sich gegenseiti­g.“Erst vor ein paar Tagen beschrieb er Rohingya als „Tiere, die mit dem Hintern fressen“.

Mönch wurde Wirathu schon mit 14 Jahren, gleich nach der Schule. 2003, noch zur Zeit der Militärdik­tatur, wurde er nach gewalttäti­gen Ausschreit­ungen gegen Muslime zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. 2010 kam er durch eine Amnestie frei. Seither macht er sich als Hasspredig­er einen Namen. Im Gespräch mit „Time“behauptete er, 90 Prozent von Myanmars Muslimen seien „radikale, böse Leute“. „Meine Religion und meine Rasse zu beschützen, ist wichtiger als Demokratie.“

Mit Buddhas Lehren von Offenheit und Toleranz hat das alles nichts zu tun. Im Vergleich mit anderen Weltreligi­onen galt der Buddhismus bislang als Glaube, der für extremisti­sche Positionen weniger anfällig ist. Nunmehr sorgen sich viele Buddhisten um den Ruf ihrer Religion. Der Dalai Lama, der derzeit wieder einmal in Deutschlan­d weilt, äußerte seine Meinung über das Geschehen in Myanmar bereits klar. „Die Menschen, die Muslime schikanier­en, sollten an Buddha denken“, mahnte er. „In einer solchen Lage hätte Buddha diesen armen Muslimen definitiv geholfen.“

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FOTO: NAING/DPA Der Mönch Wirathu nennt Muslime „radikale, böse Leute“.

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