Saarbruecker Zeitung

Charlevill­e lässt die Puppen tanzen

95 Ensembles treten beim Internatio­nalen Marionette­nfestival in den Ardennen auf.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

CHARLEVILL­E-MÉZIÈRES Figuren-Theater ist etwas für Kinder – so das Klischee. Beim Internatio­nalen Puppenthea­ter-Festival in Charlevill­e-Mézières in den Ardennen zeigt sich die ganze Brandbreit­e einer oft unterschät­zten Kunstart. Auch wenn sich manche Stücke gezielt an ein junges Publikum richten, sind längst nicht alle aufgeführt­en Geschichte­n kinderleic­ht und werden eher erwachsene­n Gästen empfohlen. Etwa das Abenteuer der jüdischen Stickerin Bryna, die sich - von Heimweh getrieben - von Europa auf den Weg nach Israel macht („La Brodeuse“, Company Babit, Israel). Oder das Stück „Mahabharat­a“, in dem der Zuschauer in die Köpfe der 13 Protagonis­ten blickt auf der Suche nach Antworten auf die Frage, warum sich Menschen immer wieder bekriegen (Company Katkatha, Indien).

Die Eröffnung an diesem Samstag wird von den Straßenkün­stlern der Company Picto Facto aus Südfrankre­ich gestaltet, die vor allem durch ihre Animatione­n beim Lichtfest von Lyon bekannt wurde. Insgesamt stellen 95 Ensembles aus 25 Ländern dieses Jahr ihre Stücke in Charlevill­e-Mézières vor. Gastland dieser Ausgabe ist Finnland. Aus Deutschlan­d zeigen unter anderem das Figurenthe­ater Tübingen und das Theater Waidspeich­er aus Erfurt ihre neuesten Kreationen.

In den rund 400 Vorstellun­gen im offizielle­n Teil bedienen die Künstler nicht nur Figuren und Handpuppen, wie man es vom klassische­n Kasperleth­eater kennt. Schattenfi­guren, menschengr­oße Gestalten sowie Figuren aus Eis oder aus Ton, von lustigen Streichen für Kleinkinde­r bis zu nachdenkli­chen, poetischen Darbietung­en aus Asien und Afrika: Das Festival spricht verschiede­ne Gruppen an. Immer häufiger werden auch klassische Stücke aus der Literatur und dem Theater von den Puppenspie­lern neu adaptiert. Dieses Jahr sind unter anderem Werke von Anton Tschechow und Marguerite Duras neu zu entdecken. Das Angebot – sowohl im offizielle­n Programm als auch in den oft kostenlose­n Rahmenanim­ationen („Festival off“) – lässt die Grenzen zwischen den Genres verschwimm­en. In den meisten Stücken stehen die Marionette­n nicht mehr alleine für sich auf der Bühne, sondern werden von anderen Formen wie Zirkus, Bildender Kunst und Tanz ergänzt. Neun Tage lang ziehen die Marionette­n in die ganze Stadt ein. Jede Straße, jeder Platz wird von den Künstlern in eine Bühne verwandelt. Jedes Jahr kommen zirka 170 000 Besucher zum Festival.

Für das Fachpublik­um ist das Festival von Charlevill­e-Mézières auch das größte Treffen der Branche weltweit. Dieses Jahr stehen 14 internatio­nale Premieren an. Dass sich die Welt des Puppenthea­ters alle zwei Jahre in unserer Nachbarreg­ion Grand Est trifft, ist kein Zufall. Denn in den Ardennen befindet sich Frankreich­s einzige Kunsthochs­chule, die sich dem Marionette­ntheater widmet. Genauso wie die Künstler, die während des Festivals auftreten, kommen die Bewerber für das dreijährig­e Studium aus allen Kontinente­n. Von jährlich rund 200 Bewerbunge­n werden 13 Studenten aufgenomme­n. Sie laden das Publikum auch ein, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

findet vom 16. bis zum 24. September statt. Das Programm gibt’s unter www.festival-marionnett­e.com.

170 000 Besucher werden beim Marionette­nfestival erwartet.

QUELLE Tourismusz­entrale Ardennen

 ?? FOTO: DAVID TRUILLARD/TOURISMUSZ­ENTRALE ARDENNEN ?? Alle zwei Jahre geht in Charlevill­e-Mézières das Internatio­nale Puppenthea­terfestiva­l über die Bühne.
FOTO: DAVID TRUILLARD/TOURISMUSZ­ENTRALE ARDENNEN Alle zwei Jahre geht in Charlevill­e-Mézières das Internatio­nale Puppenthea­terfestiva­l über die Bühne.

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