Der Bischof hat Bauchweh
Der Streit um Großpfarreien setzt Stephan Ackermann zu. Sein Generalvikar versucht in Merzig, Wogen zu glätten.
Der Plan des Bistums Trier, seine bislang 887 Pfarreien im Rahmen einer umfassenden Strukturreform zu 35 Großpfarreien zusammenzufassen, erhitzt die Gemüter. Deshalb sollen zusätzliche Informationen die Diskussion über diese „XXL-Pfarreien“versachlichen. Im Saarland lud das Bistum dazu vor allem Menschen, die sich in den Verwaltungsräten der Pfarreien engagieren, in die Stadthalle Merzig ein. Eine weitere Veranstaltung ist für den 11. Oktober in Illingen geplant.
Dass der Disput über die „Pfarrei der Zukunft“im Bistum Trier auch im Saarland vielen Menschen unter den Nägeln brennt, dokumentierte schon die Tatsache, dass die in der Stadthalle bereitgestellten 320 Plätze dem Andrang nicht gerecht wurden. Da mussten viele weitere Stühle gerückt werden.
Die Begrüßung übernahm der Bischöfliche Generalvikar Ulrich von Plettenberg, der offen bekannte, dass das Thema der „XXL-Pfarreien“vielen große Sorgen bereitet. Auch Bischof Stephan Ackermann in Trier habe längst Bauchweh angesichts der entbrannten Debatten. Aber als die Ergebnisse der vorhergegangenen Synode vorlagen, sei es plötzlich allen Verantwortlichen klar geworden, dass das Bistum sich auf neue Rahmenbedingungen verständigen muss.
Eine zentrale Rolle spiele dabei die Frage, auf welchen Lösungsansatz man sich verständigen kann. Die Wahl sei auf Ansatz B gefallen, der für jede „XXL-Pfarrei“nur eine Kirchengemeinde vorsieht. Ansatz A mit einer Pfarrei und vielen Kirchengemeinden sei verworfen worden. Von Plettenberg: „Die Strukturdebatte über die Zuschnitte der Pfarreien der Zukunft und die damit verbundenen Vermögens- und Personalfragen muss jetzt geklärt werden. Dabei setzen wir auf den Rat von Expertengruppen.“
Nachdem der Moderator des Abends, Gundo Lames, einige oft gehörte Fragen zu den „XXL-Pfarreien“eingebracht hatte, durften die Zuschauer ihrer Verärgerung, ihrem Zorn und ihrer Verunsicherung durch Fragen Luft verschaffen. Da war vom drohenden Verlust ehrenamtlichen Engagements ebenso die Rede wie von einem massiven Vertrauensverlust zwischen Pfarreien und Bistum. Solchen Beiträgen war ein donnernder Applaus genauso sicher wie der Befürchtung, die neuen Strukturen liefen auf eine Enteignung der Pfarreien hinaus.
Dann übernahm die Finanzchefin des Bistums Trier, Kirsten Straus, die heikle Aufgabe, die besorgten Gemüter mit sachlichen Informationen zu beruhigen. Um den Streit über das „Alles-in-einen-Topf-Modell“nicht ausufern zu lassen, solle es den Kirchengemeinden auch in Zukunft unbenommen bleiben, sogenannte zweckgebundene Vermögensanteile zu definieren. Dies würde etwa bedeuten, dass das in einer Pfarrei bereits gesammelte Geld für Bauarbeiten auch in einer der Großpfarreien nicht für etwas anderes verwendet werden darf.
Auf den kritisierten Zeitdruck – schließlich sollen die „XXL-Pfarreien“schon 2020 realisiert werden – ging die Finanzchefin ebenfalls ein. Zunächst müsse man noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Da nickten viele Zuschauer zustimmend. „Wir möchten so viele Menschen wie möglich mitnehmen auf dem Weg zur Kirchengemeinde der Zukunft.“Plakativ hielt Kirsten Straus den Zuhörern das Bild von vielen kleinen, oft verwilderten Gärten vor Augen, dem sie einen großen, geordneten Garten als effektivere Alternative gegenüberstellte. Diese Perspektive der Strukturreform stieß bei ihren Zuhörern auf weniger Zustimmung. Letztlich räumte sie ein: „dass ich sie noch nicht überzeugen konnte – das habe ich auch gar nicht erwartet“. Aber sie wolle Hoffnung machen und zeigen, wohin es geht. Die immer wieder angesprochenen Befürchtungen, dass die vertrauensvolle Kooperation der alten Pfarrgemeinden auch im Saarland mit dem Bistum in Trier leiden könnte, dass wohlhabende Gemeinden ihr Vermögen mit ärmeren Pfarreien teilen müssten und dass haupt- und ehrenamtliche Aufgaben für die „XXL-Pfarreien geopfert würden, bestimmten weiter die Diskussion.
Einen offenen Blick voraus wagte der Generalvikar: „Jetzt startet bald die Erkundungsphase in den bisherigen Pfarreien. Aber wenn wir weitermachen wie bisher, werden wir die besorgniserregenden Kirchenaustritte garantiert nicht reduzieren können.“Auf die Frage, ob das Bistum mit dem Projekt „Pfarreien der Zukunft“allein auf weiter Flur steht, antwortete von Plettenberg: „Überall in Deutschland wird über Strukturveränderungen diskutiert. Obwohl dies eigentlich überall geschieht, sind wir mit unserer Strukturreform in dieser Größenordnung zweifellos einmalig.“Bischof Stephan Ackermann habe ohne Wenn und Aber gesagt: „Was die Synode beschließt und was in meiner Macht steht, werde ich umsetzen.“