Mit Schwung und Karacho
Neu im Kino: „On The Milky Road“von Emir Kusturica – Wahnwitziges Märchen aus dem Ex-Jugoslawien im Bürgerkrieg
Ist er nun völlig durchgeknallt oder nur verliebt? Fakt ist: Kosta steht zwischen zwei Frauen. Die ebenso schöne wie gelenkige Milena (Sloboda Micalovic) hat Kosta als Bräutigam erwählt und bereitet schon die Hochzeit vor. Es soll eine Doppelhochzeit werden, denn für ihren Bruder Žaga (Predrag Manojlovic) – ein aus Afghanistan einäugig zurückgekehrter Kriegsheld – wurde eine geheimnisvolle Italienerin (Monica Bellucci) als Braut besorgt.
Doch als Milchmann Kosta, der Tag für Tag auf seinem Esel die Frontlinie des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien passiert, die Zukünftige seines Schwagers in spe zum ersten Mal sieht, verliebt er sich Hals über Kopf. Und auch die Italienerin, die nur „die Braut“genannt wird, ist Kosta bald mehr verfallen als dem ihr Angedachten. Als Milena und Žaga den beiden auf die Schliche kommen, bleibt dem Liebespaar nichts anderes übrig, als Hals über Kopf die Flucht zu ergreifen. Natürlich werden sie verfolgt und gejagt, und erleben dabei eine ganze Menge wilde und auch fantastischer
Abenteuer.
Nach zehn Jahren Leinwand-Pause meldet sich Emir Kusturica zurück. Der Filmregisseur und Musiker aus Bosnien und Herzegowina mit serbischer und französischer Staatsbürgerschaft präsentiert eine pralle, vor Ideen überbordende Kinogeschichte. Die basiere auf „drei wahren Geschichten und jeder Menge Fantasie“, so Kusturica, der wieder, wie in seinen früheren Filmen („Die Zeit der Zigeuner“, „Das Leben ist ein Wunder“, „Schwarze Katze, weißer Kater“) auf opulente Bilder und viel Musik setzt und den Zuschauer mit Kamerakreisfahrten und immer neuen Einfällen schwindlig macht. Sein Ausbruch zweier Liebenden inszeniert er mit viel Schwung und Karacho als wahnwitziges Märchen mit skurillen Gestalten, rauschenden Festen, Gewaltausbrüchen und allerlei kreischendem Getier. Die Hauptrolle an der Seite der nach wie vor betörenden n Monica Bellucci spielt Kusturica gleich selbst.
Die Fachzeitschrift „filmdienst“ urteilt: „Vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien angesiedelte Liebesgeschichte, die sich mit fantastischen Begebenheiten zum Märchen mit wunderschönen, zuweilen auch grotesken Bildern wandelt. Diese wirken allerdings stellenweise auch bemüht und verleihen selbst grausamen Ereignissen noch ästhetischen Glanz.“(Serbien/GB/USA 2016, 125 Min., Filmhaus Sb; Regie und Buch: Emir Kusturica; Kamera: Goran Volarevic, Martin Sec; Musik: Stribor Kusturica) tr/red