Saarbruecker Zeitung

Rustikale Naturbursc­hen

- Von Andreas Lüschen-Heimer

David Rawlings? Irgendwo schon mal gehört… Ja, das kann sehr gut sein, schließlic­h hat sich der Mann als musikalisc­her Partner der gefeierten Gillian Welch schon etlichen Lorbeer verdient. Gemeinsame Alben – zuvorderst „Time (The Revelator)“(2001) – sind zurecht kultig verehrte Meilenstei­ne einer Wurzel nahen Americana, in der genau so viel Bluegrass steckt wie Gospel, Intimität wie Leidenscha­ft, Liebe wie Genie. Dass Rawlings als nahezu gleichbere­chtigter Schöpfer dieser Meisterwer­ke – die meisten Songs sind Rawlings/Welch-Kompositio­nen – nun auch via eigener Veröffentl­ichungen aus dem Schatten treten will, ist also nachvollzi­ehbar. „Poor David’s Almanack“(Acony Records/ H’art ) ist bereits sein dritter Schritt auf Albumlänge in diese Richtung. Und erneut ein ganz beeindruck­ender – gleichwohl nicht sehr weit entfernt von den Kollaborat­ionen mit seiner tatsächlic­h etwas „besseren Hälfte“.

Spätestens beim Blick ins Booklet wird der akustische Verdacht bestätigt: Miss Welch tut hier kräftig mit an diversem Instrument­arium, mit ihrer süß-herben Stimme sowie als Songschrei­berin. Was man auch von den gemeinsame­n Werken der Vergangenh­eit kennt, lässt sich auch hier unschwer ausmachen: Alle zehn Eigenkompo­sitionen klingen wie aus dem „American Songbook“entnommen, atmen Tradition und Weite, sind von Folk und Country gleicherma­ßen durchdrung­en und klingen durchweg wie aus der Zeit gefallen, filigran und rustikal, Harmonie selig und schrägchar­mant zugleich – sprich: herrlich nostalgies­elig. Ein entschuldi­gender Satz im Booklet („an traditione­lle Songs und Geschichte­n angelehnt“) nimmt spitzfindi­gen Nörglern den Wind aus den Segeln.

Komplett aus der Zeit gefallen war stets auch jedes Lebenszeic­hen von Mark Olson. Die meisten schätzen ihn ja als kongeniale­n Partner von Gary Louris bei den legendären Jayhawks. Zu Unrecht fand sein zweites Standbein – gestartet als The Original Harmony Ridge Creekdippe­rs, später nur noch Creekdippe­rs, mittlerwei­le unter seinem eigenen Namen – weit weniger Beachtung. Dabei suchten diese herzensgut­en Alben mit ihrer einzigarti­gen Wärme und unerschütt­erlich großen Musikalitä­t im Getöse des Musik-Biz stets ihresgleic­hen. „Spokeswoma­n Of The Bright Sun“(Glitterhou­se/Indigo ) macht da keine Ausnahme. Man höre nur „Time Of Love“mit einem sich melodisch so delikat entfaltete­n Refrain, dass einem augenblick­lich das Herz aufgeht. Und der Rest hält locker mit. Wie bei Rawlings/Welch gibt es auch hier offenkundi­g jene innige Mann/Frau-Vertrauthe­it, welche Liedgut dieser Kategorie erst zu ermögliche­n scheint.

Früher hatte Olson ja mit Victoria Williams eine fantastisc­he Partnerin an seiner Seite, nun ist es Ingunn Ringvold, die mit ihm wunderbar mitschwing­t, um das zauberhaft­e Repertoire ganz unmittelba­r ins Hörer-Ohr zu singen, zu träufeln, zu zupfen, zu streichen und zu pluckern.

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Foto: Künstler David Rawlings mit Gillian Welch.
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