Fundstücke aus 60 Jahren Saarländischer Rundfunk
Auf fast 500 Seiten erzählen 40 Autoren kuriose und informative Anekdoten aus sechs Jahrzehnten auf dem Halberg.
Warum sich eine Mitarbeiterin vor Gott verantworten muss, eine Fernseh-Ansagerin mal „Muh“machte oder warum ein „Neger“neben der Kamera stand – diese und zahlreiche weitere Anekdoten verraten rund 40 Autoren, meist ehemalige Mitarbeiter des Saarländischen Rundfunks (SR), im nun erschienenen Buch „Fundstücke aus 60 Jahren Saarländischer Rundfunk – Geschichte(n), Leute, Erlebnisse“, das ab sofort in den Buchläden erhältlich ist.
Als Intendant der Rundfunkanstalt müsse er sich mit der Zukunft der Sendeanstalt befassen, sagte Thomas Kleist bei der gestrigen Buchvorstellung im Schloss Halberg in Saarbrücken. Allerdings: „Der Zukunft geht voraus, dass man weiß, wo man herkommt.“
„Fundstücke aus 60 Jahren Saarländischer Rundfunk“erzählt allerdings nicht die offizielle Geschichte des Senders. Es ist eine Sammlung von Erlebnissen und Erinnerungen sowie Anekdoten. Ein „Geschichtenbuch, kein Geschichtsbuch“, wie Kleist betonte. Die Anekdoten stammen zu allermeist von ehemaligen Mitarbeitern, darunter bekannte Moderatoren und Redakteure, genauso wie von unbekannten Akteuren hinter den Kulissen. Ursprünglich wurden sie für den ehrenamtlichen „Arbeitskreis SR-Geschichte“verfasst und im Internet veröffentlicht. Die Idee stamme bereits aus dem Jahr 2011, als er neuer Intendant geworden war, so Kleist. Ideengeber sei Axel Buchholz gewesen, ehemaliger stellvertretender Hörfunkdirektor und Mitherausgeber des Buches.
Zum 60. Geburtstag des SR wurden 60 der über 100 Fundstücke ausgewählt, ergänzt und in einem Band zusammengefasst, illustriert mit Archivbildern des SR und Bildern aus den Fotoalben der Autoren. Die Buchvorstellung fühle sich an wie ein Klassentreffen, stellte ein Teilnehmer fest. Wie bei einem echten Klassentreffen ließ das Schwelgen in alten Erinnerungen nicht lange auf sich warten. Viel erzählen kann etwa Gertrud Ecker, die „als ganz junges Mädchen zum SR gekommen ist“, wie Buchholz sagte. „1960 habe ich als Praktikantin angefangen“, erinnert sich die erste Bildmischerin auf dem Halberg. Im Buch beschreibt sie, wie sie diese frühen Anfänge beim Fernsehen im „Pferdestall“erlebt hat.
„Jeder Autor hat seine Geschichte und jeder ist auch ein eigener Charakter, eine eigene Type“, beschrieb Buchholz seine Kollegen. So auch Irmgard Rech, die am 3. April 1984 als erste katholische Frau das „Wort zum Sonntag“im Fernsehen sprach. Dass sie als verheiratete, katholische Frau und Laiin so viel Kritik einstecken müsse, damit habe sie nicht gerechnet, sagte Rech bei der Präsentation. Strenggläubige sagten ihr sogar, dass sie sich dafür vor dem Jüngsten Gericht verantworten müsse.
In 60 Jahren hat sich die Medienwelt stark verändert. Allen voran das Medium Radio, in dem der SR seinen Ursprung hat. „Früher gab es wesentlich mehr Wortbeiträge, die Musik nimmt heute einen viel höheren Stellenwert ein“, sagte Buchholz. Das Radio sei ein Begleitmedium geworden. „Früher hat man sich noch hingesetzt und zugehört, da musste es ruhig sein im Zimmer“, erinnerte sich Buchholz.
Nicht nur inhaltlich, auch technisch gab es in 60 Jahren einige Entwicklungen. „Neger“, so klärt das Buch auf, wurde übrigens der Vorgänger des Teleprompters genannt, Geräte, von denen Moderatoren heute ihre Texte ablesen können. Damals noch eine Schiefertafel, auf der die Texte von Hand vorbereitet wurden.
Fundstücke aus 60 Jahren Saarländischer Rundfunk - Geschichte(n), Leute, Erlebnisse: 497 Seiten, 32 Euro, ISBN: 978-3-946036-67-8, Geistkirch-Verlag Saarbrücken.