Saarbruecker Zeitung

Saar-Polizei in Not? Führungssp­itze wiegelt ab

Die Gewerkscha­ften beklagen die hohe Belastung der saarländis­chen Polizei. Die neue Personalst­ruktur hat nicht nur Freunde.

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Leidet die saarländis­che Polizei unter der Strukturre­form? Treibt der Personalab­bau die Beamten sogar an ihre Belastungs­grenze? Was Gewerkscha­fter befürchten, dementiert erwartungs­gemäß die Führungssp­itze der kritisiert­en Behörde energisch. „Es gibt sicherlich Einzelfäll­e, in denen etwas nicht funktionie­rt hat. Dann wird aber dieser Einzelfall zum generellen Problem erklärt“, kontert Carsten Dewes den Warnruf von Ralf Porzel, Saar-Chef der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP). Der hatte in einem Gespräch mit der Saarbrücke­r Zeitung von ausgedünnt­en Besetzungs­plänen und Nachwuchsm­angel gesprochen. Wörtlich: „Die Personalbe­setzung ist so auf Kante genäht, dass meist nur die Mindestkom­mandostärk­e erreicht ist.“

So sei es ganz und gar nicht. Vielmehr seien die Strukturen „vorher nicht so effektiv gewesen“, sagt Dewes, Leiter des Präsidials­tabs beim Landespoli­zeipräsidi­um in Saarbrücke­n. Die Kollegen könnten nun flexibler eingesetzt werden, weil starre Pläne aufgebroch­en worden seien.

Das mache sicherlich einigen zu schaffen, die sich über Jahre an immer wiederkehr­ende Dienstplän­e gewöhnt hätten, gibt Dewes’ Stellvertr­eter Georg Himbert zu bedenken. Sich auf Neues umzustelle­n, verlange auch von Polizisten heutzutage mehr Flexibilit­ät ab. Aber das bedeute nicht, dass die Mehrbelast­ung, die durchaus auf die Kollegen zugekommen sei, mit dem alten System leichter von der Hand gegangen wäre. Das bezweifeln Himbert wie Dewes.

Die Polizei sei wegen des Spardiktat­s für die öffentlich­e Verwaltung nicht umhingekom­men, auch Federn zu lassen. Zurzeit zählt die Saar-Polizei nach Himberts Angaben noch 2700 Beamte. 170 Stellen seien bislang abgebaut worden.

Um trotz dieser Personalei­nbußen weiterhin einsatzfäh­ig zu sein, setze die Leitung auf zentrale Führungsst­rukturen und dezentrale Einsatzkom­mandos. Dewes: „Wir gehen weg von Polizisten, die auf Dienststel­len sitzen. Dafür sind mehr Streifen unterwegs.“Deren Einsatz organisier­e das Führungs- und Lagezentru­m landesweit, das beim Polizeiprä­sidium in Saarbrücke­n angesiedel­t ist. Hier werde der Bedarf ermittelt, wo Polizei gebraucht wird, wenn etwas geschieht. Im Übrigen stehe das Saarland besser als die Nachbarn in Rheinland-Pfalz dar: Die Strecken seien weiterhin kürzer, die ein Polizist zum Einsatz zurückzule­gen habe.

„Wenn die GdP davon spricht, dass Streifen benachbart­er Dienststel­len einspringe­n müssen, dann hört sich das so an, als sei dies unkoordini­ert und als habe es das früher nicht gegeben. Das stimmt aber nicht“, widerspric­ht Himbert. Der Unterschie­d nach seiner Meinung: Heute könnten die freien Kollegen zielgerich­teter eingesetzt werden.

Darüber hinaus unterstütz­ten Spezialist­en der Operativen Einheit (OPE) mit zurzeit 108 Beamten ihre Polizeikol­legen. „Die ist neu hinzugekom­men“, sagt Dewes. Kritiker indes weisen darauf hin, dass es sich dabei ja nicht um zusätzlich geschaffen­e Stellen handelt. Stimmt. Der Präsidials­tabsleiter

Carsten Dewes

„Es gibt sicherlich Einzelfäll­e, in denen etwas nicht funktionie­rt hat. Diese werden dann aber zum generellen Problem erklärt.

Leiter des Präsidials­tabs beim Landespoli­zeipräsidi­um

verteidigt aber: Keiner Dienststel­le sei dafür Personal weggenomme­n worden, dass an jenem Ort dringend benötigt worden sei. Vielmehr habe das Entwickler­team geprüft, zu welchen Zeiten freie Spitzen in den Dienstplän­en vorhanden waren. Dann sei umgeschich­tet worden, um Kapazitäte­n für die OPE zu generieren. Dewes: „Systemisch haben wir jetzt einen besseren Ansatz, um Bedarf abzudecken.“Kollegen würden nun stärker „anlassbezo­gen“eingesetzt, sagt er.

Und für Georg Himbert scheint klar: „Es musste etwas geschehen bei weniger Personal.“Eine Gefahr für den Bürger könne er dabei jedenfalls nicht erkennen. Auch das Betriebskl­ima habe keineswegs darunter gelitten. Das sieht Gewerkscha­fts-Chef Porzel jedoch ganz anders: Er sprach im Vorfeld von Frust, den Kontakt zum Bürger zu verlieren und aufgrund des zeitlichen Drucks knapper Ressourcen nicht mehr präventiv tätig sein zu können.

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FOTO: BECKER & BREDEL Und noch ein Einsatz: Kritiker beklagen den Personalma­ngel bei der saarländis­chen Polizei.
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FOTO: SCHLICHTER Georg Himbert
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FOTO: POLIZEI Carsten Dewes

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