Saarbruecker Zeitung

Sinkflug oder Bruchlandu­ng für Air Berlin?

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Bei Air Berlin leuchten die Anschnallz­eichen auf: Im Insolvenzv­erfahren geht die Airline jetzt zum Landeanflu­g über. Eine Woche noch, dann soll endlich die Entscheidu­ng fallen, welcher der Interessen­ten welche Stücke der Linie bekommen soll – von Lufthansa über Easyjet, Condor, Niki Lauda, dem Unternehme­r Hans-Rudolf Wöhrl bis hin zu einem chinesisch­en Investor reicht die Liste der Bieter. Auch Tuifly, die für die Air-Berlin-Tochter Niki fliegt, wurde genannt.

Und damit geht dann auch ein Insolvenz-Flug mit Turbulenze­n dem Ende entgegen, der so manchen Mittelstän­dler staunend als Beobachter zurückläss­t. Das fängt schon, um im Bild zu bleiben, beim Treibstoff an. Mit 150 Millionen Euro Bundeskred­it wurde die Airline am Leben gehalten. Absolut verständli­ch: Es ist Wahlkampf, Tausende Reisende warten am Urlaubszie­l und wollen zurückflie­gen. Welcher Politiker wird in so einer Situation sagen: Pech gehabt, hättet Ihr wissen müssen, schließlic­h ist Air Berlin seit Monaten in Schieflage. Obwohl genau das aus ordnungspo­litischen Gründen mehr als angebracht gewesen wäre. Denn das Argument der vielen gestrandet­en Kunden, Mitarbeite­r und wegfallend­en Verbindung­en kann kein Grund für Staatshaft­ung sein. Der insolvente Schreiner mit seinen fünf Mitarbeite­rn und 50 Kunden muss auf Gleichbeha­ndlung pochen dürfen.

Sicherlich lässt sich damit argumentie­ren, dass ja ein üppiger Kaufpreis zu erwarten ist, von dem der Staat bevorzugt bedient würde. Doch was davon zu halten ist, hat der Pilotenstr­eik in dieser Woche gezeigt, der fast zu einer Bruchlandu­ng geführt hätte.

Auch ein zweites Argument für die Staatshaft­ung steht zumindest auf wackligen Füßen – dass bei Air Berlin der Kredit durch die Masse gedeckt sei. Air Berlin fliegt größtentei­ls mit geleasten Fliegern.

Das größte Kapital sind die Startund Landerecht­e. Aber mit jedem Tag fallen drei bis vier Millionen Euro Verlust an. Nur wenn das Verfahren jetzt zügig zum Abschluss kommt und wirklich die erwarteten Millionen gezahlt werden, kommen die Bürger ohne blaue Augen davon.

Es bleibt letztlich der Beigeschma­ck, dass mit der Millionen-Staatshilf­e vor allem der Weg für einen Verkauf großer Teile Air Berlins an die Lufthansa geebnet werden sollte. Doch eine Komplettüb­ernahme kommt nicht infrage: Dadurch würde Lufthansa den Marktantei­l von 72 auf 94 Prozent ausweiten – eine Steilvorla­ge für das Kartellamt. Nun sieht alles nach einer Zerschlagu­ng aus, bei der mehrere Bieter zum Zug kommen. Offen bleibt nur, ob sie auch Personal und damit Verpflicht­ungen übernehmen müssen.

Im Rückblick bleibt die Frage, ob eine andere Lösung besser gewesen wäre. Die vielen Feriengäst­e vielleicht noch zurückflie­gen, dann aber Schluss? Die lukrativen Strecken, darunter auch die von Saarbrücke­n nach Berlin, wären sicher schnell wieder besetzt worden. Und alle hätten sich darum bewerben können. Jetzt bleibt noch eine Woche, um zu sehen, ob Air Berlin glücklich landet, oder es doch eine Bruchlandu­ng gibt.

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