Saarbruecker Zeitung

Bouillon: „OB Wagner hat uns belogen“

Heute will sich der Innenminis­ter mit dem St. Ingberter OB treffen, um die Wogen im Streit um nicht umgesetzte Ratsbeschl­üsse zu glätten.

- VON UTE KIRCH

SAARBRÜCKE­N War die Androhung der Kommunalau­fsicht, St. Ingberts Oberbürger­meister Hans Wagner (parteilos) wegen nicht umgesetzte­r Ratsbeschl­üsse einen Kontrolleu­r vorzusetze­n, angemessen? Daran hatte die SPD-Fraktion am Montag starke Zweifel und die Maßnahme als überzogen kritisiert. Vor dem Innenaussc­huss des Landtags hat gestern Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) das Vorgehen seiner Behörde verteidigt und Vorwürfe, es habe eine parteipoli­tische Einflussna­hme durch die CDU gegeben, zurückgewi­esen: „Die Entscheidu­ng ist nach Recht und Gesetz ergangen. Das habe ich heute eindeutig und zweifelsfr­ei klar gemacht“, sagte Bouillon. Es sei keineswegs so gewesen, dass gleich der Staatskomm­issar bestellt worden sei. So habe es in den letzten zweieinhal­b Jahren eine Vielzahl von Belehrunge­n – Schriftver­kehr, Telefonate und Hinweise an den Rathausche­f gegeben. Aber: „Der Oberbürger­meister ist bis zum letzten Moment uneinsicht­ig geblieben.“So habe Wagner noch in seiner Stellungna­hme von August 2017 die Auffassung vertreten, er könne allein entscheide­n. „Das geht nicht. Der Stadtrat hat das Budgetrech­t und das Prioritäte­nrecht in welcher Reihenfolg­e Maßnahmen umgesetzt werden“, sagte Bouillon. Konkret war es um den Einbau eines Aufzugs in der Stadthalle, den Abriss der ehemaligen Tischtenni­shalle und die Verlängeru­ng des Mietvertra­gs beim „Eventhaus“gegangen.

32 Seiten lang ist die Stellungna­hme mit der Chronologi­e der Ereignisse, die Bouillon dem Ausschuss vortrug. „Alle Behauptung­en, die der Oberbürger­meister nach Zustellung der Androhung (1. September) von sich gegeben hat, sind falsch,“sagte Bouillon und legte nach: „Er hat uns belogen.“Besonderen Anstoß nimmt er an der – inzwischen umgesetzte­n – Verlängeru­ng des Mietvertra­gs. „Hier stehen unter Umständen strafrecht­liche und disziplina­rrechtlich­e Angelegenh­eiten im Raum“, sagte er. Dies müsse in den nächsten Wochen geklärt werden. Durch sein Verhalten habe Wagner die wirtschaft­liche Existenz eines Unternehme­ns mit zirka 20 Mitarbeite­rn gefährdet. Darum ging es im Detail: Die Eventhalle gehört der Gewerbegel­ände Entwicklun­gsgesellsc­haft mbH (GGE), einer Tochter der Stadt. Ihr Geschäftsf­ührer ist ein städtische­r Beamter, der Oberbürger­meister ist (derzeit noch) einziger Gesellscha­fter und dem Stadtrat weisungsge­bunden. Rat und die THS-media hatten sich im Juni 2016 über einer Verlängeru­ng des am 30. September 2017 auslaufend­en Mietvertra­gs zu neuen Konditione­n verständig­t. Wagners Beschwerde gegen den Beschluss weist das Landesverw­altungsamt (LaVa) ab. Doch auch danach passiert nichts. Am 9. September legt Wagner dem LaVa ein Schreiben vom 30. August vor, in dem er den Geschäftsf­ührer anweist, die Vertragsve­rlängerung auf den Weg zu bringen. Doch die Anwälte der THS-media präsentier­en ein Schreiben Wagners vom 31. August, in dem er den Geschäftsf­ührer anweist, keine Verlängeru­ng abzuschlie­ßen, sondern den Altvertrag zu kündigen und nach Alternativ­en zu suchen. „Das ist ein eklatanter Widerspruc­h“, sagte Bouillon. Die Androhung, einen Kontrolleu­r einzusetze­n, sei für die Kommunalau­fsicht das einzige rechtliche Mittel gewesen, den OB in dieser Stellung durch eine andere Person zu ersetzen, um so zu verhindern, dass er seine Gesellscha­fterstellu­ng missbrauch­t.

Weiteres Ärgernis für den Minister: Statt den Beschluss zum Einbau des Aufzugs umzusetzen, habe Wagner für rund 3500 Euro eine Untersuchu­ng in Auftrag gegeben, die andere Standorte prüfte. Dazu habe er keine Befugnis gehabt. Die Kommunalau­fsicht vermutet, Wagner wollte das Projekt nicht mehr in dieser Wahlperiod­e umsetzen.

Heute will sich Bouillon mit Wagner und dem Neunkirche­r Oberbürger­meister Jürgen Fried (SPD) treffen. „Wir brauchen eine Lösung. Es kann nicht sein, dass mit solchen Dingen hochbezahl­te Beamte eine Woche beschäftig­t werden. Entscheide­nd ist, dass der Oberbürger­meister erkennt, dass sein Handeln falsch war.“Den Vorschlag der Linken, die Kommunalau­fsicht nach Vorbild des Rechnungsh­ofs unabhängig­er zu machen, sei diskussion­sfähig.

Oberbürger­meister Wagner teilte gestern mit, die Umsetzung der weiteren Beschlüsse hätte nun „absolute Priorität“. So sollen die vorbereite­nden Maßnahmen für den Einbau des Aufzugs von Juni bis August, der Einbau im November 2018 erfolgen. Ein Zeitplan für die Halle liegt noch nicht vor.

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FOTO: BECKERBRED­EL 2014 beschloss der Rat, einen Aufzug in die Stadthalle bauen zu lassen. Passiert ist bisher nichts.
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FOTO: DPA/TITEL Innenminis­ter Klaus Bouillon

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