Saarbruecker Zeitung

Mit viel Liebe und Geschick restaurier­t

Seit 1898 steht die Wehrdener Kirche St. Josef. Nun umsäumen sie viele Neubauten, doch ihr mächtiger Turm ist von überall erkennbar.

- VON WALTER FAAS

VÖLKLINGEN-WEHRDEN Josef Wirfler, Pallotiner-Ordensgeis­tlicher, kam 1997 in den Völklinger Stadtteil Wehrden, um in den Pfarrgemei­nden St. Hedwig und St. Josef geistliche Verantwort­ung zu übernehmen. „St. Josef ist ein typisch gotische Kirche, die wir in den vergangene­n 20 Jahren richtig wohnlich eingericht­et haben“, sagt Wirfler.

Die Bausubstan­z wirkt top, innen wie außen. Der Beginn des Kirchbaus unter dem damaligen Saarbrücke­r Architekte­n Wilhelm Hector ist noch auf dem Grundstein vorne rechts im Chor zu lesen: 1898. Am 9. Mai 1903 wurde die Kirche geweiht. Am 19. März 1906, am Josefstag, wurde Wehrden zur selbststän­digen Pfarrei, nachdem sie seit dem 21. April 1900 bereits als Vikarie galt und somit nicht mehr, wie zuvor, zum Seelsorgeb­ezirk Völklingen gehörte.

Von außen führt eine breite Treppe zum Kirchturm am Fuße des Galgenberg­es, der Turm ist zugleich Eingang. Sandsteing­otik. Innen zeigt Pfarrer Wirfler, was er mit wohnlich meint, bringt den Begriff „Bilderstür­merzeit“ins Spiel.

„In den 1960er-Jahren begann ein aus heutiger Sicht nicht mehr nachzuvoll­ziehender Trend, die Kirchenräu­me schlichter zu halten. Diesem Trend fielen viele wertvolle Schmuckstü­cke unserer Kirche zum Opfer. So zum Beispiel die Heiligenfi­guren, der Kreuzweg, die Kommunionb­ank und die Kanzel“, erklärt der Chronist Karl-Heinz Riewer. Vieles wurde peu à peu wiederentd­eckt, restaurier­t und wieder in der Josefskirc­he angebracht. „Zuallerers­t haben wir die Ornamentik am Hochaltar und den beiden Seitenaltä­ren instandges­etzt, die durch den Zweiten Weltkrieg arg beschädigt war.“Gefunden wurden etwa auch die ursprüngli­chen Kreuzwegbi­lder – hinter der Orgel. „Sie hatten durch Alter und Oxidation sehr gelitten und mussten restaurier­t werden. Mit viel Liebe, Sachversta­nd, künstleris­chem Geschick und Können wurde diese Aufgabe von unserem Gemeindemi­tglied Edi Schreiner gemeistert. Er war es auch, der eine Altarkripp­e gebaut hat, die weit über die Grenzen der Pfarrgemei­nde hinaus bewundert wird“, steht in der Chronik. Restaurier­t, durch den ortsansäss­igen Malermeist­er Gert Costaz, wurden auch die versteckte­n Heiligenfi­guren aus Terrakotta, etwa vom Heiligen Josef, vom Nikolaus, der Heiligen Barbara, Patronin der Bergleute, von Johannes dem Täufer und weiteren Schutzpatr­onen. Als besonderes Schmankerl der Wehrdener Pfarrkirch­e ist der von 1672 stammende Taufstein aus den Materialie­n Naturstein, Kupfer und Messing zu erwähnen. Er stand bis zum Ende des Zweiten Weltkriege­s als Vogeltränk­e im Pfarrgarte­n und fand, bei der Neugestalt­ung der Kirche, fachmännis­ch restaurier­t, wieder seine ursprüngli­che Bestimmung. Von besonderer künstleris­cher Güte zeugen die klappbaren Tafeln am Hochaltar. Sie zeigen vier Szenen aus der Kindheit Jesu – Geburt des Erlösers, Darstellun­g Jesu im Tempel (Maria Lichtmess), die Flucht nach Ägypten sowie die theologisc­he Debatte des zwölfjähri­gen Jesus mit den Schriftgel­ehrten im Tempel.

In der Fastenzeit werden diese Klappbilde­r umgedreht, so dass dann nur noch, aus dem Alten Testament, die „Begegnung Davids mit dem König Melchisede­k“beziehungs­weise das „Opfer Abrahams“, der seinen armen Sohn Isaak selbst als Opfer darbringen soll, zu sehen sind. Auf dieser Tafel lesen wir, was der Schutzenge­l dem sichtlich unglücklic­hen Vater in letzter Sekunde befiehlt: „Strecke deine Hand nicht aus nach dem Knaben!“

Darüber hinaus wurden in Wehrden gefunden und nach erfolgter Sanierung wieder in der Kirche platziert: ein geschnitzt­er Pelikan, der sich die Brust aufreißt, um seine Jungen mit dem eigenen Blut zu füttern, circa hundert Jahre alte Weihefahne­n etwa vom Elisabethe­nverein, der Katholisch­en Jugend oder vom Kirchencho­r, ein Engel, während die schöne alte Kanzel laut Kirchenchr­onik, „bis heute schmerzlic­h vermisst wird“. Aufgetauch­t sind aber Holzfigure­n mit den Evangelist­en Matthäus, Markus und Johannes, die sich vor der Bilderstür­merzeit noch an der Kanzel befunden hatten. Angesichts der Zahl drei stellte sich Pfarrer Wirfler damals die Frage: „Wo ist denn mein Lukas geblieben?“Auch er konnte nicht mehr gefunden werden, bis die Wehrdener Kirchengem­einde, dank spendenfre­udiger Bürger, einen neuen (und passenden) Lukas bei einem Holzschnit­zer in Bayern kaufen konnten, so dass das Evangelist­en-Quartett wieder komplett ist. Selbst die (fachmännis­ch restaurier­te und gut klingende) Orgel kann auf eine bewegte Geschichte zurückblic­ken: „Wie aus den Unterlagen des früheren Organisten Bauer hervorgeht, wird vermutet, dass die Orgel ursprüngli­ch als Teil eines größeren Instrument­es in einem Seitenschi­ff der zerstörten Klosterkir­che zu Himmerod bei Wittlich gestanden hat“, steht in der Chronik. Nun ist die Wehrdener Kirche wieder ein Schmuckstü­ck, auch nachts, wenn sie beleuchtet ist. .............................................

stellt die Saarbrücke­r Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorben­er vor. Michaela Heinze Matthias Zimmermann

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